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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens
Autoren: Harald Evers
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überragt. Azrani stand klein wie eine Maus vor ihm,
und ihre Selbstsicherheit war nur gespielt. Innerlich zitterte sie.
Offenbar war Drache nicht gleich Drache. Felsdrachen, so stellte
sie im Stillen fest, waren ihr eindeutig lieber als Sonnendrachen.
Nach einer Weile, in der niemand etwas sagte, wandte sie sich
um, hakte sich bei Marina unter und zog sie mit sich fort. Marina
hatte inzwischen ihren eigenen Rucksack geschultert und überließ
Azrani bereitwillig das Kommando.
»Langsam geht mir das gehörig auf die Nerven«, flüsterte Azrani aufgebracht, »dass wir eine so todernste Gesellschaft geworden sind. Mag ja sein, dass dieses Gebäude nicht ungefährlich ist
– dann sind wir eben vorsichtig. Aber dieses ständige förmliche
Getue, das steht mir inzwischen bis hier.« Mit einer energischen
Geste verdeutlichte sie, bis wohin.
Marina nickte vorsichtig. »Ja. Mir eigentlich auch.« Sie blickte
befangen über die Schulter.
»Hoffentlich lässt er nun seinen Ärger nicht an Ullrik aus.«
Sie blieb stehen und hob die Hand, um Ullrik zu winken.
Ullrik winkte zurück. »Geht nur«, rief er. »Ich halte hier die
Stellung. Aber bleibt nicht so lange fort!«
Meados saß noch immer da wie zuvor und beobachtete sie.
»Glaubst du, er würde uns etwas antun?«, fragte Marina.
Azrani sah sie verblüfft an. »Uns etwas antun?. Wie kommst du
denn darauf?«
»Ich weiß nicht. Ich habe noch nie einen Drachen so unfreundlich und fordernd erlebt. Ich glaube, er würde uns am liebsten
daran hindern, die Pyramide zu betreten.«
Unbehaglich blickte Azrani zu Meados. Marina hatte Recht, der
Drache war keiner, der gern einen Widerspruch hinnahm.
Was bewog ihn nur dazu, sich so zu verhalten? Gewiss nicht die
Sorge um ihr Wohlergehen. Azrani winkte Ullrik nun ebenfalls zu
und zog Marina mit sich fort. Mit einem unguten Gefühl im Magen
lenkte sie ihre Gedanken auf das, was vor ihnen lag.
Sie liefen über den kargen Wüstenboden, dem nur vereinzelt ein
paar verkümmerte Grasbüschel entwuchsen, auf das Portal zu.
Bald erreichten sie die ersten Stufen und waren froh, als sie sich
in die Deckung der Säulen und des Überdaches begeben konnten.
Wirklichen Schutz hatten sie hier nicht, aber sie entkamen auf
diese Weise wenigstens erst einmal dem ewig beobachtenden
Blick des großen Drachen.
Hinter der ersten Säule blieben sie stehen und peilten zum Lager zurück. »Ullrik«, erinnerte sie Marina betrübt. »Wir lassen ihn
im Stich. Denkst du, er ist in Gefahr?«
Azrani dachte eine Weile nach, doch dann entspannten sich ihre
Züge. »Weißt du was? Vielleicht bilden wir uns nur etwas ein. Mag
sein, dass dieser Meados ein bisschen herrisch und steif ist, aber
die Drachen sind doch unsere Freunde, oder nicht?« Fragend
suchte sie in Marinas Gesicht nach einer Spur der Erleichterung.
Sie hob die Achseln. »Wir sind die Schwestern des Windes – wir
haben das denkbar beste Verhältnis zu den Drachen.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat uns letzte Nacht nicht gerettet, um uns
jetzt etwas anzutun. Besonders Ullrik nicht. Der ist ja auch längst
nicht so ungehorsam wie wir!«
Marina lächelte schwach und nickte dann, so als wäre ihr Azranis Einschätzung willkommen.
»Dann los!«, meinte sie mit neuer Zuversicht, ergriff die Hand
ihrer Freundin und eilte die flachen Treppenstufen hinauf, zum
eigentlichen Beginn des Portalganges. »Komm! Ich will endlich
wissen, was das hier für ein uralter, riesiger Steinhaufen ist.«
*
    Altmeister Ötzli hatte eine unruhige Nacht verbracht. Selbst das
blonde Mädchen, das ihm Rasnor geschickt hatte, jung und
hübsch, hatte ihm die Stunden nur wenig versüßt. Die Nachricht
über die einhundertzwei zusätzlichen Amulette hatte ihn aufgestachelt. Mit ihnen würde seine Forderung, die er an den Doy AmoUun zu richten gedachte, noch ein gutes Stück mehr Gewicht erhalten.
    Nachdem er bereits einige Monate in dem riesigen Sternenreich
des Pusmoh verbracht hatte, glaubte er, die militärische Lage der
Drakken einigermaßen einschätzen zu können. Riesige Verbände
von Sternenschiffen waren in der Milchstraße unterwegs und
überwachten die Grenzen des Pusmohreiches, um es gegen Angriffe der Saari zu schützen. Diese Verbände waren, soweit er
wusste, schlagkräftig genug, um den Saari standhalten zu können, doch wenn sie ihre Bewegungen untereinander abstimmen
wollten, mussten sie selbst für den kleinsten Befehl ein Kurierschiff entsenden. Es gab, sobald die Entfernungen größer
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