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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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Augenblick lang ganz still. Er wirkte plötzlich alt und grau. Das Leuchten aus dem Inneren seines Körpers verblasste, schien flackernd zu erlöschen. Dann nickte er bedächtig.
    „Du hast Recht“, sagte er leise und wie zu sich selbst. „Ich mag hundertmal über euch stehen. Aber unterm Strich teilen wir das gleiche Schicksal. In Gottes Augen sind wir nichts weiter als Sünder, die ihre Strafe absitzen müssen…“
    Er bedeckte für einen Moment seine Augen mit der Hand. Fast wirkte es, als weine er. Dann erhob er sich und flog mit schweren Flügelschlägen auf ein höher gelegenes Dach, um die Unterhaltung zu beenden. Eleanor sah ihm überrascht und ein wenig betreten nach. Es schien ihr unbegreiflich, dass sie Samael tief in seinem Innersten getroffen hatte.
     
    Die Zeit wurde lang im Kloster. Eleanor hatte seit ihrem Eintreffen hier vor mehr als einer Woche wenig zu tun gehabt. Doch zumindest hatte sie Raphael an ihrer Seite gewusst. Raphael, mit dem sie reden konnte. Der sie verstand und schätzte. Jetzt war alles anders.
    Seit ihrem Gespräch über ihren Aufenthalt auf der Welt war Samael still und zurückhaltend geworden. Zwei Tage lang hielt er sich von Eleanor fern, sprach sie nicht an und blieb möglichst außer Reichweite. Sie sah ihn oft auf dem höchsten Punkt des Daches sitzen und in die Ferne starren. Doch er wirkte beinahe, als nähme er die Welt um sich herum nicht länger wahr. Sein Geist schien weit entfernt zu sein.
    Auch Raphael war verschwunden. Eleanor hätte ohnehin nicht mit ihm sprechen können, doch allein sein Anblick hätte ihr zumindest Trost und Stärke gegeben. Sie wusste nicht, was er vorhaben mochte, doch sie war sich sicher, dass er sie keineswegs im Stich gelassen haben konnte. Uriel und Naral blieben weiterhin in ihrer Nähe, umkreisten unablässig den Klosterberg und flogen oft bis dicht an die unsichtbare Barriere heran, um Eleanor ein Gefühl von Sicherheit und Zuversicht zu vermitteln. Besonders Naral war Eleanor ein großer Trost. Wenn Naral nur wenige Meter von ihr entfernt in der Luft stand und zu ihr hinüber lächelte, wusste Eleanor auch ohne Worte, dass Raphael in der Welt unterwegs war, um etwas zu ihrer Befreiung zu erwirken. Wenn Eleanor besonders niedergeschlagen schien, schnitt sie Grimassen oder versuchte auf andere Arten, ihr ein Lächeln zu entlocken. Oft verhielt sie sich dabei mehr als ‚unengelhaft‘. Und mehr als einmal fiel Eleanor in diesen Augenblicken auf, wie stark sie sich von Uriel unterschied, dessen ganzes Wesen allein Stärke und Erhabenheit ausstrahlte. Naral hingegen hatte auch eine lustige und unbeschwerte Seite, die sie oft wie ein übermütiges und junges Mädchen erscheinen ließ und ihr wirkliches Alter und ihre Herkunft völlig überstrahlte.
    Die Versorgungslage im Kloster begann sich langsam aber sicher zu verschlechterten. Da Raphael seine letzten Besorgungen nicht ins Kloster hatte bringen können, gingen die Lebensmittel nun zur Neige. Mit einiger Zurückhaltung und Rationierung würde das Essen vielleicht noch für fünf bis sechs Tage reichen. Das Trinken ebenso. Dann würde die Situation brenzlig werden und Eleanor würde sich überlegen müssen, wie sie Samael um Nachschub bitten könnte. Andererseits war sie sich der Tatsache wohl bewusst, dass er vermutlich kein allzu großes Interesse daran haben würde, sie mit Lebensmitteln zu versorgen. Sehr wahrscheinlich würde er sie einfach verdursten oder verhungern lassen. Das Kloster zu verlassen, um Nachschub zu besorgen, wäre sicherlich nicht ganz ungefährlich für ihn, da er sich dann Naral, Uriel und nicht zuletzt Raphael würde stellen müssen.
    Während Eleanor über diese Probleme nachsann, hörte sie das schwere Rauschen von Flügeln hinter sich und Samael landete nur wenige Schritte von ihr entfernt. Er faltete seine Flügel zusammen, legte den Kopf schief und sah Eleanor nachdenklich an. Eleanor blickte verunsichert zurück.
    „Ich weiß noch immer nicht, was ich von dir halten soll “, begann er schließlich. Sein Ton klang nicht unfreundlich, doch zurückhaltend und angespannt. „Du sagst, dass du einigen der Verdammten helfen würdest, wenn du könntest. Jenen, die bereuen und sich ihrer Fehler bewusst sind. Und jenen, die unverschuldet in ihre Lage geraten sind.“
    Eleanor nickte misstrauisch.
    „Würdest du nicht sagen, dass beides auch für mich gelten müsste? Ich bereue, dass ich mich nicht vor dem neu erschaffenen Menschen auf die Knie werfen konnte

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