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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Trotzdem – nicht aufgeben. Extrem nach vorne gekrümmt versuche ich, kleine Trippelschritte zu machen.
    Aber wohin?
    Die Haustür ist abgeschlossen, ein Festnetztelefon hat Robert nicht. Bleibt also nur der Balkon. Aber nicht mit den Ketten. Die müssen weg! Ob ich das mit einem Messer schaffen würde? In manchen Krimis werden doch Schlösser mit einer Haarnadel geknackt! Ich muss es wenigstens versuchen.
    Ich bewege mich in winzigen Schritten in Richtung Küche. Es geht, nur die Schnalle drückt wahnsinnig. Endlich stehe ich schweißüberströmt vor der Besteckschublade, aber ich kann meine Hände nicht weiter als auf Kniehöhe bringen, ohne meine Füße abzureißen. Die Schublade ist aber auf Oberschenkelhöhe. Was jetzt?
    Ich brauche etwas, auf das ich mich stellen kann. Quatsch, nein, ich versuche es mit meinem Mund, ich probiere mit den Zähnen, die Schublade aufzukriegen.
    Mann, ist das schwer. Endlich hab ich sie auf – und jetzt?
    Ich würde mich so gern gerade hinstellen, um hineinzuschauen, außerdem tut mein Rücken höllisch weh und der elende Gürtel drückt, ich muss die Schnalle nach hinten drehen, um besser denken zu können.
    Als ich die Schnalle öffne, spüren meine Fingerkuppen die Geheimtasche, in der immer noch Valles Schlüssel steckt. Plötzlich zittere ich am ganzen Körper. Was wäre, wenn... nein, Unsinn, das kann doch nicht...Ich muss leise lachen, wenn das wahr wäre. Blödsinn.
    Blödsinn vielleicht. Aber einen Versuch wert.
    Ich schleppe mich zu der Bücherwand, doch das Regal mit den Büchern über Mozart ist auf Schulterhöhe. Ich brauche einen Stuhl oder so etwas.
    Da, ich höre ein Geräusch, es kommt von der Tür. Was jetzt? Ich halte die Luft an, verfluche den Puls, der in meinen Ohren dröhnt, weil ich unbedingt hören muss, ob Robert wieder zurückgekommen ist.
    Nichts.
    Aber der Gedanke daran, dass er jederzeit hier auftauchen könnte, macht mir klar, wie sehr ich mich beeilen muss.
    Valle ist mein Geschenk an Luzifer – heute Abend.
    Wie spät ist es? Ich habe jedes Zeitgefühl verloren. Nachmittag auf jeden Fall! Später Nachmittag, denn draußen ist es schon dunkel.
    So schnell ich kann, und das ist furchtbar langsam, schiebe ich den schwarzen Ledersessel vor das Regal und stelle mich schwer atmend darauf. Immer noch zu tief, verdammt. Ich muss irgendwie auf die Lehne, aber das ist eine wacklige Angelegenheit, so verschnürt, wie ich bin. Immerhin schaffe ich es, mich mit den Knien draufzustützen, packe die Bücher, feuere sie vom Regal auf den Boden und sehe das Schloss eines schmutzig beigen Metallkastens vor mir. Es ist kein Safe mit einem Drehknopf oder einer Kombination. Nur ein ganz gewöhnliches Schloss.
    Meine Hände zittern wie Espenlaub, als ich den Schlüssel vorwärts zum Schloss bewege, die Fesseln an den Fußgelenken schneiden tief ein.
    »Bitte«, murmle ich, »bitte, pass da rein, für Kati, für Valle.« Aber meine Hände zittern so stark, dass ich es nicht schaffe, den Schlüssel in das Schloss zu stecken.
    Ich atme tief durch.
    Toni, dein Leben hängt davon ab, jetzt mach ein Mal in deinem Leben etwas richtig!
    Ich versuche es wieder und ramme den Schlüssel in die Öffnung. Er bleibt stecken! Er bleibt stecken!
    Aber ich verliere mein Gleichgewicht, falle von der Lehne auf den Boden. Mein Rücken schmerzt, meine Schulter kracht und an den Fußgelenken tropft Blut durch die Socken, so tief haben die scharfen Kanten der Fesseln eingeschnitten, aber das alles spielt keine Rolle, denn ich hab mich schon wieder aufgerappelt.
    Ich weiß, ich werde es schaffen.
    Ich muss es schaffen.
    Verbissen kämpfe ich mich auf die Knie, von den Knien auf die Füße, dann auf den Sessel und noch mal auf die Lehne, ich zittere jetzt am ganzen Körper und kalter Schweiß rinnt mir über das Gesicht. Da! Ich drehe den Schlüssel um, es klickt leise und dann ist das Schloss offen.
    Es ist offen!
    Jetzt weiter, los, beeile dich, los, los, nimm als Erstes den Schlüssel für diese beschissenen Handschellen.
    Runter von dem Sessel! Bloß den Schlüssel nicht loslassen! Jetzt aufsperren, schnell.
    Verdammt. Verdammt. Verdammt.
    Mit den gefesselten Händen schaffe ich es nicht, den Schlüssel ins Schloss zu stecken.
    Dein Mund, deine Zähne. Ich krümme mich auf dem Sofa so zusammen, dass mein Mund über dem Schloss der Handschellen ist, stecke den Schlüssel rein, das ist leicht, dann versuche ich zu drehen, aber es geht nicht. Der Widerstand ist zu groß.
    Tränen schießen

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