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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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ein Rätsel. Und nun sitze ich hier und spreche mit einer Patientin, die er im Verdacht hat, etwas mit dem verschwundenen Tetradyxol zu tun zu haben. Er kann sich einfach keinen Reim auf uns beide machen.“
    „Hast du in ihn hineingehört?“, fragte Eleanor. Raphael nickte.
    „Er dürfte es kaum bemerkt haben. Schließlich dachte er ohnehin gerade an uns. Da fiel es ihm nicht weiter auf, dass er mein Bild im Kopf hatte.“
    Eleanor kicherte. „Das klingt, als ob du ständig in meinem Kopf herumspuken müsstest. Zumindest kommst du in letzter Zeit häufig in meinen Gedanken vor.“
    „Ich würde nie gegen deinen Willen oder ohne deine Kenntnis in deinen Geist eindringen “, sagte Raphael betreten. „Würde ich dich in deinen Gedanken besuchen wollen, würde ich mich nie vor dir verstecken. Du würdest wissen, dass ich da bin und ich würde nicht länger bleiben, als du es mir gestattest.“
    „Ich weiß “, erwiderte Eleanor. „Ich vertraue dir.“
    Raphael wurde plötzlich ganz still. „Vertrauen“, dachte er. „Was für eine sonderbare Gabe.“ Als Engel besaß man so viel Macht, dass man selbst niemandem Vertrauen entgegenbringen musste, denn man war auf niemanden angewiesen. Ebenso wenig musste man sich selbst das Vertrauen eines anderen verdienen. Raphael erkannte, dass Eleanor ihm etwas geschenkt hatte, was bislang kein Engel außer ihm besaß – Eleanors Vertrauen war einzigartig.
    „Ich wollte heute schauen, ob Bess im Sanatorium ist “, sagte Eleanor nach einer Weile. „Hast du Lust sie kennenzulernen?“
    „Wer ist Bess?“, fragte Raphael irritiert.
    „Sie ist die Tochter von Schwester Veronica. Ich habe sie selber erst vor ein paar Tagen kennengelernt, aber sie ist sehr nett.“
    „ Mmh, nein. Ich denke nicht“, stammelte Raphael. „Ich habe ohnehin Dr. Marcus versprochen, bei ihm vorbeizusehen. Offenbar bin ich zurzeit sein Lieblingspatient.“
    „Du interessierst ihn eben “, grinste Eleanor ihn an. „Seit Jahren vegetierst du hier teilnahmslos vor dich hin. Plötzlich wachst du auf und interessierst dich sofort für eine Insassin dieses Ladens, die gerade erst einen Selbstmordversuch hinter sich hat. Kein Wunder, dass Dr. Marcus wissen will, wer sich hinter dir verbirgt.“
    „Ist wohl so “, antwortete Raphael mit einem säuerlichen Lächeln. „Nun ja, ich bin so viele Jahre hier gepflegt worden, dass es wohl das mindeste ist, Dr. Marcus‘ Neugier wenigstens ein bisschen entgegenzukommen.“
    „Du wirst ihm doch wohl kaum sagen, was es mit dir auf sich hat.“
    „Nein“, lachte Raphael. „Aber den Ahnungslosen mit Gedächtnisverlust zu spielen wird ihm zumindest das Gefühl geben, sein Bestes versucht zu haben.“
    Eleanor lachte. „Gut, dann sehen wir uns heute Nachmittag?“
    Raphael nickte. Sie standen beide auf, nickten noch einmal freundlich zu Dr. Marcus hinüber und verließen dann gemeinsam den Speisesaal.
     
    Eleanor traf Bess in der Eingangshalle von Stratton Hall.
    „Elli “, rief Bess, als sie ihre Freundin den Korridor entlangkommen sah. „Ich wollte dich gerade suchen gehen. Meine Mom und ich fahren heute runter in die Stadt. Hast du Lust, mit uns mitzufahren?“
    „Ja... gern, natürlich “, stotterte Eleanor und lächelte dabei etwas irritiert. Damit hatte sie nun kaum gerechnet, aber es kam ihr eigentlich gelegen, endlich einmal aus diesem Sanatorium herauszukommen. Dafür hätte sie mittlerweile fast alles getan.
    „Ich muss noch eben Schwester Emily Bescheid sagen, damit sie meinen Nachmittagstermin bei Dr. Marcus absagt“, warf sie ein. „Ich nehme an, dass er nicht allzu viel dagegen haben wird. Normale Aktivitäten seiner Patienten sind ihm zweifellos lieber, als unnütze Therapiesitzungen.“
    Bess ni ckte und Eleanor wandte sich um und ging zurück auf ihre Station, um nach Schwester Emily zu suchen. Nur wenige Minuten später verließ sie Stratton Hall durch das große Hauptportal und lief den Weg hinunter zum AngestelltenParkplatz. Dort warteten Schwester Veronica und ihre Tochter bereits neben einem alten Ford Fiesta. Der unvermeidbare Nieselregen hatte wieder eingesetzt, aber heute lag keine dichte finstere Wolkendecke über der Landschaft. An vielen Stellen riss ein frischer Wind die Wolken auseinander und gab den Blick auf blauen Himmel frei. Sonnenstrahlen schoben sich zwischen den Wolkenfetzen hindurch und tauchten das Land in einen bewegten Flickenteppich aus Licht und Schatten. Es roch nach frischer Feuchtigkeit, nach Gras

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