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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Dorothea erkannte nicht einmal, wie sehr sie seine Nerven strapazierte. Sie ritt auf dem Thema herum, bis sie kurz vor zehn durch das Telefon unterbrochen wurde.

    Vom Stuhl aufstehen konnte Patrizia nicht. Sie schloss die Augen, als sie Heikos Schritte in der Diele hörte. Dann auf der Treppe, dann im Gang. Und die letzten von der Stahltür bis zum Tisch. Er sagte nichts, wozu auch noch? Sie wartete. Wenn er wollte, dass sie die Augen noch einmal öffnete, dass sie ihn anschaute, während sie starb, würde er seinen Willen nicht bekommen.
    Vielleicht starb sie bereits. Hatte den Schuss überhört, den Schmerz nicht gespürt. In ihrem Kopf rauschte es nur noch, hinter den geschlossenen Lidern zuckten Farbblitze, ihr Atem ging stoßweise. Er musste direkt vor ihr stehen und genoss es wohl, die Todesangst von ihrem Gesicht abzulesen, natürlich genoss er es. Er war der Typ, der so etwas genoss. Ed hatte ihr das immer wieder erklärt. Grausam, berechnend, eiskalt. Aber Ed existierte doch gar nicht. Ed hatte sie getäuscht, ihr etwas vorgegaukelt, sie belogen und in die Irre geführt.
    Sie roch Heikos Atem, den Zigarettenrauch darin, als sein Gesicht sich dem ihren näherte. Seine Lippen strichen warm und trocken über ihre Wange zum Mundwinkel. Plötzlich spürte sie seine Hand im Nacken, die andere unter dem Kinn. Auch seine Hände waren warm, keine Spur von kaltem Stahl.
    Er bog ihren Kopf ein wenig zurück und flüsterte: «Du bist so süß, Püppi. Aber wenn wir jetzt anfangen, kommen wir nicht mehr auseinander. Und du solltest dich vorher wirklich waschen. Nicht dass ich meckern will, aber nach Chanel duftest du nicht.»
    Während er flüsterte, blieben seine Lippen an ihrem Mundwinkel. Nur die Lippen. Es war so wie früher, weich, traumhaft. Sie begriff es nicht, begriff gar nichts mehr. Wusste nicht, was sie fühlen und was sie glauben sollte.
    Warum hatte Ed sie belogen? Niemand log ohne Grund! Warum hatte Ed darauf bestanden, dieser Mann sei ein Teufel, grausam und unberechenbar, kaltblütig und gar nicht fähig, einen anderen Menschen zu lieben. Sie liebte er doch offensichtlich. Wahrscheinlich war sie die große Ausnahme für ihn.
    Ihren Koffer hatte er bei der Tür abgestellt. Er lächelte sie an, die Lider halb über die Augen gesenkt. Den Schlafzimmerblick hatte Dorothea das einmal genannt. «Geh», murmelte er. «Wasch dich, putz dir die Zähne. Und dann komm zurück zu mir. Und wenn es zwölf andere vor mir waren, bin ich eben der Dreizehnte. Wen interessiert das noch? Die Dreizehn bringt Glück, man muss nur dran glauben.»
    Er sprach mit deutlich hörbarer Erregung in der Stimme. Sie schaute ihn an, begriff es immer noch nicht so ganz, aber sie nickte. «Du musst dran glauben», sagte sie und war glücklich in dem Moment. Weil sie das auch konnte, täuschen, in die Irre führen, Worte aussprechen, die nach etwas klangen, was ganz anders gemeint war.
    Er verzog die Lippen zu einem seltsamen Lächeln, genau genommen waren es zwei. Eins spielte zärtlich um seine Lippen, das andere zuckte kaum merklich um seine Augen herum. Und mit diesem doppelten Lächeln sagte er: «Du auch, Püppi.»
    Sie war viel zu aufgeregt, um auf irgendwelche Untertöne zu achten, nahm den Koffer auf und ging mit leichten Schritten zum Waschraum.
    Und sie war überzeugt, dass sie es schaffen würde, wenn es sein musste. Wenn er ihr keinen Grund dafür gab, würde sie ihm nicht wehtun, ihm nur die Waffe zeigen und sagen: «Es ist vorbei, Heiko. Ruf deinen Freund herunter.»
    Dann beide Männer in der Werkstatt einschließen, Albert und Alwine Retling aus dem Schlafzimmer holen, die Polizei anrufen, zurück zu Eddi und so weiterleben wie vorher. Vielleicht mit der Gewissheit, dass Heiko sie auf seine Art doch sehr geliebt hatte. Aber sie liebte ihn nicht mehr, hatte während ihrer Therapie damit aufgehört.
    Sie hätte singen mögen, tat das auch, zumindest summte sie.
    Bis sie den Koffer öffnete! Ihre Hände flogen darin herum. Zwei warm gefütterte Jeanshosen. Die beiden Winterpullover und zwei Garnituren Unterwäsche, die Hemden mit halblangem Arm und rundem Halsausschnitt. Die nachtblauen High Heels. Kein Waschzeug, natürlich nicht, das einzupacken war ihr doch überflüssig erschienen. Nur die Zahnbürste.
    Keine Pistole.
    Wie lange sie vor dem Koffer auf dem Boden kniete und den Inhalt betrachtete, wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass sie tot war, sobald sie Heiko erneut gegenübertrat.
    Das Wechselbad zwischen der immer

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