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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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in die Luft und landete einige Meter weiter auf dem Dachvorsprung der großen Halle. Von dort aus beobachtete er Eleanor und Raphael wie ein Geier seine potentielle Beute.
    Eleanor indes wandte sich wieder Raphael zu. Sein gequälter Gesichtsausdruck schnitt ihr tief ins Herz. „Ich liebe dich!“, formten ihre Lippen, während sie die Finger wieder nach ihm ausstreckte. Raphael ballte seine Fäuste und nickte leicht. Obwohl Eleanor nichts von ihm zu hören vermochte, verstand sie seine Körpersprache nur allzu gut. Sie wusste nun, dass er im wahrsten Sinne des Wortes Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um sie von hier zu befreien.
    „Sag, Eleanor “, erklang Samaels Stimme vom Dach. „Ist dir eigentlich bewusst, was für eine Rolle du in dieser Geschichte spielst?“
    Eleanor wandte sich zu Samael um. „Ich würde vermutlich nicht hier stehen, wenn irgendjemand es wüsste. Auch du weißt es nicht. Du hältst mich für eine Gefahr, die ich nicht bin.“
    Samael lächelte sie freundlich und offen an. „Nein, es stimmt. Auch ich bin mir keineswegs sicher. Aber zumindest eines kann ich sicher sagen – ganz gleich, ob du Gottes Ordnung umstoßen sollst oder ein Einzelfall bist, der im Laufe der Geschichte unbemerkt bleiben wird. Du bist etwas Besonderes, weil du seit Gottes Schöpfung die erste bist, der es gelungen ist, uns als das zu sehen, was wir sind. Es fällt mir schwer zu glauben, dass dies ein Zufall sein sollte. Ebenso wie die meisten unter uns, glaube auch ich, dass du für Gott eine Aufgabe wahrzunehmen hast. Ich wüsste nur gern, welche das wohl sein kann.“
    Eleanor stand ratlos da und blickte zwischen Samael und Raphael hin und her. „Ich fürchte, da kann ich dir nicht helfen “, sagte sie schließlich. „Ich habe mir diese Geschichte nicht ausgesucht. Ich habe keine Ahnung, warum all das geschieht.“
    „Ich weiß, ich weiß, ich weiß “, fiel Samael ihr ungeduldig ins Wort. „Aber ich wüsste gern, was deine Absichten sind. Denk nur an die Welt der Toten, mit denen du Kontakt aufnehmen kannst. Wie willst du in Zukunft mit dieser Gabe verfahren? Wirst du all die Sünder, die Mörder und menschlichen Bestien ihrer wohlverdienten Strafe überlassen? Oder willst du ihre Seelen trösten und aus ihrer verdammten Existenz zu befreien versuchen?“
    Eleanor dachte einen Augenblick nach. „Ich weiß es nicht “, sagte sie schließlich. „Ich weiß es einfach nicht. Immerhin habe ich mittlerweile erkannt, dass nicht alle verdammten Seelen gleich sind. Einige von ihnen sind tatsächlich böse und all die Jahre in der Totenwelt haben sie nicht besser gemacht. Ihnen würde ich tatsächlich nicht helfen wollen. Aber es gibt auch solche, die wirklich bereut haben und ihre Fehler gern ungeschehen machen möchten. Nicht unbedingt, weil sie ihrer toten Existenz entfliehen wollen, sondern auch, weil ihnen die Tragweite ihrer Sünden bewusst geworden ist. Außerdem gibt es noch jene, die ihre Seelen verkauft haben. Und nicht alle von denen sind wirklich böse; einige mögen nur verzweifelt gewesen sein. Ich denke, dass man auch denen helfen sollte.“
    „Wozu sollte das gut sein?“, erwiderte Samael gelangweilt. „Sie haben sich gegen Gottes Ordnung gestellt und erhalten nun ihre gerechte Strafe. Was bringt es, ihnen diese Strafe einfach zu erlassen?“
    „Ja, Samael. Wozu sollte das gut sein?“, sagte Eleanor fast schnippisch. „Seid ihr Engel denn so anders? Ihr habt euch gegen Gottes Befehl gestellt und den Kniefall vor dem ersten Menschen verweigert. Zur Strafe warf Gott euch auf die Erde hinab – an den gleichen Ort, an dem auch die verdammten Seelen der Menschen festsitzen: Fern von Gott. Und jetzt würdest du alles dafür geben, dass irgendjemand sich deiner erbarmt und diese ‚Strafe‘ aufhebt. Aber warum sollte sich jemand deiner erbarmen? Du hast es doch wohl verdient…“
    Samael ballte vor Wut die Fäuste und starrte Eleanor vom Dach aus giftig an.
    „Willst du mein Schicksal etwa mit jenem der Menschen vergleichen? Willst du…“
    „Sieh es ein, Samael!“, fuhr Eleanor wütend dazwischen. „Ihr erleidet die gleiche Strafe wie all jene Menschen, die Gottes Prüfung nicht bestanden haben. Du gefällst dir so sehr darin, dich für etwas Besseres zu halten, dass du dich weigerst, die Wirklichkeit zu sehen. Ob man nun ein Löwe oder ein Schaf ist – beide Tiere hassen es, hinter Gittern leben zu müssen. Aber ihre Gefangenschaft ist die gleiche!“
    Samael war einen

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