Höllenflut
aufgetragen, als ich mir vorgestellt hatte«, sagte Pitt. »Aber
solange niemand runter ins Wasser schaut, sollte alles
klargehen.«
»Auf dem Schiff ist nach wie vor keine Menschenseele zu
sehen.«
»Das läßt sich doch gut an.«
»Alsdann«, erwiderte Cabrillo aufgeräumt. »Bis in zwei
Stunden und achtzehn Minuten. Seht zu, daß ihr nicht zu spät
kommt.«
»Al und ich werden pünktlich dasein. Wir haben keine Lust,
uns länger als nötig da unten rumzutreiben.«
»Halten uns bereit. Verstanden und Ende.«
Pitt beugte sich zu Giordino hinüber, ohne ihn anzuschauen.
»Wie steht's mit unserem Sauerstoffvorrat?« fragte er.
»Passabel«, erwiderte Giordino kurz angebunden.
»Batteriestromanzeige ist noch beständig, bewegt sich aber
langsam auf den roten Bereich zu.«
Sie beendeten die letzte Runde und fuhren dann unter dem
Kiel hervor. Pitt steuerte das kleine Boot seitlich an dem elegant
geschwungenen Rumpf entlang. Die nächste Stunde verstrich
quälend langsam, ohne daß sie irgend etwas Ungewöhnliches
entdeckten. Die Flut setzte ein und spülte klareres Wasser ins
Hafenbecken, so daß sie fast zehn Meter Sicht hatten. Sie
umkurvten den Bug und nahmen sich die Steuerbordseite vor,
mit der das Schiff am Kai lag, achteten aber darauf, daß sie
mindestens drei Meter unter Wasser blieben.
»Wieviel Zeit bleibt uns noch?« fragte Pitt kurz. Er war so
konzentriert, daß er nicht auf seine Doxa-Taucheruhr blicken
wollte.
»Noch fünfundsiebzig Minuten bis zum Rendezvous mit der
Barkasse der Oregon«, erwiderte Giordino.
»Diese Tour war die Mühe bestimmt nicht wert. Falls Qin
Shang heimlich Illegale an Bord der United States schleust,
dann bestimmt nicht unter Wasser und mit Hilfe eines UBoots.«
»Aber oben kann er's auch nicht machen, nicht in aller
Öffentlichkeit«, sagte Giordino. »Jedenfalls nicht so viele, daß
es sich rentiert. Spätestens zehn Minuten nach dem Einlaufen in
den Hafen würden die Agenten der Einwanderungsbehörde das
Unternehmen auffliegen lassen.«
»Hier gibt's nichts mehr zu tun. Brechen wir's ab und fahren
zurück.«
»Das könnte schwierig werden.«
Pitt warf Giordino einen Blick zu. »Wie das?«
Giordino deutete mit dem Kopf durch die Kanzelverglasung.
»Wir kriegen Besuch.«
Unmittelbar vor ihnen erschienen drei Taucher in schwarzen
Gummianzügen, die wie böse Dämonen durch das grüne Wasser
auf sie zuschwammen.
»Was meinst du, was in diesen Breitengraden auf
Hausfriedensbruch steht?«
»Keine Ahnung, aber mit einem leichten Klaps kommen wir
bestimmt nicht davon.«
Giordino musterte die Taucher, die immer näher kamen -
einer in der Mitte, während die anderen die Flanken sicherten.
»Höchst merkwürdig, daß sie uns nicht schon früher entdeckt
haben, lange bevor wir die letzte Runde am Rumpf entlang
gedreht haben.«
»Jemand muß einen Blick über die Bordwand geworfen und
gemeldet haben, daß sich da unten ein komisches grünes
Monster rumtreibt«, wandte Pitt scherzend ein.
»Ich mein's ernst. Kommt mir fast so vor, als hätten sie uns
beobachtet und bis zum letzten Moment gewartet.«
»Sehen sie aus, als ob sie sauer wären?«
»Blumen und Pralinen haben sie jedenfalls nicht dabei.«
»Waffen?«
»Sieht nach Mosby-Unterwassergewehren aus.«
Das Mosby war eine tückische Waffe, mit dem man kleine
Unterwassergeschosse mit einem Sprengkopf abfeuern konnte.
Die Wirkung war verheerend, wenn sie einen Menschen trafen,
aber Pitt glaubte nicht, daß sie das Tauchboot ernsthaft
beschädigen konnten, jedenfalls nicht so sehr, daß es dem
Wasserdruck nicht mehr standhielt. »Schlimmstenfalls müssen
wir mit ein paar Kratzern und Dellen rechnen.«
»Werd jetzt bloß nicht leichtsinnig«, sagte Giordino, während
er die näher kommenden Taucher musterte wie ein Arzt, der
eine Röntgenaufnahme betrachtet. »Die Jungs ziehen einen
koordinierten Angriff durch. Die müssen Minifunkgeräte im
Helm eingebaut haben. Unser Rumpf mag zwar einiges
aushallen, aber wenn sie einen Glückstreffer in die
Ansaugstutzen unserer Strahldüsen landen, ist Sense.«
»Wir können sie abhängen«, sagte Pitt zuversichtlich. Er zog
die Sea Dog II in eine enge Kurve, schob den
Geschwindigkeitsregler bis zum Anschlag nach vorn und
steuerte das Heck des Dampfers an. »Dieses Boot ist gut und
gerne sechs Knoten schneller als jeder Taucher mit
Preßluftflaschen.«
»Das Leben ist ungerecht«, grummelte Giordino eher
mißmutig denn ängstlich, als sie feststellten, daß sie
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