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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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hineinsehen. Sie geht davon aus, dass du durch das Schlafmittel tief und fest schlafen wirst. Der nächste Kontrollgang wird erst in zweieinhalb Stunden sein. Bis dahin dürften wir niemandem begegnen.“
    „Weißt du, wo wir sie finden können?“
    „Natürlich im westlichen Treppenhaus “, sagte Raphael.
    Entschlossen stand Eleanor auf und zog sich eine Jogginghose und Socken an. Dann schlüpfte sie in ihre Hausschuhe und sah Raphael auffordernd an. Dieser erhob sich grinsend und folgte Eleanor auf den Flur. Leise schlossen sie die Tür und begaben sich in den Westflügel.
    Die Flure von Stratton Hall lagen im tiefsten Dunkel und schienen um diese Uhrzeit vollkommen verwaist. Sie hörten keine Stimmen, trafen keinen Menschen, sahen kein Anzeichen für Leben in diesem mächtigen, alten Haus. Vorsichtig schlichen sie von Gang zu Gang, bis sie die Tür zum westlichen Treppenhaus vor sich sahen. Zögernd drückte Eleanor die Türklinke herunter und schob die dicke Eichentür auf. Raphael folgte ihr und nun standen sie beide im Treppenhaus. Eleanor sah Raphael fragend an, dieser wies stumm nach unten.
    Schritt für Schritt gingen sie nun die Treppe hinab und mit jeder weiteren Stufe wuchs in Eleanor das Gefühl der Angst. Instinktiv griff ihre Hand nach Raphael und tatsächlich machte seine Berührung es ein wenig besser. Er umschloss ihre Finger und drückte sie sanft.
    Noch bevor sie unten angelangt waren, sah Eleanor den hellen Schatten von Elizabeths Seele auf dem Boden des Treppenhauses hocken. Ebenso wie William Foltridge es getan hatte, wiegte auch sie sich sanft hin und her und schien ihre Umwelt kaum wahrzunehmen.
    „Hallo, Elizabeth!“, sprach Eleanor, nachdem sie unmittelbar hinter ihr stehengeblieben waren.
    Der Schatten schrak auf und wandte sich blitzschnell um. Er wankte einige Schritte zurück, dann blieb er stehen und verharrte vollkommen still.
    „Du bist zu mir gekommen “, hauchte die ferne Stimme so leise, dass es kaum zu hören war.
    Ein Gefühl der Verwirrung überlagerte die Angst, die von dem kleinen Punkt am unteren Ende der Treppe ausging.
    „Und du hast den traurigen Engel mitgebracht.“
    Raphael und Eleanor sahen sich überrascht an.
    „Woher weißt du von ihm?“, fragte Eleanor.
    „Sie hat mich beobachtet“, sagte Raphael, während sich langsam ein Ausdruck des Verstehens auf seinem Gesicht ausbreitete. „Sie war in meinem Toten Palast und hat mich heimlich verfolgt. Als Geist konnte sie tun, was ihr zu Lebzeiten nie gelungen wäre. Nur weil ich in diesem Haus stets in ihrer Nähe war, hat sie meinen Palast entdecken können und nur weil ich zu apathisch war, um irgendetwas wahrnehmen zu können, habe ich sie nicht entdeckt, wenn sie mich in meiner Traumwelt besuchen kam.“
    Elizabeths Schatten schien zu nicken. „Das stimmt “, sagte sie. „Eines Tages betrat ich das Zimmer, das ihr ‚Nummer Sieben‘ nennt. Zu meiner Zeit war es ein Dienstbotenraum. Als ich die Tür öffnete, stand ich in einer riesigen Halle, die ich nicht kannte. Aber ich wusste sofort, dass ich eine Traumwelt betreten hatte. In den folgenden Nächten schlich ich mich immer wieder durch die Gänge dieses Palastes, bis ich schließlich auf den traurigen Engel stieß. Erst wollte ich ihn ansprechen, doch ich wagte es nicht.“
    Ein Lächeln glitt über Eleanors Gesicht. „Daher hast du auch von mir erfahren, richtig?“
    „Ja “, hauchte Elizabeths ferne Stimme. „Ich sah heimlich zu, wie der Engel Raphael mit einem anderen sprach, der sich Samael nannte. Ich hatte schreckliche Angst, dass Samael mich entdecken könnte, doch ich blieb und lauschte.“
    „Du hast Glück gehabt, dass er dich nicht gesehen oder auch nur gespürt hat “, wandte Raphael scharf ein. „Die Konsequenzen für dich wären verheerend gewesen!“
    Elizabeths Schatten verstummte und machte sich unwillkürlich kleiner, als Raphael sie so zurecht wies.
    „Verzeiht mir, Engel “, wimmerte sie und schien sich vor ihm zu winden.
    „Raphael, können wir nicht irgendetwas für sie tun?“, fragte Eleanor schließlich. „Sie mag ihre Seele verkauft haben, aber eigentlich hat sie doch zu Lebzeiten nicht gesündigt, oder?“
    „Eleanor, hast du denn nicht zugehört?“, erwiderte Raphael aufgebracht. „Sie hat ihre Seele verkauft. Verstehst du? Verkauft! Um in Gottes Licht gehen zu können, müsste Asasel ihre Seele freigeben. Er müsste sie schon loslassen und wie wahrscheinlich ist wohl, dass er das tut?“
    „Dann müssen wir

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