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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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mehr und mehr ab und auch innerhalb des großen Hauses senkte sich der Geräuschpegel auf das nächtliche Niveau geflüsterter Stimmen und leiser Schritte.
    „Raphael “, zuckte Eleanor erschrocken zusammen. Ihr Blick glitt zum Fenster, das allerdings geschlossen war. „Wie bist du hier hereingekommen?“
    „Ich brauche keine geöffneten Fenster , um hier hineinzugelangen. Das weißt du doch. Mit meinem Körper kann ich auch durch Mauern gehen.“
    Eleanor grinste Raphael fasziniert an. „Warum bist du hier?“, fragte sie schließlich.
    „Ich will dir auch heute Nacht etwas zeigen, was dir helfen wird, gegen Samael zu bestehen.“
    „Müssen wir dafür weit weg?“
    „Nein, unsere Körper müssen diesen Raum nicht verlassen“, erwiderte Raphael. „Aber wir werden dennoch an einem Ort sein, den vor dir noch kein Mensch besucht hat.“
    „Du machst mich neugierig. Was für ein Ort mag das sein und wie kommen wir dorthin?“
    „Du musst nichts weiter tun, als die Augen zu schließen “, sagte Raphael, während er ihre Hand ergriff. Er führte Eleanor zu einem Stuhl und ließ sie sich niedersetzen. Dann beugte er sich zu ihr hinab und legte seine Stirn an die ihre. Eleanor schloss instinktiv die Augen. Zunächst geschah nichts. Doch nach einigen Augenblicken schien sich die Welt um sie zu wandeln. Die Dunkelheit machte einer hellen und weiten Ebene Platz und Eleanor wusste instinktiv, dass sie nun sah, was Raphael sah. Sie war in seinem Geist und folgte ihm an den Ort, zu dem er sich mit ihr begab.
    Die Landschaft veränderte sich. Sie wurde zu einem Gebirge, das seine Gipfel gen Himmel streckte und Eleanor flog zwischen den gewaltigen Steinriesen der Berge hindurch. Ein kleines Tal erschien vor ihren Augen. Ein winziger, grüner Fleck zwischen den riesigen Bergmassen, die von allen Seiten darauf eindrangen und es zu erdrücken drohten. Und dort stand ein Haus. Es war klein und aus Holz errichtet. In seiner Winzigkeit und seinem rustikalen Äußeren ähnelte es einer Bergrettungshütte oder einer kleinen Alm. Es wirkte unbedeutend und schutzlos.
    „Wir sind angekommen “, erklang Raphaels Stimme, als sie vor der Tür des Häuschens zu stehen kamen. Eleanor blickte irritiert zu ihm empor. Es erschien ihr unvorstellbar, dass hier jemand leben könnte, der ihr im Kampf mit Samael eine Hilfe zu sein vermochte.
    „Wo sind wir hier?“, fragte sie.
    „Wir stehen vor einem Toten Palast“, antwortete Raphael.
    Eleanor blieb vor Staunen der Mund offen stehen. „Das hier? Das ist ein Toter Palast? So wie die Traumwelt, in der du gelebt hast?“, fragte sie ungläubig.
    „Aber ja “, lachte Raphael. „Jeder Engel, der sich in seinen eigenen Geist zurückzieht, erschafft sich seine eigene Traumwelt. Je nachdem, wie es um seine geistige Beschaffenheit bestellt ist, bildet sich auch die Umwelt in seinem Geist. Du kannst es mit menschlichen Gefühlen vergleichen. Wenn es dir schlecht geht, so siehst du auch deine Umwelt in schlechtem Licht. Du kannst dich auch an den schönsten Dingen nicht erfreuen und wirst kaum mitbekommen, dass draußen die Sonne scheint und die Vögel singen. Geht es dir hingegen gut, vermag dir auch ein finsterer Regentag die Laune nicht zu verhageln. Genau so ist es um die Gedankenpaläste von Engeln bestellt – sie sehen so aus, wie wir uns fühlen.“
    „Ich verstehe.“ Eleanor sah sich um und dachte nach. „Aus diesem Grund hat sich dein Toter Palast verändert, nachdem du mich kennengelernt hast.“
    Raphael senkte für einen kurzen Moment den Blick. Dann nickte er.
    „Wenn hier ein Engel lebt ,“, fuhr Eleanor fort. „dann ist es jemand, der sich zwar von der Welt zurückgezogen hat. Aber er ist nicht wirklich unglücklich. Die Landschaft ist viel zu schön, als das er krank in der Seele sein könnte.“
    „Beinahe “, lächelte Raphael. „Du liegst fast richtig. Bis auf den Umstand, dass hier nicht ein Engel wohnt, sondern zwei.“
    Mit diesen Worten öffnete Raphae l die robuste Holztür, die ins Innere des Hauses führte und ging voran. Eleanor war gerade im Begriff ihm zu folgen, als ein Schatten zwischen sie und die Tür trat.
    „Hallo, Uriel “, erklang Raphaels Stimme hinter der Gestalt. Er trat einen Schritt zurück und stand nun neben der zweiten Person in der Tür.
    Uriel blickte Eleanor unverwandt an. Er war von ebenso hoher Statur wie Raphael und auch seine Gesichtszüge ähnelten denen seines Artgenossen sehr. Eleanor erkannte auf den erste n Blick, dass beide

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