Höllenflut
Leuten getroffen worden waren. Die Taucher
waren so mit dem Schießen und Nachladen beschäftigt, daß sie
gar nicht wahrnahmen, wie sehr sie sich gegenseitig
gefährdeten. Dann wurde einer von dem vorbeiziehenden
Tauchboot gestreift und feuerte aus nächster Nähe.
»Wieder ein Treffer«, meldete Giordino. Er wälzte sich in
dem engen Innenraum herum und warf einen Blick nach
Steuerbord. »Diesmal haben sie das Batteriegehäuse erwischt.«
»Die Sprengköpfe der Mosbys sind offenbar stärker, als ich
angenommen habe.«
Giordino verdrehte die Augen, als das Tauchboot von einer
weiteren Explosion erschüttert wurde. Nun hatten sie die Naht
zwischen dem Rumpf und der Kanzelverglasung an Steuerbord
getroffen. Wasser drang zwischen dem Metallrahmen und dem
Panzerglas ein. »Von wegen ein paar Kratzer und Dellen«, sagte
Giordino. »Die Dinger haben eine ganz schöne Wucht.«
»Wir verlieren Schub«, meldete Pitt ruhig und nüchtern. »Der
letzte Treffer muß einen Kurzschluß verursacht haben. Laß die
Gräting fallen. Die bremst uns zu sehr.«
Giordino bediente die Steuerung des Greifarms und ließ die
Gräting los. Durch die Schlammwolken konnte er die Löcher
sehen, die die Geschosse in das rostige Eisengitter gerissen
hatten. Er sah zu, wie es zu Boden sank. »Mach's gut, du hast
deinen Zweck erfüllt.«
Pitt warf einen kurzen Blick auf den Navigationsmonitor.
»Noch fünfzig Meter bis zur Antenne. Ich halte auf die
Schrauben des Dampfers zu und fahre drunter durch.«
»In der letzten Minute gab's keine Treffer mehr«, sagte
Giordino. »Offenbar haben wir unsere Freunde in der trüben
Brühe abgehängt. Ich schlage vor, daß du Gas wegnimmst und
die Batterien ein bißchen schonst.«
»Da gibt's nichts mehr zu schonen«, erwiderte Pitt und deutete
auf die Batteriestromanzeige. »Wir machen kaum noch einen
Knoten Fahrt, und die Nadel steht im roten Bereich.«
Giordino rang sich ein Lächeln ab. »Hätte nichts dagegen,
wenn Qin Shangs Taucher die Orientierung verloren und die
Verfolgung aufgegeben hätten.«
»Bald werden wir's wissen«, sagte Pitt, »Ich gehe jetzt nach
oben, raus aus der Wolke. Sobald wir in klareres Wasser
kommen, schaust du nach hinten und sagst mir Bescheid.«
»Wenn sie noch in der Nähe sind«, versetzte Giordino, »und
sehen, daß wir uns mit letzter Kraft dahinschleppen, stürzen sie
sich wie ein Schwarm wildgewordener Wespen auf uns.«
Pitt sagte nichts. Er steuerte die Sea Dog II aus der
aufgewirbelten Schlammwolke heraus, kniff die Augen
zusammen und versuchte im grünen Wasser die Antenne und
den Taucher zu erkennen, den Cabrillo dort postiert hatte. Dann
sah er rund fünfundzwanzig Meter steuerbord voraus eine
dunkle Silhouette, und als sie sich langsam näherten, erkannte
er, daß es der Kiel der Barkasse war, die sanft in der Dünung
schaukelte.
Pitt faßte neuen Mut. »Wir sind gleich da!« rief er.
»Diese verdammten Sturköpfe«, versetzte Giordino düster,
»Fünf Mann haben sich wie Haie an unser Heck gehängt.«
»Die sind ganz schön schlau. Hätte ich nicht gedacht, daß sie
uns so schnell wieder aufspüren. Offenbar hat einer im klaren
Wasser Ausschau gehalten. Und sobald er gesehen hat, daß wir
aus der Brühe rauskommen, hat er seine Kameraden per Funk
verständigt.«
Ein Geschoß traf einen der Heckstabilisatoren der Sea Dog II und riß ihn ab. Ein zweites verfehlte um Haaresbreite den
halbrunden Glasbug. Pitt kämpfte mit der Steuerung, versuchte
das Tauchboot verzweifelt auf Kurs zu halten. Doch als er aus
dem Augenwinkel wahrnahm, wie einer von Qin Shangs
Tauchern sie überholte und zu einem Flankenangriff ansetzte,
wußte er, daß es so gut wie vorbei war. Ohne Cabrillos
Unterstützung gab es kein Entrinnen mehr.
»So nahe, aber trotzdem unerreichbar«, murmelte Giordino,
während er ohnmächtig zum Kiel der Barkasse hinaufstarrte und
sich auf den letzten Angriff gefaßt machte.
Mit einemmal dröhnten etliche Donnerschläge durch das
Wasser. Pitt und Giordino wurden herumgeschleudert wie nasse
Ratten. Rundum war nichts als weißer Schaum und Gischt zu
erkennen. Die Taucher, die das Boot gerade umzingeln wollten,
wurden durch die gewaltigen Druckwellen förmlich zermalmt.
Sie starben auf der Stelle. Pitt und Giordino waren völlig taub
und benommen. Nur dem robusten, für hohen Unterwasserdruck
gebauten Rumpf ihres Bootes hatten sie es zu verdanken, daß sie
ohne schwere Verletzungen davonkamen.
Es dauerte eine ganze Weile,
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