Hoellenfluestern
kaum dass er wutschnaubend das Haus verlassen hatte.
Und dann war da noch Justine Armando, die Frau, mit der er die Nacht verbracht hatte. Justine war ein Neuzugang in Becks Leben, eine freiberufliche Journalistin, die zur gleichen Zeit wie die Jäger nach Atlanta gekommen war. Sie folgte den Teams, die überall auf der Welt die Drecksarbeit für den Vatikan erledigten, und schrieb Zeitungsberichte über ihre Heldentaten. Sie hatte Beck zweimal interviewt. Dann waren sie einen Schritt weitergegangen, und er war in ihrem Bett gelandet. Dort war er auch heute Morgen gewesen, im selben Hotel wie jetzt, als Rileys panischer Anruf ihn erreicht hatte. Als er ihre entsetzte Stimme gehört hatte, war er aus Justines Armen geschlüpft und zur Tür hinausgestürmt, überzeugt, dass Pauls Tochter in ernster Gefahr schwebte.
Hatte er Justine erzählt, wo Riley war? Er musste sich eingestehen, dass er sich nicht sicher war. Alles, woran Beck sich erinnern konnte, war ihr gereiztes Stirnrunzeln, als er sich für einen Abschiedskuss über sie gebeugt hatte.
Sie kann es nicht gewesen sein . Er war nicht bereit, das zu akzeptieren, obwohl er wusste, dass Riley das auf der Stelle glauben würde. Er hatte noch im Ohr, wie sie ihn vor Justine warnte und ihm prophezeite, dass sie ihm wehtun würde.
Die Vorstellung, er könnte irgendwie für Rileys Probleme verantwortlich sein, machte ihn wütend. Wenn sie seinen Rat angenommen hätte, würde sie jetzt nicht in der Scheiße sitzen. Egal, wie sauer er war, er war der Erste, der zugab, dass seine Worte und seine Gefühle miteinander im Krieg lagen. Jeder machte mal Fehler. Aber die meisten Leute endeten dafür nicht in der Hölle oder hatten deswegen die Kirche im Nacken.
Als es an der Tür klopfte, spähte der Wachmann aufmerksam durch den Spion, ehe er öffnete, um einen ernsten Leutnant Amundson hereinzulassen.
»Meister Stewart weiß, dass Sie in Haft sind und erst wieder gehen dürfen, wenn wir das Blackthorne-Mädchen haben«, sagte er mit seinem starken Akzent.
»Wenn das so ist, wie sieht’s dann mit Frühstück aus?«
Der Leutnant stieß ein Grunzen aus, dann schloss sich die Tür hinter ihm. Beck starrte die Decke an, doch alles, woran er denken konnte, war Blackthornes Tochter. An ihre Tränen und seine unbarmherzige Wut. Wie elend er sich gefühlt hatte, als sie ihm erzählte, was sie getan hatte.
Es war besser, dass er keine Ahnung hatte, wo Riley Blackthorne sich versteckte. So, wie er im Moment drauf war, würde er sie glatt höchstpersönlich den Jägern überreichen.
3.
Kapitel
Riley versuchte, sich auf ihrem Weg durch Morts Haus nicht zu verlaufen. Das Gebäude war größer, als sie anfangs gedacht hatte, mit Wänden aus alten Ziegelsteinen und freiliegenden Holzbalken an den Decken. Irgendwie ziemlich cool, wenn man labyrinthartige Lagerhäuser mochte.
In dem runden Raum, den Mort als Büro nutzte, fiel die späte Nachmittagssonne durch die Oberlichter und bildete goldene Pfützen auf dem abgenutzten Holzfußboden. Der Totenbeschwörer und ihr Vater saßen sich, ins Gespräch vertieft, auf den Bänken eines Picknicktischs gegenüber.
Mortimer Alexander war etwa so groß wie Riley, aber um einiges breiter, hatte ein sympathisches, rundes Gesicht und ein freundliches Lächeln, hinter dem sich jedoch ein leidenschaftlicher Geist verbarg. Er hatte sich bereit erklärt, als Advokat der Totenbeschwörer von Atlanta die Gesellschaft nach außen zu vertreten – eine Aufgabe, die ihm keinen Respekt von seinen Nekromanten-Kollegen einbrachte, die den Großteil ihrer Zeit damit zubrachten, die Toten aus ihren Gräbern zu locken und die Leichname als unbezahlte Sklaven an reiche Leute zu verkaufen.
»Riley«, sagte er. »Geht’s dir wieder besser?«
»Ja«, log sie höflich. Wenn überhaupt, fühlte sie sich höchstens noch schlechter. Der Albtraum lauerte immer noch am Rand ihres Bewusstseins, wie ein Monster, das sich unter dem Bett eines Kindes versteckt.
»Da ist ja meine Lieblingstochter«, rief ihr Vater. Ein Lächeln erhellte sein Gesicht.
Er trug Klamotten von Mort – T-Shirt und Jeans, die an seinem dünnen Körper herabhingen. Die Jeans reichte bis zu den Knöcheln und passte nicht zu den schwarzen Socken und Anzugschuhen. Sie musste ihm passende Kleidung besorgen, aber in ihre Wohnung zu gehen würde schwierig werden: Es war anzunehmen, dass die Jäger das Haus beobachteten.
Kaum hatte sie sich neben ihrem Vater auf die Bank plumpsen lassen, legte er
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