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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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mir in die Augen, tropfen auf die Handschellen.
    Spinnst du jetzt, Toni? Los, heulen hilft nichts, noch mal probieren! Ich beiße fest zu und drehe den Kopf, der Widerstand ist gigantisch.
    Stelle dir nur mal sein Gesicht vor, wenn er jetzt käme, los, noch mal.
    Ich packe fest zu, male mir aus, ich würde Robert in den Arm beißen, lege all meinen Zorn in diesen festen Biss und drehe meine Hände in die entgegengesetzte Richtung – und da, die Schellen springen auf.
    Ich starre auf meine Hände, sie sind frei! Ich bücke mich zu den Füßen und öffne die Schellen, ein wunderbares Gefühl.
    Tempo, Tempo, Tempo!
    Ich muss alles mitnehmen, was Robert in dem Fach eingeschlossen hatte, dann nichts wie raus hier. Ich suche in der Küche nach einer Tüte, finde keine, dann eben ein Geschirrtuch, nein, das ist zu klein. Ich renne ins Schlafzimmer und greife mir ein Kopfkissen, reiße den Bezug herunter und stürme damit zurück ins Wohnzimmer. In null Komma nichts bin ich auf dem Sessel und schiebe mit einer Handbewegung alles in den Kissenbezug. Ich verschwende keinen Blick auf meine Beute, ich darf keine Zeit verlieren.
    Mit einem Ruck ziehe ich den Reißverschluss vom Kopfkissen zu und knote es an meinen Gürtel – was für ein wunderbarer Gürtel, nie werde ich mir einen Prada-Gürtel kaufen!
    Jetzt rüber auf den Balkon.
    Der Fuchsbau gilt zwar als architektonische Meisterleistung der Siebziger, doch ich finde ihn einfach nur hässlich. Allerdings bietet er jetzt einen großen Vorteil für mich, denn die im Balkon integrierten Betonblumenkästen sind so konzipiert, dass sie bis zum Nachbarbalkon reichen.
    Ein Glück für mich – denn durch die Wohnungstür kann ich ja nicht.
    Ich schaue zur Nachbarwohnung. Es müsste ganz leicht sein, auf den Balkon nebenan zu kommen. Doch die Balkonkästen sind relativ weit oben, ich brauche einen Stuhl. Also renne ich zurück in die Küchenecke, nehme einen Holzstuhl und trage ihn auf den Balkon, stelle ihn in die linke Ecke, von wo aus ich auf die Balustrade steigen kann, neben einem Betonkasten mit hässlichen Friedhofseiben – nein, jetzt nicht an Friedhof denken...
    Ich taste mich an der Wand entlang – komischerweise habe ich in meinem linken Arm absolut kein Gefühl, er reagiert auch nicht auf meine Kommandos, weshalb ich nur mit dem rechten arbeiten kann, was das Ganze sehr viel mühsamer macht, als ich dachte. Ich schiebe mich langsam nach vorne, bis ich die Stelle erreiche, wo ich um den Wandvorsprung herum auf das Betonblumenbeet nebenan klettern kann.
    Nicht nach unten schauen. Es ist sowieso dunkel. Ein dunkles schwarzes Loch.
    Blick nach vorn!
    Den linken Fuß zuerst rüber, mein Atem geht so schnell wie noch nie, ruhiger, Toni, nicht so zittern.
    Mein Fuß ist drüben, setzt auf einem kraterartigen Boden auf, nur kein Fehltritt, ich taste und suche nach Halt, jetzt den rechten Fuß nachziehen.
    Aber dieser miese linke Arm will mich nicht halten, ich kann mich nur mit rechts abstützen, dann leicht drehen und mit rechts ziehen. Der blöde Kopfkissenbezug stört, aber er muss mit. Ohne ihn wäre alles umsonst.
    Jetzt noch mal, ganz langsam, Vorsicht! Langsam und rüberziehen.
    Geschafft!
    Ich stehe im Beet des Nachbarbalkons, mit dem Rücken an die Trennwand gestützt. Meine Beine sind superwackelig, aber wenigstens knicken sie nicht ein.
    Mittlerweile ist es so dunkel, dass ich nicht mal sehen kann, wo der Boden vom Balkon ist, aber ich muss hier wieder runter, und zwar schnell.
    Ich gehe, eng an die Wand gepresst, in die Knie, was stechende Schmerzen im Rücken auslöst, dann lasse ich mich auf den Po herunter, au! Pflanzenstängel bohren sich durch meine Hose, also schnell weiter.
    Ich zähle bis drei, dann muss ich springen, ich muss hier weg, also los!
    Eins, zwei drei. Ich springe ins Dunkle.
    Es rumst, ich lande mit voller Wucht auf einer Kante, komme mit dem rechten Fuß nur halb auf, er verdreht sich ins Leere, mein Hintern donnert auf etwas unglaublich Hartes, rutscht dann auch weg, sodass ich auf den Rücken falle. Gleichzeitig klirrt und scheppert es so laut, dass ich damit Tote aufgeweckt haben müsste.
    Als ich mich aufrichten will, greife ich mit der rechten Hand in etwas Spitzes, mein Daumen tut entsetzlich weh und Blut läuft warm über meine Hand. In meinen Ohren dröhnt immer noch dieses Klirren, als mir endlich klar wird, was passiert ist.
    Ich bin in einen Stapel Getränkekästen gesprungen und habe ihn umgeworfen. Nachdem sich meine Augen jetzt

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