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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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auf ihrem
Schreibtisch klingelte. Sie warf Tim einen glubschigen Blick zu, was wohl hieß
»Moment, bitte!«, und meldete sich.
    »Wie? Ja, der ist hier. Moment,
ich frage.« Sie entfernte den Hörer vom Ohr, als hätte er sie gebissen. »Wie
ist dein Name, junger Mann?«
    »Peter Carsten. Genannt werde
ich Tim.«
    Sie drückte den Hörer ans
gelbrote Haar. »Peter Carsten. Genannt wird er Tim. Wie? Ja, mache ich.« Wieder
hielt sie den Hörer am ausgestreckten Arm. »Da will jemand deine Handynummer
wissen.«
    »Na, Gott sei Dank! Ich dachte
schon, ich wäre wirklich in einer Partneragentur.«
    »Wie? Was meinst du?«
    »Vergessen Sie’s. Aber nicht
die Ziffern.« Er nannte seine Handynummer.
    Die Frau wiederholte sie in den
Hörer, fehlerlos, lauschte abermals, sagte »okay!« und legte auf.
    »Du sollst zum Hauptbahnhof
kommen. Ins Untergeschoss, zur Toilette.«
    »Herren- oder Damentoilette?«
    »Wie? Natürlich Herrentoilette.
Du sollst reingehen.«
    »Aha! Schnitzeljagd, zweite
Station. Hoffentlich werde ich nicht quer durch die Stadt geschickt.«
    »Wie? Was?«
    »Wenn Ihr Bekannter gleich noch
mal anruft, sagen Sie ihm, er kann sich weiteren Aufwand sparen. Die Sache geht
glatt über die Bühne.«
    »Er ist nicht mein Bekannter.
Ich kenne ihn überhaupt nicht. Es ist ein unbekannter Anrufer.«
    Tim grinste und wies auf das
Taschenbuch. »Liebesroman oder Krimi?«
    »Beides. Der Kaufhausdetektiv
hat sich in die Ladendiebin verliebt.«
    »Na, wenn das kein Konflikt
ist. Hasta la vista, señora (Auf Wiedersehen, meine Dame) .«
    »Hasta pronto (Auf bald) .«
Sie lachte, freute sich anscheinend über ihre Spanischkenntnisse.
    Als Tim hinausging, war sie
schon wieder in ihr Buch vertieft.
    Er fuhr zum Hauptbahnhof, wo
eine Menschenmenge die andere überflutete. Am Fahrradständer fand er einen
freien Einstellplatz und kettete sein Rad an.
    Im Hauptbahnhof hätte sich Tim
mit verbundenen Augen zurechtgefunden. Das Getöse in der Haupthalle war ebenso
nervend wie das Gedränge und die Mehrzahl der Typen. Tim eilte zu einer der
Rolltreppen zum Untergeschoss. Sein Handy klingelte.
    »Wo bist du?«, fragte eine
unsympathische Männerstimme.
    »Im Hauptbahnhof. Auf der
Rolltreppe ins Untergeschoss.«
    »Wo sind die Bullen?«
    »Was meinen Sie? Ich bin allein
hergekommen. Was vielleicht nicht sehr schlau war. In der Lagerhaus-Straße
wurde ich nämlich überfallen. Zwei Maskierte wollten mir meinen Rucksack
abnehmen.«
    »Und?«
    »Ich habe ihn noch. Allerdings
tun mir die Rippen weh. Dass ich einen Totschläger erbeutet habe, ist keine
ausreichende Entschädigung. Eher schon der Gedanke, dass mein Gegner in den
nächsten zwei Nächten als Bettnässer auffällig wird. Haha!«
    Der Anrufer schwieg. Vielleicht
knirschte er mit den Zähnen, hatte aber einen Kaugummi dazwischen gelegt. Oder
die Zunge.
    Tim kam im Untergeschoss an,
immer noch das Handy am Ohr wie einer dieser Dauersülzer, die ihre
Small-Talk-Kommunikation bis zum Verröcheln ausdehnen, auch bis zur
Bedürfnisstätte.
    »Du gehst jetzt ins Männerklo«,
sagte die Telefonstimme. »Die Tasche mit dem Geld stellst du in die letzte
Kabine links. Dann haust du ab. Kapiert?«
    »Ist leicht zu verstehen. Noch
was?«
    »Nein. Und beeil dich!« Der
Anrufer schaltete aus.
    Tim steckte sein Handy ein und
sinnierte auf dem letzten Stück Weg. Weshalb wollten sich die Knochenbrecher
nicht zeigen? Ganz eindeutig hatten sie doch den Überfall angezettelt. War da
etwa ein akutes (plötzlich auftretendes) Misstrauen Gaby gegenüber?
Mutmaßten sie, dass Gaby ihr Stillschweigen gebrochen hatte? Dann ist der
Überfall, dachte Tim, eine Vergeltungsaktion. Prügel für mich als Strafe für
Gaby. Und so was macht man am besten maskiert. Außerdem hat der Saukerl nach
den Bullen gefragt. Könnte bedeuten, sie befürchten eine Falle, oder ich soll
glauben, dass sie’s befürchten.
    Welche Schlussfolgerungen auch
immer, die Bilanz war horrormäßig. Trotzdem musste Tim jetzt Martins Geld für
die Spielschulden ausliefern, denn das war allein dessen — Martins —
Entscheidung.
    Tim betrat die Herrentoilette.
Im Vorraum, wo die Waschbecken waren, hatte sich ein Mann die Hände gewaschen,
jetzt kämmte er sich nass. Als Tim in die hintere Abteilung vordrang, ertönte
das Fauchen des Heißlufttrockners für die Hände.
    Zwölf Toilettenkabinen in einer
Reihe. Gegenüber die Urinale. Stille. Der Geruch von Desinfektionsmittel.
Niemand schien hier zu sein.
    Tim ging zur letzten

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