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Hoelle aus Feuer und Eis

Hoelle aus Feuer und Eis

Titel: Hoelle aus Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den anderen erging es nicht besser. Daß keiner von ihnen von dem schmalen Metallband herunterfiel, glich tatsächlich einem Wunder. Aber vielleicht auch nicht. Das Unvermeidliche geschah, noch ehe sie das erste Drittel ihres Weges zurückgelegt hatten. Charity hörte hinter sich plötzlich einen spitzen Schrei, und als sie erschrocken herumfuhr, da sah sie, wie Faller in einer grotesk nach hinten geneigten Haltung und mit wild rudernden Armen dastand, und sie wußte, noch bevor Leßter und Skudder gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen auf ihn zustürmten, daß sie beide zu spät kommen würden. Fallers Schreie wurden zu einem entsetzlichen Kreischen, während er weiter und weiter nach hinten kippte, bis er schließlich in einer unmöglich erscheinenden Neigung über dem Abgrund hing, noch immer mit wild wirbelnden Armen und vor Entsetzen verzerrtem Gesicht. Und er blieb so. Es war nicht der winzige Augenblick scheinbarer Schwerelosigkeit, in der ein Körper verharrte, ehe er zu stürzen begann. Eine halbe Sekunde verging, eine ganze, und plötzlich blieben sowohl Skudder als auch Fallers Kamerad stehen und starrten ihn an, und nach einer weiteren Sekunde hörte Faller auf, sich zu bewegen, und der Ausdruck von Todesangst auf seinem Gesicht wandelte sich in fassungsloses Staunen. Er stürzte nicht. Schräg nach hinten, um mehr als fünfundvierzig Grad geneigt hing er über der Leere, aber irgendeine unsichtbare Kraft hielt ihn fest. Eine weitere Sekunde verging, in der sie alle den jungen Soldaten einfach nur anstarrten, dann machte Leßter einen entschlossenen Schritt nach vorn, packte Faller und zerrte ihn mit einer kraftvollen Bewegung wieder ganz auf den Steg hinauf. Faller stolperte mit einer instinktiven Bewegung von seiner Kante fort - wobei er um ein Haar über den jenseitigen Rand gestürzt wäre -, drehte sich herum und starrte fassungslos nach unten. Sekundenlang sagte niemand etwas, dann zog Skudder wortlos das Päckchen mit seiner Notration aus der Tasche, hielt es am ausgestreckten Arm über den Rand des Steges und ließ los. Es fiel wie ein Stein einen halben Meter weit in die Tiefe, beschrieb dann einen eleganten Bogen und landete direkt vor Skudders Füßen. Charity blickte das Lebensmittelpäckchen einen Moment lang fast angsterfüllt an, beugte sich vor und streckte zögernd die Hand aus. Sie fühlte sich sehr unsicher. Der Abgrund, der plötzlich unter ihr klaffte, schien sie magisch anzuziehen, und für einen Herzschlag wurde ihr wieder schwindelig, aber sie überwand ihre Angst und bewegte die Hand weiter - und stieß plötzlich auf Widerstand. Sie sah nichts, sie fühlte eigentlich auch nichts, und doch war es, als würden ihre Finger in eine nachgiebige, aber trotzdem sehr feste Wand aus Watte oder weichem Gummi eindringen, die sie mit sanfter Gewalt zurückstieß, ohne indes wirklich spürbar zu sein. Verblüfft richtete sie sich wieder auf. Skudder sah sie ernst an. Er wirkte kein bißchen erleichtert, sondern eher erschrocken. »Überraschung, wie?« fragte er. Charity nickte widerwillig. Ganz so primitiv schien diese Riesenmaschine doch nicht zu sein. Trotzdem war sie nicht sehr überrascht. Irgendwie paßte es ins Bild. Das Rätselhafteste an den Moroni überhaupt war vielleicht diese ständige Diskrepanz zwischen unvorstellbarer Übertechnologie und einfachen, ja, fast primitiven Gerätschaften. »Zumindest wird der Rest des Weges jetzt einfacher«, sagte Leßter. »Das stimmt«, murmelte Charity. Und fügte noch leiser hinzu: »Falls sie nicht eine genauso raffinierte Alarmanlage haben, heißt das.« Sie gingen weiter und erreichten unbehelligt und ohne weitere Zwischenfälle das jenseitige Ende des Steges. Es kam Charity fast unheimlich vor, daß niemand sie entdeckt haben sollte. Sicher - sie befanden sich in mehr als hundert Metern Höhe über dem Boden der Halle, und der graugrün gemusterte Stoff ihrer Anzüge und noch viel mehr der beißende Qualm, der die Luft erfüllte, tarnte sie hervorragend. Trotzdem erschien es ihr unverständlich, daß die Kommandozentrale dieses Monstrums nicht besser bewacht sein sollte. Auf der anderen Seite war dieses keine Kriegsmaschine, sondern eine wandelnde Fabrik, und schließlich hatten auch in den Fabriken der alten Erde keine bewaffneten Posten vor den Chef etagen gestanden.  Jedenfalls nicht vor allen. Aber sie erreichten sein Ende, ohne entdeckt oder gleich abgeschossen zu werden - und damit hörte ihre Glückssträhne

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