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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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vor, und sie suchte krampfhaft nach einem Gesprächsthema.
    »Wie viele Kinder im Schulalter wohnen hier?«, fragte sie Mina.
    Die alte Frau schüttelte den Kopf. »War ein großer Kampf, die Burg verlassen. Viele haben keine Eltern. In jedem Haus, wo wohnt ein Hund, wohnen zwei oder drei Junge.«
    Talia war nicht sicher, wie viele das insgesamt wären, aber gewiss eine Menge. »Waisen?«
    Mina schien verwirrt. Vielleicht kannte sie das Wort nicht.
    »Sie haben keine Mutter oder keinen Vater?«, versuchte Talia es nochmals.
    »Haben Rudel. Haben sie alles, was sie brauchen.«
    Sie brauchen eine Schule.
    Lors Rückkehr rettete sie. »Ich muss rüber zu Bevan, aber ich komme schnellstens wieder.«
    »Was ist los?«, erkundigte Talia sich.
    »Nur ein kleines Feuer, das ich löschen muss. Die Ältesten haben beschlossen, dass sie ihren eigenen Versammlungsraum wollen. Er hat ein paar Vorschläge gemacht, nur muss ich jetzt klären, wie das Rudel die Miete für einen Raum im Gemeindehaus aufbringt. Offen gesagt verstehe ich nicht, wieso Obar Raniks Keller nicht mehr gut genug ist.«
    Mina kannte die Antwort. »Osan Ziva ist neidisch. Denkt sie, die Propheten gehören alle, nicht nur Ranik.«
    Lor seufzte. »Es liegt an der Jahreszeit.«
    Talia fand es faszinierend, dass auch diese Leute sich mit nichtigen Streitereien abgaben. »Welche Jahreszeit?«
    »Der erste Vollmond nach der Sonnenwende, unser Winterfeiertag. Da wir nicht mehr in der Burg sind, können wir die alten Traditionen wieder einführen.«
    »Geben die Propheten ihren Segen«, erklärte Mina. »Machen wir ein Fest.«
    »Das klingt nett.«
    Lor verzog das Gesicht. »Nur wenn ich einen Raum finde, in dem die Propheten niemanden bevorzugen. Ich bin in einer halben Stunde wieder da. Zwar hat das Thema keine Priorität, aber auf diese Weise erwische ich alle Hundekrieger auf einmal. Ihre bisherige Suche nach Belenos war erfolglos, also müssen wir uns überlegen, wo sie als Nächstes suchen sollen.«
    »Ist schwer, eine Vampir zu riechen in eine Stadt voll mit Fremde«, meinte Mina. »Ist nicht Rudelsache.«
    Lor sagte nichts dazu, sondern wandte sich an Talia, deren Schulter er berührte. »Kommst du zurecht?«
    »Natürlich.« Eigentlich graute ihr davor, allein hierzubleiben und Smalltalk machen zu müssen, aber sie würde sich nicht beklagen.
    Mina schlürfte ihren Tee extra laut, was zweifellos als Missbilligung gemeint war, sowie Lor das Zimmer verließ.
    Talia versuchte, möglichst nett dreinzublicken, als sie sich wieder zu Mina drehte. Die versteinerte Miene der alten Frau jedoch weckte abermals die Angst in Talia, sie könnte in den Schnee hinausgeworfen werden. Lor war nicht mehr da, und somit bestand für Mina kein Grund, länger freundlich zu sein.
Worüber rede ich mit ihr?
Kinder? Unterrichten? Ihre üblichen Themen waren durch die Schulidee zu einem Minenfeld geworden.
    Also setzte sie ein, wie sie hoffte, nettes Lächeln auf. »Meine Großmutter gab mir immer ihre Stopfarbeiten, wenn ich sie besuchte. Bei ihr habe ich gelernt, Socken zu stopfen.«
    »Kluge Frau.« Noch ein abweisendes Schlürfen.
    Stille. Talia fingerte an ihrem Becher herum. Die leuchtend hellen Primärfarben im Raum fühlten sich wie Wärmelampen an. Jeden Moment würde Talia der Schweiß ausbrechen.
    Plötzlich sprach Osan Mina. »Lor braucht Höllenhundfrau. Es gibt nicht Junge, bis er sich nimmt Gefährtin. Die Weibchen werden nicht fruchtbar.«
    Talia stellte ihren Tee ab, bevor sie ihn verschütten konnte.
Zu viele Informationen!
    »Ach nein?« Ihre Stimme war zu hoch. Sie fragte sich, ob Mavritte das gemeint hatte, als sie sagte, Lor wäre der Vater des Rudels. »Wie ist das möglich?«
    Minas Blick wurde ungewöhnlich mitfühlend. »Ist unsere Tradition. So muss es sein. Er hat eine Gefährtin. Wir sterben, wir sind wiedergeboren, wir suchen wieder Gefährten. Immer gepaart. Immer Gefährten aus Rudel.«
    Trotz ihres Schocks fügte Talia die Teile zusammen. Halbdämonen waren unsterblich, und doch alterten Höllenhunde und starben.
Reinkarnation.
Auf diese Weise konnten sie ewig und sterblich zugleich sein.
    Sie rieb über das Muster auf ihrem Becher. »Hat Lor sich, ähm, noch keine Gefährtin gesucht?«
    Mina schüttelte den Kopf. »Hat die Burg viele getötet, die nicht zurückkommen. Rudel sind kleiner. Geliebte Hunde für immer fort.«
    Es stimmte, dass Seelen durch mächtige Magie zerstört oder zumindest aus dem Reinkarnationskreislauf gerissen werden konnten.

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