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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nicht mit mir, dachte
er. Mit gestreckter Hand schlug er hinter sich und traf einen Arm. Abgewehrt.
Doch die Antwort erfolgte sofort mit einem Tritt in die Rippen. Jetzt fiel das
lähmende Gefühl ab. Tim warf sich zur Seite, vollführte eine halbe Drehung und
blickte zu einer wuchtigen Gestalt hoch, bekleidet mit blauem Overall der Größe
XXL und dunkler Strumpfmaske. Der Kerl hatte einen kurzen Totschläger
hervorgezogen und holte damit aus. Tim benutzte den Rucksack als Startrampe.
Aus der Rückenlage schnellte er hoch, wobei er die Knie anzog und die Beine
dann explosionsartig streckte. Beide Sneaker-Sohlen trafen den Typ in den
Unterbauch.

    Ein Aufschrei. Der Kerl flog
rücklings gegen den Lieferwagen. Der Motor tuckerte im Stand. Eine zweite
Strumpfmaske saß hinterm Lenkrad.
    Der mit dem Totschläger bog
sich vor Schmerzen. Sein Schlaginstrument lag auf dem Boden. Zusammengekrümmt
hievte sich der Kerl in den Wagen, wobei ihm der Fahrer half, der die Tür für
ihn geöffnet hatte. Vollgas! Noch ehe der Schlag zufiel, schoss der Wagen
davon. Tim versuchte, das Nummernschild zu lesen. Aber das war unkenntlich,
nämlich völlig verdreckt. Absichtlich, natürlich!
    Mühsam stand er auf. Jeder
Knochen tat weh. Das Rennrad war zur anderen Straßenseite geschlittert, hatte
gelitten, schien aber fahrbereit zu sein.
    Jetzt verstehe ich gar nichts
mehr, dachte Tim. Wer war das? Woher wissen die, dass ich nicht Schmutzwäsche
im Bag habe, sondern Knete wie ein Sicherheitstransporter?
    Er hob den Totschläger auf,
einen unterarmlangen Bleiknüppel, mit Leder überzogen. Ein Name stand nicht
daran, auch keine Initialen.
    Tim hockte sich auf die
Bordsteinkante und sah die Straße entlang in beide Richtungen. Keine
Menschenseele, der Wagen längst verschwunden. Hier herrschte offenbar
verlängerte Mittagsruhe oder die Lagerhäuser hatten nur noch wenige Kunden.
Beim Atmen spürte Tim die Stelle, wo ihn der Tritt getroffen hatte. Dort hatte
sich die Haut gerötet. Aber die Rippen waren nicht angeknackst. Er überprüfte
sein Handy. Es funktionierte. Noch immer fand er keine Erklärung für den
Überfall.
    Es sei denn, dachte er, die
beiden Knochenbrecher befürchteten eine Falle und wollten mich abfangen lange
vor dem Ort der Geldübergabe. Hm! Das hätten sie auch bequemer haben können.
Wozu sonst das Code-Wort. Mal sehen, was mich bei der Partneragentur erwartet.
    Er stellte sein Rad auf die
Reifen. Der Lenker war verbogen, aber das ließ sich richten. Hinten war eine
Speiche kaputt. Tim löste sie aus der nur leicht verdreckten metallischen
Felge.
    Tim untersuchte das Case. Es
war etwas verbeult, hatte aber den Sturz überstanden.
    Seine Freunde anrufen? Das hat
Zeit, entschied er.
    Die Lagerhaus-Straße mündet in
ein Wirrwarr von Gässchen und kleinen Straßen, wo billige Kneipen und
schummrige Etablissements Touristen abzocken. Hier war Betrieb. Herumlungernde
Typen sahen aus, als würden sie bei ‘ner Razzia blitzartig vom Erdboden
verschwinden.
    Tim fand die Partneragentur.
Sie lag in schattiger Gasse zwischen einem Andenkenladen, der geschlossen
hatte, und einem Klamottenshop für übergewichtige Damen. Das Schaufenster der
Agentur besaß eine Rückwand, auf der nichts sagende Plakate festgezweckt waren:
strahlende Seniorenpaare beim Golfen, ein Schwarm bunter Fische im
sonnendurchfluteten Wasser und eine Braunbärenfamilie in den Rocky Mountains,
vermutlich bei der Futtersuche.
    Tim trat ein.
    Halbdunkel, kahle Wände, zwei
Rolllädenschränke, im Hintergrund ein Schreibtisch, hinter dem eine Frau saß.
Sie hatte eine Tischlampe mit 40-Watt-Birne eingeschaltet und las. Tim hätte
darauf gewettet, dass es nicht die Bibel war.
    Die Frau hatte schulterlanges
Haar in Gelbrot. Der fransige Pony reichte fast bis zu den angeklebten Wimpern.
Das Gesicht war so gründlich mit Make-up bearbeitet, dass sie wie Mitte dreißig
aussah, aber vermutlich älter war.
    »Hallo!« Tim grinste. »Ich soll
hier was abgeben.«
    »Abgeben?« Sie legte ihr
Taschenbuch beiseite. »Bei mir?«
    »Wurde mir gesagt.« An der
Rückfront links sah er eine stabile Tür. Sie hatte keine Klinke, jedenfalls
nicht auf dieser Seite.
    »Davon weiß ich nichts, junger
Mann.«
    »Mensch ärger dich nicht.«
    »Was ist?«
    »Das ist das Code-Wort, meine
Dame.«
    »Machst du Witze? Das hier ist
eine Partneragentur. Wenn du eine Brieffreundin suchst, bist du allerdings
falsch.«
    »Kein Beinbruch. Ich treffe
meine Brieffreundin täglich.«
    Das Telefon

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