Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
könnten ein Zeichen von Liebe sein?»
    Hella zuckte mit den Achseln. «Ich weiß es nicht. Aber jemanden aus lauter Liebe aufzufressen, kommt mir irgendwienormaler vor, als jemanden zum Beispiel aus Habgier oder Neid mit dem Beil zu zerhacken. Beinahe jeder, den ich kenne, hat schon mal eines der beiden Sprichwörter gebraucht.»
    Der Richter schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht. Für mich ist das keine Liebe, wenn jemand einen anderen auffrisst. Er verleibt ihn sich doch damit ein, macht ihn sich untertan, oder? Das ist ein Machtspiel, denke ich.»
    «Du meinst, jemand wollte sich selbst den Toten noch untertan machen? Ihn sich einverleiben?»
    Heinz nickte, und Hella sprach weiter: «Ja, selbst, wenn das heißt, den Toten noch einmal zu töten. Das klingt komisch. Aber vielleicht war es doch Liebe. Ein Unfall aus Liebe sozusagen», überlegte sie, doch sie zeigte sich von den eigenen Worten nicht sehr überzeugt. Heinz nahm eine Gänsefeder und ein Messer zur Hand und spitzte das Schreibwerkzeug.
    «Irgendwas passt nicht. Der Juwelier kam aus Leipzig, war ein verheirateter Mann und ehrbarer Bürger. Wer sollte ihn in Frankfurt so sehr lieben, dass er ihn hier tötet und in sein Fleisch beißt?», sagte er.
    Hella lachte. «Du musst nicht alles so wörtlich nehmen. Vielleicht ist der Juwelier weder der Geliebte noch der Liebende. Vielleicht sind die Bisswunden nur ein Symbol.»
    «Also, das bringt uns nun auch nicht weiter.»
    Hella blickte enttäuscht. Und irgendetwas klopfte leise, sehr leise, fast zaghaft an die Tür des Hinterstübchens in ihrem Kopf. Was war das nur? Was war das, was sie nicht hatte vergessen wollen?
    «Als ich im Roten Ochsen war, da ist mir etwas aufgefallen. Etwas, das mir jetzt ungeheuer wichtig erschien. Wenn ich nur wüsste, was das war!»
    Heinz sprang auf. «Hat es mit dem Fall zu tun?»
    «Ja, da bin ich sicher.»
    «Dann erinnere dich. Was hilft dabei? Möchtest du noch einen Becher Wein?»
    Hella schüttelte den Kopf. «So viel ich auch darüber nachdenke, mir fällt es einfach nicht ein.»

KAPITEL 16
    «Das hat ein Nachspiel, mein lieber Blettner. Ein Nachspiel, das schwöre ich Euch!»
    Krafft von Elckershausen stand vor Heinz’ Schreibtisch. Die Hände in die Seiten gestemmt, die Augenbrauen zusammengezogen, Zornesfalten auf der Stirn, sah er drohend auf seinen Richter hinab. «Was habt Ihr Euch eigentlich dabei gedacht?»
    Heinz stand auf. Er mochte es nicht, wenn man auf ihn herabsah. Nun stand er seinem Vorgesetzten Auge in Auge gegenüber. «Ich habe nach meiner Ehre und nach meinem Gewissen gehandelt, Schultheiß. Genauso, wie ich es bei der Amtsübernahme geschworen habe.»
    Der Schultheiß beugte sich ein wenig nach vorn, sodass Heinz seinen Atem im Gesicht spürte. «Ihr habt auch mir Treue geschworen. Habt Ihr das vergessen, Richter?»
    Blettner nickte. «Ebendarum. Ich kann nicht zulassen, dass womöglich am Ende ein falsches Urteil gefällt wird. Mir geht es um Euer Seelenheil.»
    «Wie rücksichtsvoll von Euch!» Krafft von Elckershausens Stimme klang so durchdringend, dass Heinz unwillkürlich ein Stück zurückwich. «Ihr solltet nicht vergessen, dass Euer irdisches Seelenheil von meinem irdischen Seelenheil abhängt. Ihr tut also gut daran, dafür zu sorgen, dass es mir auf Erden an Leib und Seele gutgeht.»
    Heinz Blettner hatte verstanden. Doch er dachte nicht daran, seine Entscheidung rückgängig zu machen. «Wir müssen so schnell wie möglich den wahren Täter finden, Bürgermeister. Dann erfahrt Ihr die Ehre, die Euch zusteht, und alle sind glücklich.»
    Heinz lächelte gewinnend.
    Der Schultheiß kniff die Augen zusammen. «Ich warne Euch, Richter. Erhebt Euch nicht über mich. Nicht in Gedanken, nicht in Worten und schon gar nicht in Werken. Ich lasse Euch am ausgestreckten Arm verhungern, wenn ich nicht bald Ergebnisse habe. Mir kann keiner was, das solltet Ihr nicht vergessen. Den Letzten beißen die Hunde. Und dieser Letzte seid Ihr.»
    Der Richter schluckte. Dann atmete er tief ein und nickte. Doch Krafft von Elckershausen hatte sich schon umgewandt, war durch den kleinen Raum gestiefelt und hatte die Tür so fest hinter sich ins Schloss geschmettert, dass die Butzenfenster leise klirrten.
    Heinz blickte zu seinem Schreiber. Der hatte sich gerade noch rechtzeitig die Häme aus dem Gesicht gewischt. Nun räusperte er sich und zeigte mit dem Gänsekiel in der Hand zur Tür. «Draußen wartet noch einer, Herr Richter.»
    «Was will er?»
    «Euch

Weitere Kostenlose Bücher