Höllenherz / Roman
oder aufgeregt wegen des bevorstehenden Duells.
Nach der riesigen Schlacht zum Schutz von Fairview und Omara vor Belenos kam Talia diese Szenerie bizarr vor. Auch wenn ein Zweikampf nicht annähernd so dramatisch schien wie das, was sie letzte Nacht erlebt hatten, hing ihr Glück vom Ausgang des Duells ab. Letzte Nacht war ein Vampirmonarch gefallen – den sie getötet hatte –, doch das Schicksal des kleinen Höllenhundrudels lag ihr mehr am Herzen, denn sie liebte Lor.
Straßenlaternen erhellten den Spielplatz und warfen lange Schatten der Zuschauer auf das gefrorene Gras. Der Bereich war geräumt und die Picknicktische beiseitegestellt worden. Sie hatten alles vorbereitet, was ein weiteres Zeichen dafür war, wie ernst das Rudel diesen Kampf nahm. Leises, besorgtes Raunen war zu hören. Die Menge hatte sich in zwei Hälften geteilt, von denen die eine bedeutend zahlenstärker war als die andere. Dafür sahen die Hunde aus der kleineren Gruppe fieser aus. Sie mussten Mavrittes Redbones sein.
Osan Mina führte Talia zu der größeren Gruppe, wo man ihnen Platz machte, damit sie freie Sicht hatten. Viele verbeugten sich vor Mina, und fast alle sahen Talia neugierig an – nicht feindselig, aber auch nicht freundlich.
»Lor sagt, ich soll erklären.« Mina verschränkte ihre Arme vor der Brust und schnaubte. »Rudelgesetz erklären für eine Vampir. Pah!«
Talia rieb ihre kalten Hände. Sie wünschte sich Lor an ihre Seite, denn er war immer warm. »Und, was wird passieren?«
Osan Mina zuckte mit den Schultern, doch ihre angespannte Miene sprach Bände. Höllenhunde verbargen ihre Gefühle vor Außenstehenden, folglich musste Mina ernstlich in Sorge sein. »Sie kämpfen. Einer stirbt. Der andere ist Alpha.«
»Stirbt!« Talia hatte es eigentlich schon gewusst, trotzdem war sie entsetzt. Bisher war nur von einer Herausforderung gesprochen worden; jetzt wurde sie real. »Kommt es auch vor, dass keiner stirbt?«
»Nur wenn einer gibt Leben auf.«
»Was heißt das?« Talia blickte auf den leeren Platz in der Rasenmitte. Das Murmeln war lauter geworden, aber noch konnte sie nichts sehen.
»Sein Leben gehört Sieger«, erklärte Mina. »Der Gewinner kann es nehmen, wenn er will. Aufgeben ist nur für Feiglinge.«
»Also wird es keiner von ihnen tun.«
»Nein. Wer gibt im Kampf auf, darf keinen Partner wählen. Sein Leben ist nicht mehr sein.«
Ein schrecklicher Gedanke kam Talia. Wollte Lor sich auf diese Weise von der Pflicht befreien, eine Partnerin aus dem Rudel zu nehmen? Aber das würde bedeuten, dass er absichtlich verlor und Mavritte zum Alpha wurde. Zudem wäre Lor verpflichtet, für Mavritte zu sterben, sobald sie es bestimmte.
Nein, das funktioniert nicht.
»Habt ihr jemals versucht, einen Alpha zu wählen?«
»Mögen wir jemand, ist das eine Sache. Glauben wir, dass er schützt das Rudel, ist es andere.« Minas Blick wurde merklich strenger. »Bei Lor ist beides. Er braucht Partnerin, und muss sie eine von seine Leute sein.«
Talia wurde wütend. Das war schlicht unfair, surreal und blöd! »Eines verstehe ich nicht. Wenn die Höllenhundseelen immer wiedergeboren werden, wie kommt es, dass es heute weniger Hunde gibt als früher? Du hast gesagt, dass viele in der Burg starben, aber müssten die nicht auch wiedergeboren werden?«
Um sie herum wurde es noch lauter. »Kann Magie Seele töten«, antwortete Mina, bevor sie sich dem Geschehen auf dem Rasen zuwandte.
Talia sah ebenfalls hin, als Mavritte in die Mitte lief. Die Szenerie kam ihr vor wie ein Boxring. Lors Seite blieb stumm, wohingegen Mavrittes Hunde die Arme reckten und johlten. Talia bekam eine Gänsehaut.
Ausnahmsweise war Mavritte nicht bis auf die Zähne bewaffnet. Sie trug lediglich ein loses T-Shirt und eine Yoga-Hose.
»Wie kämpfen sie?«, erkundigte Talia sich.
»Keine Waffe. Als Tier sie können nicht verletzt werden, aber als Zweibeiner sie können.«
Talia dachte an die Kugel im Empire, die einfach durch Mavritte hindurchgeflogen war. In Hundegestalt schienen sie unbesiegbar zu sein – ausgenommen Quecksilberkugeln oder Dämonenfeuer waren im Spiel. »Warum bleiben sie nicht in Hundegestalt?«
»Dürfen sie nur, bis man zählt fünf. Was ist sonst für Kampf?«
Talia wischte sich übers Gesicht und wünschte, sie läge wieder mit Lor im Bett.
Was hast du heute gemacht, Talia? Ach, ich habe meinem Liebsten bei einem blutigen Kampf zugeguckt.
Vor Angst und Anspannung wurde ihr übel.
Falls nötig, werde ich das
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