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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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nickten, der Schultheiß und Zweite Bürgermeister Krafft von Elckershausen seufzte auf. Natürlich wusste jeder, was das bedeutete! Herrgott, Ziel eines jeden in der geheimen Loge Faustens war es doch, Meister zu werden. Denn nur der Meister hatte Zugang zu allen Schriften und damit zu den Geheimnissen dieser Welt. Aber um Meister zu werden, brauchte es mehr als den bloßen Willen.
    Es brauchte vor allem eines, nämlich Geld. Geld, um das hermetische Kabinett einrichten zu können. Geld für die Gerätschaften des Laboratoriums, Geld für magische Steine, Geld für Bücher und Formeln. Krafft von Elckershausen hatte nicht genug Geld. Aber er hatte gute Verbindungen. In Frankfurt und im ganzen Reich. Und die würden bald nötiger sein als Geld.
    Er sah auf. Der Redner hatte seinen Vortrag beendet, die Zuhörer applaudierten. Für heute war die geheime Sitzung vorbei. Der Schultheiß stand auf, wartete, bis die meisten gegangen waren, und trat dann zu einem Logenbruder. «Ich hörte, du hast das Zauberbuch gesehen.»
    «Welches?»
    «Du weißt genau, welches ich meine. ‹Doktor Faustus’ dreifacher Höllenzwang›.»
    Der andere schüttelte den Kopf. «Nie gesehen.»
    Krafft von Elckershausen verzog das Gesicht, trat ganz nahe an den anderen heran. «Sei vorsichtig, mein Lieber», raunte er. «Pass auf, was du sagst, und pass auf, was du machst. Noch bist du nur auf Probe bei uns.»
     
    Während Bruder Göck und Pater Nau sich beim Kirchenklatsch von ihrem Disput erholten und schon heimlichnach einem neuen schwierigen Thema suchten, saß Hella in ihrem Lehnsessel und hielt den Stickrahmen auf dem Schoß. Sie starrte ins Leere. Ihre Gedanken kreisten um den toten Kannengießer und das verlorengegangene Zauberbuch.
    Heinz war ins Arbeitszimmer gegangen und saß am Schreibtisch. Vor sich hatte er alle Unterlagen zum Fall ausgebreitet. Jedes einzelne Blatt nahm er in die Hand, las, bedachte, grübelte und las wieder. Er betrachtete die zahlreichen Zeichnungen, brütete über Arvaelos Beschreibungen, aber er kam der Lösung des Falls keinen Schritt näher. Am meisten Kopfzerbrechen bereiteten ihm die Bisswunden. Josef war es nicht gewesen. Sein Abdruck stimmte nicht mit den Spuren an der Leiche überein. Aber wer war es dann und vor allem aus welchem Grund? Heinz stützte den Kopf in die Hände und starrte in die Kerzenflamme. Er hätte auch die kleine Öllampe entzünden können, doch beim Nachdenken hatte ihm schon immer Kerzenlicht geholfen. War der Mörder gleichzeitig auch der Menschenfresser? Oder war der Juwelier bereits tot in die Hände desjenigen gefallen, der ihm die Bisswunden beigebracht hatte? Aber wenn das ein Menschenfresser war, warum hatte er dann nur ein paar Mal zugebissen? Hatte ihm das Fleisch nicht geschmeckt? War er gestört worden? Oder sollten die Bisse etwas ganz anderes bedeuten? Heinz seufzte. An einen Menschenfresser, dem beim Essen der Appetit vergangen war, konnte er nicht glauben. Aber an einen Wüstling, der sich ausprobieren wollte, ebenfalls nicht. Die Bisse mussten etwas zu bedeuten haben. Aber was nur? Er stand auf, ging wie ein Gefangener auf und ab. Endlich riss er die Tür auf und rief nach seiner Frau.
    «Was ist?»
    «Ich stecke einfach fest. Mein Kopf ist leer. Du musst mir beim Denken helfen, Liebes.»
    Hella war feinfühlig genug, sich ein Grinsen zu verkneifen. «Die beiden Streithammel da drüben sind wohl noch eine Weile beschäftigt», sagte sie. «Zumindest, solange noch genügend Wein in der Kanne ist.»
    «Was fällt dir bei dem Gedanken an Menschenfresser ein?», fragte Heinz.
    Hella lehnte sich zurück. «Ich habe dich zum Fressen gern.»
    «Wie bitte?»
    «Das sagt man so. Das ist ein Sprichwort. Wenn man jemanden sehr lieb hat, sagt man das. Ich habe dich zum Fressen gern.»
    «Hhmm», brummte Heinz und sah seine Frau an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
    «Oder, ich könnte dich auffressen vor Liebe.»
    «Das sagt man auch?», fragte Heinz.
    «Ja. Hast du das etwa noch nie gesagt?»
    Heinz lächelte, sodass Hella verlegen den Kopf senkte. Ihre Wangen glühten. «Soll ich jetzt beim Denken helfen oder willst du nur ablenken?», fragte sie.
    Heinz lächelte noch immer. «Die Richtigkeit von Sprichwörtern sollte hin und wieder überprüft werden. Was meinst du?»
    «Pscht!» Hella sah zur Tür. «Hast du vergessen, was für Besuch wir haben?»
    «Oh, du hast recht. Leider.» Heinz räusperte sich. «Zurück zur Tagesordnung. Du meinst also, die Bisswunden

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