Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Drachen - auf Tirao - zu.
Aber Victor kannte Tirao von der Grauautsippe gut. Er war selbst damals auf seinem Rücken in den alten, verfallenen Palastbezirk von Unifar eingefallen, wobei der Drache bei seiner Landung in einem halsbrecherischen Flugmanöver zwei Dutzend Dunkelwesen umgefegt und zwei weitere Dutzend in Flammen hatte aufgehen lassen, um danach seine Passagiere abzusetzen und sofort wieder in einem Tempo aufzusteigen, dass einem schwindelte. Nicht einen Augenblick hatte Victor
Angst, dass Tirao dieser Lage nicht gewachsen sein könnte.
Doch das änderte sich, als Scolar eine seiner brutalen Kampfmagien auf ihn abschoss. Nur mit einem wilden Schwenk konnte der Grauaut-Drache einer weiß glühenden Flammenzunge entgehen, die unvermittelt auf ihn zuschoss. Die Luft in der näheren Umgebung heizte sich derart schnell auf, dass Victor ein glühender Wind ins Gesicht blies und er glaubte, verkohlende Haare riechen zu können. Er beugte sich schnell über Roya und nahm sie in Schutz.
Tirao war bereits abgetaucht und stieß von hinten wieder in den Kampf. Victor wusste, dass der Drache seinerseits in der Lage war, auf magischem Wege glühendes Feuer zu verschießen, weit schlimmeres sogar als Scolar, aber das war wohl nicht ohne weiteres möglich - nicht, wenn er nicht seinen Artgenossen, Roya und ihn dabei gefährden wollte.
In diesem Moment tat Roya etwas Erstaunliches. Victor, der immer noch einen leisen Kontakt zum Trivocum hatte, spürte, wie sie eine unerhört komplexe Verwebung auf den eigenen Drachen abschoss. Verblüffenderweise löste sich schlagartig dessen Mentaler Block.
Scolar stieß einen wütenden Fluch aus, als er merkte, dass der Drache plötzlich nicht mehr unter seiner Gewalt stand und sich anschickte, eigenständig zu handeln. Scolar schien eine gewaltige Iteration aufzubauen, die er dem Drachen ins Hirn stoßen wollte, und nach allem, was Victor über Magie wusste, würde sie geeignet sein, den Verstand des armen Tieres auf der Stelle zu zerstören.
Aber Roya, die sich Halt suchend an ihn klammerte, reagierte erstaunlich schnell. Sie schaffte es irgendwie, den Kampfmagier zu behindern, und es gelang ihm nicht, seine mentale Lanze gegen den Drachen abzuschießen.
Inzwischen stand er halb in seinem Sattel. Wieder brüllte er einen wütenden Fluch, wandte sich um, und Victor konnte entsetzt in seinen verzerrten Zügen ablesen, was er vorhatte. Einen Augenblick später rollte über den Rücken des wild mit den Flügeln schlagenden Drachen eine unnennbare Welle von flimmernder magischer Gewalt gegen sie heran und Victor duckte sich instinktiv darunter weg und zog auch Roya mit sich.
Er konnte später nicht mehr sagen, ob es tatsächlich daran gelegen hatte, dass er dem Ansturm der Welle entkam - oder ob Royas Gegenmagie ihnen das Schlimmste ersparte. Tatsache war, dass diese Magie sie beinahe in Stücke riss. Sie wurden getroffen und wie mit Hammerschlägen durchgewalkt. Für Momente glaubte Victor, sich nicht mehr auf dem Drachenrücken halten zu können. Roya rutschte ihm gefährlich weit aus dem Griff, aber mit höchster Kraftanstrengung konnte er sie im letzten Augenblick zurückziehen.
Das Nächste, was Victor sah, war ein großer, vorbeizischender Schatten und ein Scolar, der aus seinem Sattel gerissen und davon geschleudert wurde - wie und wohin, das erfuhr er später nie.
Er kam erst wieder richtig zu sich, als sie bereits gelandet waren.
Sie mussten sich irgendwo im Vorland von Mittelweg befinden, in einem lichten Waldgebiet, das mit Wiesen und Felstrümmern durchsetzt war. Das Licht des Tages hatte seinen Höhepunkt längst überschritten; aber noch immer sandten die großen Sonnenfenster die Helligkeit und Wärme der Sonne in die Welt herab. Victor saß auf dem weichen Waldboden und hielt die erschöpfte und stöhnende Roya in den Armen, die sich die Stirn hielt. Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen.
Unweit vor ihnen kauerten die beiden Drachen am Boden, mit hocherhobenen Köpfen und gespannt die beiden Menschen beobachtend. Von Scolar war nirgends etwas zu sehen.
Victor fuhr Roya beruhigend durchs Haar und flüsterte ihr tröstende Worte zu. Langsam schien sich ihr Schmerz zu legen. Victor fühlte sich, als hätte man ihn mit Tritten durch die Gegend getrieben, und Roya ging es wohl kaum besser. Möglicherweise hatte sie ihre Iteration loslassen müssen, ohne noch das Norikel setzen zu können - was der Grund für ihre Kopfschmerzen war. Dieser Scolar, das musste man
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