Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 4
Getriebe werfen, mehr aber auch nicht.“
Der Kriminalbeamte lächelte.
„Darf ich Sie so verstehen, dass Sie diesen Auftrag annehmen wollen? Ihnen muss bewusst werden, dass Sie auf keine Hilfe der britischen Regierung zählen können. Wenn Ihr Befreiungsversuch fehlschlägt, dann werden Sie selbst hinter Gittern landen. Sie müssen damit rechnen, in eine der französischen Strafkolonien deportiert zu werden, wo es nichts als Hitze, Moskitos und tödliche Seuchen gibt. Es ist eine geheime Mission. Niemand darf wissen, dass Sie im Auftrag von Scotland Yard unterwegs sind.“
„Das Risiko dieser Unternehmung schätze ich nicht gering ein, Sir. Aber Sie können auf mich zählen. Ich will auf keinen Fall, dass so ein Apparat wie die Paris-Maschine existiert. Ich wäre genauso beunruhigt, wenn sich diese Erfindung in den Händen von englischen Politikern befände.“
„Da kann ich Ihnen nicht widersprechen, Miss Fenton. – Jedenfalls müssen Sie diese schwierige Aufgabe nicht allein lösen. Ich kann Ihnen zwei Gentlemen zur Seite stellen, die Ihnen beide schon bekannt sind. Phineas Fletcher ist selbst ein Erfinder. Er hat sich bereits dazu bereit erklärt, mit Ihnen gemeinsam die Gefangenenbefreiung vorzunehmen und die Maschine unschädlich zu machen.“
Kate hatte Phineas Fletcher kennengelernt, als er einen seltsamen Apparat zur Vernichtung von Vampiren entwickelt hatte. Sie fand den Wissenschaftler zwar merkwürdig und exzentrisch, aber ansonsten vertrauenswürdig.
„Und wer ist der zweite Gentleman, von dem gerade die Rede war?“
Williams beantwortete Kates Frage nicht, sondern trat dreimal gegen die Wand. Daraufhin kam wenig später ein junger magerer Kriminalassistent in den Raum gestürzt, ohne vorher anzuklopfen.
David Benson war ein schlaksiger schüchterner Mann. Sein pomadisiertes Haar war in der Mitte so sorgfältig gescheitelt, als hätte er dafür ein Lineal benutzt. Doch am Bemerkenswertesten fand Kate an ihm seine großen abstehenden Ohren. Sie waren stets so rot wie die Backbord-Positionslaternen von See- und Luftschiffen.
Kate vermutete schon seit längerer Zeit, dass Benson heimlich in sie verliebt war. Die Blicke, die er ihr gelegentlich zuwarf, sprachen Bände. Bisher hatte Kate keine drei Sätze mit ihm geredet. Eigentlich hatte sie den Kriminalassistenten immer nur als einen zuvorkommenden Bediensteten wahrgenommen, der sofort mit heißem Tee herbeigestürzt kam, sobald der Inspektor gegen die Wand trat. Kate fragte sich ernsthaft, was so ein armer Tropf wie Benson bei der geplanten gefährlichen Mission zu suchen hatte.
Es war, als ob der Inspektor ihre Gedanken gelesen hätte.
„Benson ist ein Beamter, dessen Talente sozusagen im Verborgenen blühen“, stellte Williams lächelnd fest. Daraufhin wurden die Ohren des Kriminalassistenten noch roter, obwohl Kate das für unmöglich gehalten hatte. Sie fand seine Verlegenheit irgendwie süß. Und sie nahm sich fest vor, ihm eine Chance zu geben. Nicht als ihr Verehrer, denn ihr Herz war ja bereits an James fest vergeben. Aber wenn Benson wirklich zum Gelingen des riskanten Auftrags beitragen konnte, wollte sie sich nicht dagegen sträuben.
„Wie soll diese Befreiungsaktion eigentlich über die Bühne gehen, Sir? Gibt es dafür schon Pläne?“, wollte Kate wissen.
„Gewissermaßen. Sie selbst, Benson und Phineas Fletcher werden zunächst mit dem Luftschiff nach Paris reisen. Hotelzimmer sind dort schon für Sie gebucht. In der französischen Hauptstadt treffen Sie Horace Lindsay. Er ist ein Verbindungsmann unserer Polizeibehörde und wird Ihnen dabei helfen, in Paris einen Dampfkutter zu erwerben. Und er wird hoffentlich in der Zwischenzeit noch weitere Informationen über die Paris-Maschine gesammelt haben.“
Kate war noch nie mit einem fremden Dampfkutter geflogen. Aber ihr war natürlich klar, dass sie ihre eigene Flugmaschine nicht mit nach Frankreich nehmen konnte. Die Reichweite eines Drehflüglers war für die Überquerung des Ärmelkanals einfach zu gering.
„Ich verstehe, Sir. Dann soll die Befreiung des Gefangenen also mit Hilfe eines Flugapparates durchgeführt werden?“
„Sie haben es erraten, Miss Fenton. Phineas Fletcher hat sich schon Gedanken gemacht, mit was für neuartigen Apparaturen er die Gefängnisgitter beseitigen will. Wir kennen nämlich zum Glück die genaue Lage der Todeszelle, in der unser bedauernswerter Freund Summers einsitzt. Sie befindet sich hinter dem dritten Fenster von Westen aus
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