Höllenknecht
sprechen.»
«Das dachte ich mir. Worüber, Mann, worüber?»
«Ich habe keine Ahnung. Es wäre wichtig, sagte er, und es hätte mit dem Kannibalen zu tun.»
«Und warum habt Ihr das nicht gleich gesagt?»
«Oh, ich wollte den Schultheiß nicht in seinen Ausführungen stören.»
«Aha.» Heinz Blettner sah seinen Schreiber an undwusste wieder einmal nicht, ob der Mann verschlagen oder einfach nur dumm war.
«Dann ruft ihn jetzt herein.»
Blettner setzte sich und seufzte. Er steckte noch immer fest. Das Zauberbuch musste endlich gefunden werden. Dazu der Tatort, natürlich. Das Motiv. Und natürlich der Täter. Der ganz besonders. Wieder seufzte er und beschloss, gleich nachher Arvaelo aufzusuchen.
Doch jetzt musste er sich zuerst einmal um den Mann kümmern, der vor ihm stand und seine Mütze in den Händen drehte.
«Gott zum Gruße, Bürger.»
«Ja, Tach auch.»
«Was führt Euch zu uns ins Amt?»
«Schweine.»
«Bitte?»
«Ei, isch mein, isch hab Wutze in meim Gärtsche. Die mache mir die ganze Pflanze zur Sau.»
«Das tut mir sehr leid, das mit den Schweinen in Eurem Garten. Aber dafür bin ich leider nicht zuständig. Schweine fallen nicht unter die Constitutio Criminalis Carolina, unter die peinliche Halsgerichtsordnung.»
«Ei, de Förster hat misch geschickt.»
«Zu mir?»
«Wenn isch das saach.»
«Hmm.» Heinz Blettner kratzte sich am Kinn. Er kannte den Förster und hielt große Stücke auf ihn. Wenn der ihm den Mann geschickt hatte, dann mit Grund.
«Warum sollt Ihr zu mir kommen?»
«Ei, weil die Wutze im Wald hinterm Haus ä Loch gegrabe ham. Da habb isch Knoche gefunne.»
«Knochen?»
«Des sach isch ja.»
Richter Blettner fragte noch einige Male nach, bis er glaubte, den Mann verstanden zu haben. Zur Sicherheit fasste er noch einmal zusammen: «Ihr seid ein Waldhüter, der sein Haus am Waldrand stehen hat. Seit einiger Zeit zerwühlen Euch die Wildschweine den Garten. Aber nicht deswegen seid Ihr hier, sondern wegen einer Grube, die ihr unweit Eures Hauses auf einem Wildschweinwechsel entdeckt habt. In dieser Grube nämlich befindet sich eine aufgebrochene Kiste mit Knochen, die nicht unbedingt von Waldtieren stammen müssen. Ist das richtig?»
«Ja.»
Der Richter setzte seine Unterschrift unter das Protokoll des Schreibers und legte das Blatt dann dem Waldhüter vor. Der starrte drauf wie Heinz Blettner auf ein Stickmuster. Dann packte er mit harter Faust den Gänsekiel und kratzte drei Kreuze unten auf das Papier. «Kann isch jetzt gehe?»
«Ja, und vielen Dank. Wenn wir noch Fragen haben, dann wissen wir ja, wo wir Euch finden.»
Wenig später machte sich Heinz in Begleitung eines Büttels auf zu der Herberge, in der Arvaelo untergekommen war. Unterwegs vertraute ihm der Stadtknecht an, dass seine Schwiegereltern das Gasthaus führten und er selbst auch dort wohnte. Heinz staunte einmal mehr darüber, wie klein Frankfurt im Grunde war. Ob der Schreiber wohl bereits den Leichenbeschauer und den Henker angetroffen hatte? Die sollten ihn am Stadtwald treffen, hatte er ihnen ausrichten lassen.
Die Herberge Zur Eulenburg lag in einer kleinen Seitengasse nahe der Bornheimer Pforte. Der Gastraum lag still. Die Tische waren blank gescheuert, der Boden gekehrtund mit frischen Binsen bestreut. Heinz Blettner räusperte sich. Sogleich kam eine junge Frau mit freundlichem Lächeln aus der Küche gestürzt. Heinz kannte sie nicht, doch er vermutete, dass sie die Frau des Stadtknechtes war. Sie wischte sich die Hände an der sauberen Schürze ab, legte den Kopf ein wenig schief und fragte: «Wie kann ich Euch helfen?»
«Ich suche den Sarazenen. Arvaelo ist sein Name.»
Die junge Frau runzelte die Stirn. «Komisch, Ihr seid schon der Zweite, der heute nach ihm fragt. Die ganze Zeit über niemand, und heute gleich zwei. Zuerst eine Frau, dann ihr.»
«Und? Wo ist er?»
«Abgereist.»
«Wie? Abgereist? Das kann nicht sein. Wir haben doch erst gestern miteinander gesprochen.»
«Ich sage nur, wie’s ist. Er kam gestern kurz bevor der Nachtwächter seine Runde gemacht hatte. Sprach kein Wort, trank keinen Becher, nichts. Saß nur da mit seiner Reisetruhe, bis ein Wagen kam und ihn abholte. Ach ja, den Wagen, den hatte ihm unser Laufjunge an der Poststation bestellen müssen.
Heinz Blettner konnte es noch immer nicht fassen. «Und wo ist er hin?»
Die junge Frau zuckte mit den Achseln. «Ich weiß es nicht. Wie gesagt, er hat kein Wort geredet. Wollte er nicht nach Basel?» Eine
Weitere Kostenlose Bücher