Hoellenfeuer
schickst, werde ich dir alles verderben!“, fuhr Eleanor zitternd fort. „Ich werde ihm sagen, was du getan hast und zu welchem Zweck…“
Einen Augenblick lang war es vollkommen still. Eleanor hörte sich selbst heftig atmen. Ihre Beine waren weich und wollten sie kaum tragen. Sie bebte unkontrolliert und fror vor Angst erbärmlich.
Dann verzog sich Samaels lauerndes Gesicht zu einer Fratze des Zorns und der Ohnmacht. Er stolperte förmlich einige Schritte zurück. Dann breitete er seine gigantischen Schwingen in der Halle aus. Seine Haut, die eben noch wie bei allen Engeln aus dem Innersten heraus golden zu leuchten schien, färbte sich von einem Augenblick auf den anderen tiefschwarz und ein unheimliches rotes Glühen brach aus ihm hervor.
Er stieß ein zorniges Brüllen aus, so mächtig und stark, dass der Berg, auf dem das Kloster stand, in seinen Grundfesten erschüttert wurde. Die Mauern der Gebäude wankten und feiner Sand rieselte von der Decke. Die geschlossenen Fensterläden flogen nach außen auf und das Sonnenlicht drang wieder in den Bibliothekssaal.
Eleanor hielt sich ihre schmerzenden Ohren zu und fiel auf die Knie. Sie schloss die Augen und versuchte, den Schrecken auszublenden, der sie überkommen hatte.
Sie hätte nicht sagen können, wie lange sie so dort am Boden gekniet hatte. Doch irgendwann war Samaels Brüllen verklungen und sie wagte vorsichtig die Augen zu öffnen.
Der Dämonenfürst war verschwunden. Allein der vollkommen verwüstete Raum zeugte noch davon, dass die Ereignisse der letzten Minuten tatsächlich stattgefunden hatten. Eleanor konnte nicht geträumt haben.
Mit zitternden Knien erhob sie sich vom Boden und wankte durch den Raum auf die Tür zu, die zur großen Halle führte. Von dort waren es nur wenige Schritte zum Eingangstor, welches nach draußen in den Hof des Klosters führte. Sie stolperte unsicher in das gleißende Sonnenlicht und sah sich verwirrt um. Beinahe sofort nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und wandte sich in diese Richtung. Ihr Herz schien vor Freude einen Augenblick auszusetzen, als sie Raphael erkannte. Doch irgendetwas schien hier nicht zu stimmen. Er flog aufgebracht vor dem Kloster hin und her und war doch offenbar nicht in der Lage, auf dem Hof bei Eleanor zu landen. Auch Naral und Uriel waren bei ihm und kreisten ebenso wie er um das Kloster, ohne es betreten zu können. Sie alle schienen Eleanor etwas zuzurufen, doch kein einziger Laut drang zu ihr. Es wirkte, als gäbe es eine unsichtbare Barriere um das Kloster, die von den dreien nicht durchbrochen werden konnte.
Ein meckerndes Lach en über sich ließ Eleanor herumfahren.
Dort auf dem Dach über ihr hockte Samael und sah amüsiert zu ihr hinunter.
„Raphael war weise, dich hierher zu bringen!“, lachte er. „Er wusste, dass ich dich ohnehin über kurz oder lang zu fassen bekommen würde. Also brachte er sich ausgerechnet hierher. An jenen Ort, wo ich dich mit Sicherheit zuletzt suchen würde. Die halbe Welt habe ich nach dir abgesucht, bis ich dich schließlich fand. Nur in einem Punkt war er alles andere als weise. Er glaubte, er würde dich mit Narals und Uriels Hilfe hier vor mir schützen können. Er glaubte, sie wären zu dritt stark genug, mich am Betreten dieses Ortes hindern zu können. Er hat nur vergessen, dass dieser Ort mir gehört. Ich habe die alleinige Macht über ihn und nur ich bestimme, wer hier sein darf und wer nicht!“
Samael wies mit einem lockeren Fingerzeig zu den drei Engeln hinaus, die aufgebracht die unsichtbare Wand zu durchbrechen versuchten, welche er um das Kloster gezogen haben musste.
„Sieh sie dir an, deine drei edlen Ritter“, spottete er. „In tausend Jahren kämen sie nicht hier hinein. Es bedürfte schon einer ganzen Armee von Engeln, die unsichtbaren Mauer zu durchbrechen, die diesen Ort schützt.“
Ein Gefühl ohnmächtigen Zorns überkam Eleanor bei diesen Worten.
„Und?“, fragte sie herausfordernd. „Was hast du jetzt vor? Du machst mir keine Angst.“
Wieder lachte Samael. „Aber auch nur deshalb, weil ich es gar nicht versuche. Glaube mir, kleine Eleanor, Angst ist etwas, womit ich gut umzugehen verstehe. Vor mir haben schon ganze Völker gezittert und sie tun es noch.“
„Ich tue es nicht“, erwiderte Eleanor trotzig. „Ich durchschaue dich. Du willst fort von hier aber du weißt nicht, wie du es anstellen sollst. Gott spricht nicht mit dir. Du fühlst dich ebenso verlassen, wie wir Menschen es
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