Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoelle aus Feuer und Eis

Hoelle aus Feuer und Eis

Titel: Hoelle aus Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
plötzlich sah sie etwas - sie sah es nicht wirklich. Es war, als balle sich die Dunkelheit zu einem zitternden Etwas zusammen, zu einem schwarzen, peitschenden Schlauch, mit zahllosen Mündern und Augen und gräßlichen Auswüchsen übersät, der sich wie unter Schmerzen wand und den sie mit Sinnen wahrzunehmen schien, von denen sie bisher nicht einmal gewußt hatte, daß sie über sie verfügte. Das Etwas bäumte sich auf wie unter Schmerzen, und ein lautloser, gellender Schrei hallte zwischen Charitys Schläfen wider. Und plötzlich ging alles unglaublich schnell. Die Armee aus Insektenkriegern, die die Plattform bisher reglos bewacht hatte, schien zu explodieren. Dutzende der schwarzen Kreaturen hetzten gleichzeitig und mit gewaltigen Sprüngen auf sie zu, und Charity sah aus den Augenwinkeln, wie die beiden Albinoameisen in einer synchronen Bewegung herumfuhren und sich auf Leßter warfen. Den Bruchteil einer Sekunde später waren sie tot, getroffen von Hieben, die so schnell waren, daß Charity sie nicht einmal sah, und die ihre schimmernden weißen Panzer zertrümmerten. Und Leßter bewegte sich weiter mit dieser unfaßbaren Schnelligkeit. Seine Hand fuhr herum, berührte die winzige Schalttafel des Transmitterringes und wurde zu einem rasenden Schemen. Das körperlose Etwas unter ihnen tobte noch immer. Die ersten Krieger erreichten die Plattform und sprangen mit gewaltigen Sätzen hinauf, und dürre, messerscharfe Klauen aus Horn streckten sich nach Charity und den anderen aus. Doch im gleichen Augenblick füllte sich der Kreis hinter ihnen wieder mit kochender Schwärze, und plötzlich fühlte sich Charity von einer unvorstellbaren Kraft gepackt und zurückgerissen. Diesmal war es anders. Es war das gleiche Gefühl, zerstört und neu geschaffen zu werden, aber es geschah zweimal hintereinander; für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Charity, die gigantische Halle plötzlich aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, fühlte sie Eisen unter ihren Stiefeln, das nicht das der Plattform war, auf der sie gestanden hatten, und sah einen anderen, viel größeren Ring aus schimmerndem Stahl, in dem sich die Schwärze des Nichts zu unbeschreiblichen Formen zusammenballte und sie aufsog. Für einen winzigen Moment glaubte sie, die Gestalten der anderen zu sehen. Skudder, der entsetzt die Arme in die Höhe gerissen hatte. Gurk, auf dessen Gesicht der gleiche Schrecken wie auf denen der anderen zu lesen war, aber auch etwas wie ein wilder Triumph. Und Leßter, der eine vierte menschliche Gestalt gepackt hatte und mit sich zerrte. Aber der Augenblick verging zu schnell, als daß sie sicher sein konnte, und wieder wurden sie und die anderen in das Nichts zwischen den Wirklichkeiten hinausgeschleudert.

Kapitel 22
    French hatte nicht geschossen. Seine Harpunenwaffe war geladen, die Feder gespannt und der letzte der halbmeterlangen, rasiermesserscharfen Stahlpfeile auf die Schiene aufgelegt. Aber er hatte ihn nicht auf die Spinne abgeschossen, obwohl sie mehrmals so dicht an seinem Versteck vorübergegangen war, daß er sie gar nicht hätte verfehlen können. Es gab ein besseres Ziel für seinen letzten Pfeil. Er war sehr müde. Seit Stunden hockte er in der winzigen Nische zwischen den beiden Maschinen, und Durst und später Hunger hatten begonnen, ihn zu plagen. Am schlimmsten aber war die Schwäche. Das Gewicht seines eigenen Körpers, das in dieser furchtbaren Welt aus unverständlichen Maschinen und alptraumhaften Ungeheuern zum zehnfachen des normalen angewachsen war, zerrte ihn zu Boden und zehrte an seinen Kräften. Zwei- oder dreimal im Verlauf der letzten Stunden hatte er das Bewußtsein verloren, und das letzte Mal hatte er an einem schlechten Geschmack in seinem Mund und dem Gefühl verklebter Augenwimpern und pelziger Trockenheit auf den Lippen gemerkt, daß er sehr lange ohnmächtig dagelegen hatte. Er würde sterben. Es waren nicht die Spinnen, die ihn umbringen würden. Es war auch nicht die angeblich tödliche Luft dieser Welt, es war sein eigener Körper. Sein Herz schlug nur noch sehr langsam, und seine Lungen hatten immer mehr Mühe, sich mit Sauerstoff zu füllen. Es war, als läge er unter einer Zentnerlast begraben, die allmählich, aber unerbittlich wuchs. Er hatte sich diesen letzten Pfeil aufgespart, um seinem Leben selbst ein Ende zu bereiten. Er hatte Angst davor, jetzt, absurderweise jetzt, wo er wußte, daß das Versprechen von einem zweiten, besseren Leben wahr war, mehr Angst als

Weitere Kostenlose Bücher