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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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ihn dazu zwingen!“
    Raphael blickte überrascht drein. „Du willst einen Engel zwingen? Ich bin gespannt, wie du das bewerkstelligen willst.“
    „Mir wird etwas einfallen “, erwiderte Eleanor bestimmt und ging entschlossen die letzten Treppen zum Schatten von Elizabeths Seele hinunter. Noch immer schien der helle Schatten zu weinen. Er zitterte und wand sich, während neue Wellen der Angst und Verzweiflung über Eleanor hinweg brandeten. Doch es gelang ihr nun immer besser, diese Gefühle unter Kontrolle zu halten. Sie wusste nun, dass es nicht ihre eigenen waren, sondern die des Geistes, der unter ihnen litt und sie unwillentlich auf seine Umwelt übertrug.
    „Elizabeth “, sagte sie sanft. „Hab keine Angst mehr. Du bist nicht länger allein.“
    „Ja “, erklang eine ferne, zitternde und verweinte Stimme. „Das ist gut. Weißt du, seit wie vielen Jahren ich mit keiner Menschenseele mehr gesprochen habe? Seit fast hundertvierzig Jahren. Es ist gut, dass du da bist, Eleanor.“
    Eleanor hätte den weinenden Schatten vor sich am liebsten in die Arme geschlossen, doch sie wusste, dass dies aussichtslos war. Seelen fängt man ebenso wenig wie Rauch.
    „Es ist gut, dass sie meinen Körper weggebracht haben“, war die traurige Stimme von Elizabeth wieder zu vernehmen. „Manchmal zog es mich in die kleine Kammer und ich habe ihn mir angesehen. Es hat mich jedes Mal fast zerbrochen, wenn ich sah, was aus mir geworden war. Ein Haufen Knochen, der nichts mehr tun kann. Ich habe dann immer so schrecklich bereut, dass ich so viele Dinge nicht mehr tun kann. Ich wollte immer nach Amerika und die Rocky Mountains sehen. Ich habe nie einen Jungen geküsst…“
    Der letzte Satz war so leise gewesen, dass Eleanor ihn kaum verstanden hatte. Ihr wurde erst jetzt bewusst, welch schreckliche Strafe der Tod sein musste, wenn man gezwungen war, hier auf der Erde zu bleiben. Wenn man bis in alle Ewigkeit damit leben musste, dass es nun für alles, was man zu Lebzeiten nicht getan hatte, unwiderruflich zu spät war.
    „Das tut mir leid“, sagte Eleanor leise.
    Eine Weile war es ganz still. Dann sagte Raphael: „Wir sollten aufbrechen. Ich denke, dass der nächste Kontrollgang bald beginnt . Wenn wir hierbleiben, riskieren wir entdeckt zu werden.“
    Eleanor nickte. Sie wandte sich noch einmal an den Schatten von Elizabeths Seele, die aufgehört hatte, zu weinen. „Wir müssen gehen “, sagte sie. „Aber wir sehen uns wieder, das verspreche ich.“
    Elizabeth nickte. „Danke “, erklang ihre Stimme. „Hab vielen Dank.“
    Gemeinsam mit Raphael ging Eleanor die Treppe hinauf und ließ den kleinen Schatten Elizabeths unten am Fuß der Treppe zurück. Sie verließen das westliche Treppenhaus und schlichen durch die finsteren, menschenleeren Korridore von Stratton Hall zurück in den Ostflügel, bis sie vor Eleanors Tür standen.
    „Das hast du gut gemacht “, sagte Raphael. „Ich denke nicht, dass wir Elizabeths Seele retten können. Aber es hat ihr schon sehr geholfen, endlich einmal wieder mit einem Lebenden sprechen zu können. Das gab ihr das Gefühl, nicht mehr ganz so allein zu sein.“
    Eleanor nickte. „Sie tut mir wirklich leid “, sagte sie. „Sie hat ihr ganzes Leben lang nichts als Verzweiflung und Kummer gekannt, und dieser Asasel hat das ausgenutzt und sie in die Verdammnis getrieben.“
    „Siehst du, Eleanor. Genauso arbeiten gefallene Engel gern. Sie suchen sich Opfer aus, die sich in ausweglosen Situationen zu befinden glauben und liefern ihnen eine vermeintliche Alternative. Sieh dich vor – denn Samael würde es bei dir ebenso machen, wenn er könnte.“
     
    Der nächste Morgen brachte Eleanor eine angenehme Überraschung. Sie traf ihre Freundin Bess bereits im Frühstückssaal . Die beiden setzten sich gemeinsam an einen Tisch und Bess strahlte Eleanor an.
    „Mann, was für aufregende Sachen hast du gestern erlebt?“, begann sie sofort. „Von Stratton bis Bude steht alles Kopf und spricht von dem Skelett, das du gestern in dieser Geheimkammer gefunden hast. Du musst mir unbedingt davon erzählen.“
    Eleanor zögerte. Es war schwer zu bestimmen, was sie Bess erzählen konnte und was nicht. Zweifellos würde ihre Freundin sie für verrückt halten, wenn sie ihr über verdammte Seelen und gefallene Engel erzählte. Und ihre Freundschaft zu Bess war ihr zu wichtig, um sie durch solche Geschichten aufs Spiel zu setzen. Ohnehin wäre es ihr wie ein Verrat an Elizabeth erschienen, jemandem

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