Hoellenfeuer
und ich bereue, dass ich Gottes Befehl nicht ausführen konnte. Würdest du mir helfen, wenn du es könntest?“
Wieder nickte Eleanor. Bei Samaels Worten stieg ein böser Verdacht in ihr auf.
„Würdest du bei Gott für mich eintreten?“, fragte Samael. „Ein gutes Wort von dir würde mir vielleicht helfen.“
Seine Stimme hatte bittend, ja beinahe flehend geklungen. Doch Eleanor zögerte, zu antworten. Sie wusste, dass eine Zusage von ihr vermutlich ihr Leben auf dramatische Weise verkürzen konnte. In diesem Augenblick kam ihr ein aberwitziger Gedanke. Ein Gedanke, der so ungeheuerlich war, dass Eleanor sich beinahe schämte, ihn gedacht zu haben.
„Ich bin mir nicht sicher, ob du wirklich bereust, Samael “, sagte sie schließlich. „Du sagst, du bereust. Aber ich bin mir nicht sicher, ob du nicht eigentlich nur dein Schicksal bedauerst. Zum Bereuen gehört mehr. Es gehört der feste Wille dazu, seine Fehler wieder gutmachen zu wollen. Du hast bisher weder durch Worte, noch durch Taten deutlich gemacht, dass du etwas würdest anders machen wollen. Es ist so leicht zu sagen, dass du dich vor dem Menschen als Gottes Schöpfung auf die Knie hättest werfen müssen. Aber hast du es jemals wirklich ernsthaft in Erwägung gezogen? Du kannst es noch immer tun! Du kannst Gott noch immer zeigen, dass du bereit bist, über deinen Schatten zu springen und seinen Befehl ernst zu nehmen!“
Samael sah Eleanor sprachlos an. War das ihr Ernst? Hatte sie ihm gerade eben wirklich vorgeschlagen, vor einem Menschen auf die Knie zu fallen? Es gab hier nur einen einzigen Menschen – er würde vor Eleanor auf die Knie fallen müssen.
Alles in Samael sträubte sich gegen diesen Gedanken. Zu ungeheuerlich schien ihm die Idee, vor einem Menschen auf die Knie gehen zu müssen. Andererseits war er auf Eleanor angewiesen. Er hatte vorgehabt, sie bei ihrem Mitleid zu packen und zu einer Zusage zu drängen. Jetzt musste er erkennen, dass sie eine Gegenleistung forderte. Eine Gegenleistung, die er unmöglich liefern konnte.
„Ich kann es nicht “, knirschte er. „Es gelingt mir einfach nicht.“
Eleanor nickte. Sie hatte es gewusst. Samael mochte eingesehen haben, dass er mit den Menschen in einem Boot saß, aber noch immer sah er sie nicht als gleichwertig an.
„In den Fällen, in denen ich einem Toten helfen wollte“, setzte Eleanor an. „da wusste i ch genau, dass sie ihre Sünden erkannt hatten und sie bereuten. Ich konnte es spüren. Ihre Traurigkeit war so groß, dass ich förmlich von ihr angesteckt wurde. Bei dir ist da nichts. Du bist voller Zorn. Und dieser Zorn hindert dich daran, dass Richtige zu tun.“
„Ich verbeuge mich nur vor Gott, dem Herrn!“, erwiderte Samael finster. „Nicht vor Deinesgleichen!“
„Es gibt mehr als eine Art, sich vor jemandem zum Verbeugen. Du kannst es mit dem Körper tun, aber das sollten Gleichgestellte ohnehin nicht voreinander machen. Ich glaube nicht, dass Gott gewollt hat, dass ihr euch mit dieser Geste vor den Menschen erniedrigt. In Gottes Augen sind entweder alle gleich, oder er ist nicht Gott.“
Eine tiefe Stille breitete sich auf dem Kloster hof nach Eleanors Worten aus. Der Wind schwieg und selbst die Wolken hielten inne, unterbrachen das Schattenspiel auf den Mauern der Gebäude.
„Maßest du dir etwa an, über Gott zu richten?“, sprach Samael langsam und drohend. „Willst du seine Allmacht in Frage stellen?“
Seltsamerweise hatte Eleanor in diesem Augenblick keinerlei Furcht vor Samael. Er mochte noch so bedrohlich vor ihr stehen. Sie wusste, dass er ihr kein Leid zufügen konnte und das machte sie sicher.
„Leider habe ich Gott noch nicht persönlich kennengelernt “, erwiderte sie herausfordernd. „Aber ich weiß, dass er uns Menschen eine Seele gab, durch die wir zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Und daher weiß ich auch, dass es falsch wäre, wenn er jemanden nur aufgrund seiner Herkunft lieber hätte, als einen anderen. Immerhin ist er selbst doch für unsere Herkunft verantwortlich. Er hat bestimmt, dass du ein Engel sein sollst und ich eben ein Mensch bin. Warum hätte er einen von uns von vornherein zu einer Rasse geben sollen, die er weniger liebt, als die andere?“
„Uns Engel hat er von je her am meisten geliebt!“, fauchte Samael. „Er liebt uns so sehr, dass wir bei ihm im Himmel wohnen dürfen!“
„Warum hat er uns Menschen dann nach euch erschaffen?“, trumpfte Eleanor auf. „Warum hätte er nach euch Engeln noch
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