Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
Treppenfluchten empor, über die ganze Regimenter hätten marschieren können, und durchquerten Säle, in denen die Bevölkerung ganzer Stadtviertel Platz gefunden hätte. Alina schritt mit einem glücklichen Lächeln voran und nickte freundlich den Leuten zu, die sie grüßten.
Sie wurden von einem kleinen Trupp von Bediensteten geführt und schließlich erreichten sie in einem höher gelegenen Stockwerk einen langen Gang. »Hier befinden sich die Gemächer der Shabibsfamilie, verehrte Herrin!«, sagte einer ihrer Führer, ein junger Mann, der schlicht gekleidet war, aber ausgesuchte Manieren besaß. »Wenn Ihr erlaubt, werde ich sie Euch jetzt zeigen. Eure ... Begleitung wird ein Stockwerk weiter oben Platz finden, dort befinden sich die Zimmer für höhere Gäste.«
Alina trat zu ihm. »Wie heißt du?«, fragte sie.
»Ah ... Larmos, verehrte Herrin«, sagte der Junge.
»Sag, Larmos, musst du tun, was ich von dir verlange?«
Er blickte sie verunsichert an, dann sah er zu Leandra und den anderen, die nahe bei ihr standen. »Nun ... ja. Natürlich!«
»Fein«, sagte Alina. »Dann möchte ich dich bitten, uns alle dort oben unterzubringen. Erstens bin ich noch keine Shaba - das muss der Rat erst bestätigen. Solange würde ich mich hier unten noch nicht wohl fühlen. Zweitens kenne ich hier keine Seele. Ich wäre auch einsam. Ich möchte viel lieber zuerst noch bei meinen Freunden sein. Was meinst du dazu?«
»Was ich, äh ... meine?«
»Ja, natürlich! Kannst du uns alle dort oben einquartieren?«
Er verneigte sich. »Selbstverständlich, Herrin. Wenn Ihr es befehlt.«
Alina grinste in die Runde. »Gut. Dann befehle ich es!«
Larmos verneigte sich und machte kehrt. Alina wandte sich um und lächelte ihre Gefährten an. Sie setzten sich gemeinsam in Bewegung und folgten dem jungen Mann. Marie begann zu seufzen und stimmte bald ein leises Weinen an. Er würde hungrig sein und Alina musste ihn bald stillen. Außerdem wurde es Zeit, dass sie alle ein heißes Bad nehmen und sich ausruhen konnten.
Sie gelangten bald darauf im nächsten Stockwerk an und wenige Minuten später hatte jeder von ihnen ein behagliches, bestens ausgestattetes Zimmer zugewiesen bekommen. Leandra seufzte leise, als sie sah, dass Hellami und Jacko gemeinsam in einem davon verschwanden. Es gab ihr einen leisen Stich, aber irgendwie freute sie sich auch für die beiden. Es kam ihr so vor, als habe sich Jacko um einen Hauch verändert. Noch immer war er der große, starke Kerl - aber es schien, als spiegelten seine Züge ein bisschen weniger jene derbe Härte, die sie ihm vorgeworfen hatte. Möglicherweise hatte Hellami ihn gebändigt. Leandra schätzte, dass sie das vermochte.
Dann betrat sie ihr Zimmer, entkleidete sich und betrat das Badezimmer, in dem es ständig heißes Wasser gab, wie Larmos erklärt hatte. Ein junges Mädchen wartete dort, brav in einer Ecke stehend, auf ihre Wünsche. Leandra seufzte und ließ sich in einer riesigen steinernen Wanne nieder. Es war schon ein wenig Wasser darin, und das Mädchen öffnete eine Klappe in der Wand, durch die, über eine steinerne Rinne, frisches heißes Wasser nachfloss. Dann empfahl ihr das Mädchen einige Düfte und einen Badeschaum. Leandra lehnte sich zurück, während das Mädchen zu ihr in die Wanne stieg und sich daran machte, sie zu waschen und zu massieren.
Nun schien sich alles doch gelohnt zu haben.
Sie hatten ihr Ziel erreicht, Chast war geschlagen und sie hatte den letzten Kampf überstanden. Die Letzten der Bruderschaft würden aufgeben müssen, und sie zweifelte nicht daran, dass Alinas erste Amtshandlung sein würde, die Duuma aufzulösen und den Cambrischen Orden wieder neu ins Leben zu rufen. Freilich -es hatte schlimme Opfer gegeben: Vendar, Munuel, Gablina, Jasmin - und noch viele andere tapfere Leute. Hamas würde überleben - er befand sich in der Obhut von Xarbas, der versprochen hatte, selbst die schlimmen Verbrennungen zu heilen.
Leandra dachte, dass der tragische Tod ihrer Freunde jetzt vielleicht einen Sinn erhalten hatte, nachdem Sardin, Chast und die Bruderschaft von Yoor endgültig besiegt waren. Sie selbst hatte vor, bald ihre Familie in Angadoor aufzusuchen und sich danach mit Meister Fujima zusammenzutun. Der alte Magier schien sich mit einer Menge Fragen, die sie brennend interessierten, bereits eingehend beschäftigt zu haben. Woher stammten die Menschen? Hatten sie tatsächlich früher auf der Oberfläche der Welt gelebt? Und wie sah es dort aus?
Weitere Kostenlose Bücher