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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens
Autoren: Harald Evers
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dass ein alter Körper wie der
seine nicht das war, wovon junge Mädchen nachts träumten.
Trotzdem hatte sie sich wirklich um ihn bemüht, hatte es geschafft, ihn für kurze Zeit in die Blüte seiner Manneskraft: zurückzuversetzen. »Du warst schon das letzte Mal bei mir, nicht
wahr?«, fragte er unbeholfen, während er die Knöpfe seines
Hemdes schloss.
Ein Lächeln huschte über ihre Züge. »Ihr erinnert Euch also
doch an mich?«
Er rang sich ein Lächeln ab und nickte. »Du bist sehr… freundlich.« Ihm war kein besseres Wort eingefallen; zärtlich oder etwas
in der Art wäre angemessener gewesen, aber mit solchen Wörtern tat er sich schwer. Er hatte keine Übung darin, nett zu Frauen zu sein.
»Werdet Ihr uns heute wieder verlassen, Herr?«, fragte sie.
Er nickte. »Ja. Ich muss heute wieder fort.«
Sie stemmte sich auf, sodass sie halb aufrecht an das große
Kissen gelehnt im Bett saß. Ihre Brüste waren schöner geformt
als alle, die er je gesehen hatte.
Geradezu vollkommen.
»Wie… wie ist es dort draußen?«, fragte sie.
Ötzli stutzte, hielt inne und musterte sie überrascht. Dann langte er nach seiner gestickten Weste, und während er hineinschlüpfte, fragte er: »Du weißt, dass ich… dort draußen war?«
Sie nickte. »Hier wird allerlei geredet. In diesem…
Waisenhaus. Ich bin ja nicht das einzige Mädchen hier.«
Ötzli nickte verstehend. Die Art, wie sie das Wort Waisenhaus
ausgesprochen hatte, deutete darauf hin, dass sie nicht freiwillig
hier war.
Wahrscheinlich zählte sie zu den entführten Mädchen – wie
Leandra und ihre Freundinnen damals auch. Es war eine der Spezialitäten der Bruderschaft, eine gewissermaßen jahrtausendealte
Tradition, sich auf diese Weise Frauen zu beschaffen.
Er betrachtete sie, und ein leises Verlangen griff wieder nach
ihm. Ihr Gesicht war bezaubernd unschuldig, ihre Gestalt wundervoll schlank, und der seidige Schimmer junger Haut lag über
ihren Brüsten, die seine Blicke wie magisch anzogen. Für Augenblicke überkam ihn die Lust, wieder zu ihr ins Bett zu steigen und
sich abermals im Rausch ihrer Zärtlichkeit zu verlieren.
Doch dieses Verlangen währte nur Sekunden. Er musste zu
Rasnor, mit ihm letzte Dinge besprechen, und dann wieder fort,
hinaus ins All, zu seiner Mission, die ihm Macht einbringen sollte,
mehr Macht, als er sich jemals erträumt hatte. Er schloss den
letzten Knopf seiner Weste.
»Wollt Ihr es mir nicht sagen, Herr?«, fragte sie. »Was? Wie es
dort draußen ist? Im All?«
Sie nickte eifrig, so als bedeutete es ihr etwas, mehr darüber zu
erfahren.
Er suchte nach Worten. »Schön. Interessant. Es gibt viele Sterne dort.« Seine Antwort kam ihm blöde vor; ihm wurde klar, dass
ihm völlig die Worte fehlten, wenn er schöne Dinge beschreiben
sollte.
»Werdet Ihr mich mitnehmen?«
Vor Überraschung erstarrte er. »Was? Du… willst mich begleiten?«
Wieder nickte sie, ebenso eifrig wie zuvor. »Ja, Herr. Das würde
ich wirklich gern.«
Für Augenblicke überlegte er, wie es wäre, jede Nacht in ein
warmes Bett zu kriechen, in dem sie auf ihn wartete, mit ihrer
seidigen Haut und den weichen Schenkeln…
»Vollkommen ausgeschlossen«, erwiderte er barsch. »Das… das
ist keine Welt für ein Mädchen wie dich. Was willst du auch dort?
Es herrscht Krieg, und ich habe wichtige Dinge zu erledigen, da
würdest du mir nur im Wege sein. Nein, das geht auf keinen
Fall.«
Ihr hübsches Gesicht umwölkte sich. Es schien ihm sogar, als
sammelten sich Tränen in ihren Augenwinkeln.
Plötzlich tat es ihm Leid, dass er sie so angefahren hatte. Sie
war jung und naiv und hatte mit Sicherheit keine Vorstellung davon, wie es in einer Umgebung zuging, in der Krieg, Macht und
Einfluss die wichtigsten Rollen spielten.
Er setzte sich auf die Bettkante und wischte ihr mit dem Zeigefinger eine Träne von der Wange. »Dummes Mädchen«, sagte er
gutmütig. »Das ist nichts für dich. Aber vielleicht sehen wir uns
bald wieder. Ich komme öfter hierher zu euch. Dann könnten wir
wieder…« Verlegen hüstelte er, und abermals entglitten ihm die
Worte, die er gern zum Ausdruck gebracht hätte. Es stimmte
schon: Sie hatte sein altes, hart gewordenes Herz erwärmt. Lucia
jedoch reagierte anders, als er gedacht hätte. Sie wischte trotzig
seine Hand zur Seite, sprang aus dem Bett, raffte ihre Kleider
zusammen und eilte zur Tür. Augenblicke später war sie verschwunden. Der Lärm der zugeschmetterten Tür hallte durch den
Raum.
Ötzli kämpfte mit
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