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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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davon zu erzählen, wie Elizabeth ihre unsterbliche Seele eingebüßt hatte. So entschied sie sich, Bess nur die offizielle Polizeiversion zu erzählen. In wenigen, knappen Worten schilderte sie, wie sie im Beisein von Bess‘ Mutter gegen die Geheimtür gestolpert war und dadurch den Türmechanismus ausgelöst hatte. Über das Skelett selbst gab sie vor, nichts zu wissen.
    Bess schien enttäuscht. „Schade “, sagte sie und verzog den Mund. „Das hatte ich alles schon von Mom gehört. Ich hatte gehofft, dass du mehr Informationen hättest. Hast du das Kleid gesehen? Mom war sich nicht sicher, aber sie meinte, dass es alt ausgesehen habe.“
    „Ja “, antwortete Eleanor. „Ich saß gerade beim Kommissar, als einer der Gerichtsmediziner hereinkam. Er sagte, dass es ein junges Mädchen gewesen sei, dass wohl schon rund hundertfünfzig Jahre lang dort liegen muss.“
    „ Unglaublich.“ Bess blickte fasziniert vor sich hin. „Wer hätte gedacht, dass in diesem alten Kasten mal etwas passiert? Zeigst du mir nachher die Geheimtür?“
    Eleanor nickte. Dann verloren sich ihre Gedanken und sie nahm Bess nicht mehr wahr, die bereits von anderen Dingen zu sprechen begonnen hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie abrupt in die Realität zurückfand. Bess saß vor ihr und sah sie erwartungsvoll an. Sie hatte zu sprechen aufgehört.
    „Was? Was hast du gesagt?“, stammelte Eleanor und lief rot an.
    „Wo warst du denn gerade?“, grinste Bess. „Ich habe von Michael gesprochen. Der Spinner redet in letzter Zeit ständig von dir.“
    „Spinner? Wieso Spinner?“, fragte Eleanor verwirrt.
    „Er ist mein Bruder. Also ist er von Berufs wegen ein Spinner.“
    Eleanor nickte lahm. Dieses Gespräch begann eine merkwürdige Wendung zu nehmen.
    „Ich glaube, er interessiert sich für dich “, fuhr Bess fort. „Ich habe bislang nicht gewusst, dass er auf Dunkelhaarige steht.“
    Eleanor zuckte innerlich zusammen. Wenn sie an Michael dachte, durchlief sie jedes Mal ein Schauer. Er war genau der Typ Junge, den sie in der Schule immer schon gemocht hatte… und von dem sie nie für voll genommen worden war. Solche Jungs standen auf Mädchen wie Bess – lustig, offen und am besten blond. Eleanor fühlte sich unbehaglich, wenn sie an ihre Enttäuschungen denken musste, die mit Jungs zu tun hatten. Immerhin war es etwas völlig Neues für sie, dass ein Junge Interesse an ihr zeigte. Es fiel ihr schwer, Bess in dieser Sache Glauben zu schenken.
    „Was ist los mit dir?“, fragte Bess besorgt und legte ihre Hand auf Eleanors Arm. „Du siehst auf einmal kreidebleich aus. Habe ich etwas Falsches gesagt?“
    „Nein, nein…“, stammelte Eleanor. „Es ist nichts… bist du mit deinem Frühstück fertig?“
    Bess nickt und strahlte Eleanor an. „Schauen wir uns jetzt die Geheimtür an?“
    Eleanor zwang sich zu einem unbekümmerten Lächeln und nickte ebenfalls. Gemeinsam erhoben sich die beiden, brachten ihre Tabletts zurück und verließen den Speisesaal. Sie gingen zunächst in die zentrale Eingangshalle zurück, dort bogen sie in den Westflügel ein und gingen seine langen Korridore entlang, bis sie im westlichen Treppenhaus standen. Doch statt in den ersten Stock zu gehen, entschloss Eleanor sich um. Sie lenkte ihre Schritte nach unten, zum Fuß der Treppe im Kellergeschoss, wo sie den Geist Elizabeths wusste. Bess folgte ihr neugierig und ohne Fragen zu stellen.
    Schließlich standen sie an der untersten Stufe des Treppenhauses. Vor ihnen befand sich lediglich die Kellertür, sonst gab es nichts an diesem Ort. Doch obwohl Eleanor Elizabeths Geist aufgrund des Tageslichts, dass bis hierher drang, nicht sehen konnte, so spürte sie doch die starken Emotionen, die von diesem kleinen Fleck ausgingen. Kein Zweifel – Elizabeth war hier, hier bei ihnen.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Eleanor Bess. Doch Bess schien nichts von den Gefühlen zu spüren, die an diesem Ort die Wände entlang wallten und sie von überall her umgaben. Es gab keinen Zweifel, auch in völliger Dunkelheit hätte Bess den Geist Elizabeths nicht zu sehen oder zu hören vermocht.
    „Was tun wir hier unten?“ , fragte Bess schließlich. „Sollte die Tür nicht weiter oben sein?“
    „Ja, natürlich.“ Eleanor lächelte entschuldigend. „Ich wollte nur einmal eben diesen Teil des Treppenhauses ansehen.“
    Bess nickte und gemeinsam gingen sie nun in den zweiten Stock. Sehr zu Bess‘ Enttäuschung war die Geheimtür durch ein Polizeiband

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