Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 9
leise, dass eine Unterhaltung möglich war, ohne brüllen zu müssen. Außerdem gab der Kupferrumpf keine schwarzen Rauchwolken von sich. Somit war eine Annäherung an das Versteck des Schurken möglich, ohne frühzeitig bemerkt zu werden.
„Wir müssen auf jeden Fall noch bei Tageslicht angreifen“, mahnte Phineas Fletcher. „Ich bin sicher, dass die Parabolspiegel bei Dunkelheit nicht funktionieren. Dann gibt es nämlich logischerweise kein Sonnenlicht, mit dem sie Wasserdampf erzeugen können.“
„Haben wir überhaupt einen Schlachtplan?“, wollte James wissen. Die Antwort bestand in betretenem Schweigen. Bisher herrschte nur Einigkeit darüber, dass der Roboter-Tiger vernichtet und Eileen vor dem sicheren Tod bewahrt werden sollte. Aber über Einzelheiten hatte sich noch niemand Gedanken gemacht.
Nach einigen Minuten ergriff Khapa das Wort. „Mr Bone-Carruthers und ich haben als einzige von uns Schusswaffen. Ich schlage vor, dass wir vor dem Angriff aussteigen und links und rechts von der Krabbe die Flanken sichern. Wir wissen nicht, wie Makhras’ Leute auf dieses mechanische Tier reagieren werden. Ich hoffe auf einen Schock. Außerdem haben wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite, denn mit einer riesigen Krabbe rechnen sie ganz sicher nicht.“
Das leuchtete Kate ein. Sie war froh, dass wenigstens einer ihrer Gefährten militärisch ausgebildet war. „Und wie soll es weitergehen, Lance Corporal?“, fragte sie.
„Ich rechne damit, dass Makhras und seine Männer auf Sie schießen werden. Aber das ist nicht schlimm, denn das Kupfer ist für kleinere Kaliber undurchdringlich. Natürlich muss Makhras dann seinen Roboter-Tiger gegen die Krabbe in Stellung bringen – wozu hat er das Ding schließlich? Währenddessen wird Mr Bone-Carruthers mir Feuerschutz geben, damit ich in das Gebäude eindringen und Ihre Freundin finden kann, Miss Fenton.“
Eigentlich hätte Kate lieber höchstpersönlich Eileen herausgehauen. Aber sie wusste, dass sie am Steuer der Krabbe unabkömmlich war. Keiner ihrer Gefährten hatte Pilotenerfahrung. Sie war ja froh, dass sie sich so schnell mit dem ungewohnten Gefährt vertraut gemacht hatte und es halbwegs beherrschte. Kate durfte nur nicht unter Beschuss die Nerven verlieren. Aber das würde sie schon schaffen. Bei ihrer Geheimdienst-Mission in Paris waren ihr ja auch die Patronen um die Ohren geflogen, und sie hatte trotzdem einen kühlen Kopf bewahrt …
„In einer Stunde haben wir Makhras’ Hauptquartier erreicht“, sagte Devran. „Dann ist bereits später Nachmittag. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit bis zur Dämmerung. Wollen wir mit unserer Attacke lieber bis zum nächsten Morgen warten?“
„Auf keinen Fall!“, erwiderte Kate heftig. „Meine Freundin soll keine Minute länger als nötig in der Gewalt dieses Irren bleiben. Wir befreien Eileen und ziehen uns dann im Schutz der Dunkelheit zurück. Während der Nacht wird es nicht leicht sein, uns zu verfolgen. Zwar müssen wir dann die Krabbe zurücklassen, aber das nehme ich in Kauf.“
Zustimmendes Gemurmel machte sich breit. Es war offensichtlich, dass auch Kates Gefährten die Aufgabe so schnell wie möglich anpacken wollten. James hangelte sich durch die schwankende Kupfer-Krabbe und hockte sich neben Kate.
Ihr wurde bewusst, dass sie sich jetzt buchstäblich zwischen ihrem Verlobten und dem jungen Inder befand. Aber sie hatte sich ja längst entschieden, und zwar für James. Devran war ein faszinierender Mann, dessen geheimnisvoller exotischer Charme einer Frau den Kopf verdrehen konnte. Doch James war ebenfalls alles andere als ein Langweiler, und an seiner Seite sah Kate ihre Zukunft.
„Ist alles in Ordnung bei dir, Kate?“, fragte James und strich sanft über ihre auf einem Hebel ruhende linke Hand.
„Es geht mir so gut wie schon lange nicht mehr. Ich steuere ein Fahrzeug, das zwar nicht fliegen kann, aber zweifellos ein Unikat ist. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass es irgendwo auf der Welt noch eine zweite Kupfer-Krabbe gibt.“
„Ich auch nicht.“ James lachte leise. „Wenn dieses Abenteuer überstanden ist, dann muss ich dir etwas Wichtiges sagen.“
„Und was soll das sein?“
„Das wirst du dann schon rechtzeitig erfahren.“
Normalerweise mochte Kate keine Geheimniskrämerei. Aber sie verstand, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für einen gefühlvollen Gedankenaustausch war. Außerdem hatte sie eine vage Ahnung oder Hoffnung, was James ihr mitteilen
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