Hokus Pokus Zuckerkuss

Würdest du Mom bitte ans Telefon holen?«
    »Nein, ich werde deine Mutter nicht holen. Glaub mir, damit tue ich dir einen Gefallen, Lizzie. Gestern war sie in ihrem Aerobic-Kurs an der University und im Kurs für Sammelalben. Und dann musste sie auch noch für diesen Brunch einkaufen – ohne die
Hilfe deiner Schwestern. Deine Neuigkeit könnte sie umbringen.«
    »Gran …« Ich lächle Luke wieder an. »Wenn du Mom nicht ans Telefon holst, muss ich sie auf ihrem Handy anrufen und ihr erzählen, du hättest den Sherry getrunken, den sie immer für ihre Soßen verwendet. Versuch nicht, es zu leugnen! Ich merke es dir an.«
    »Wie undankbar du bist!«, faucht Gran. »Warum verlobst du dich überhaupt, Lizzie? Ein Ehemann verdirbt nur deinen Stil. Glaub mir, fünfundfünfzig Jahre lang hatte ich so einen Kerl am Hals. Also weiß ich Bescheid. Steig aus, solange es noch geht!«
    »Gran …«, warne ich sie.
    »Schon gut, ich hole deine Mom«, seufzt sie, und ich höre sie davonschlurfen. In diesem Moment merke ich, dass Luke nicht mehr lächelt. »Alles okay, Gran ist nur ein bisschen beschwipst.«
    Luke schaut auf seine Uhr. »Zu Mittag ?«
    »Heute ist ein Feiertag«, betone ich. Heiliger Himmel, wie pingelig manche Leute sind!
    Mom reagiert viel freundlicher auf meine Neuigkeit als Gran. Sie schreit und kreischt und ruft nach Dad und will mit Luke reden und ihn in der Familie willkommen heißen und wissen, wann sie ihn kennenlernen wird. Und das erinnert mich an etwas – es ist ein bisschen unheimlich, dass Luke meine Familie noch nicht kennt. Während ich allen seinen Verwandten schon begegnet bin.
    Okay. Sicher werden sie sich bald kennenlernen. Mom will eine Verlobungsparty geben – und die
Hochzeit ausrichten. In unserem Garten. Behutsam lehne ich diesen Vorschlag ab. »Mal sehen.« Wie soll ich ihr beibringen, dass Luke mich in Südfrankreich heiraten will, auf dem Stammsitz seiner Familie aus dem siebzehnten Jahrhundert? Ein solches Angebot kann man wohl kaum ablehnen.
    Meine Familie war noch nie in Europa – sie waren ja noch nicht einmal in New York.
    Und das könnte Probleme aufwerfen.
    Aber Luke findet am Telefon genau die richtigen Worte, so charmant und höflich, als wären meine Eltern ein Königspaar und nicht Leiter der College-Computerabteilung an der Michigan University und Hausfrau. Alles wird gut, denke ich voller Stolz und beobachte ihn. Ganz wunderbar.
    So fühlt man sich, wenn man ein Lamm beobachtet, das zur Schlachtbank geführt wird. Ist dir die Ehe wirklich so wahnsinnig wichtig? Obwohl es nur ein Blatt Papier ist?
    Okay, nach ein paar weiteren Telefonaten müsste alles gut werden. Und dann noch mehr Sex.
    Viel mehr Sex.

EINE KURZE GESCHICHTE DER EHE
    Eine Zeit lang glaubten die Soziologen, die Erklärung zweier Personen, sie wollten gemeinsam durchs Leben gehen, wäre ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des menschlichen Glücks. Gesellschaftspolitisch ausgedrückt – ein heterosexueller Mann mit einer heterosexuellen Frau vereint gilt als ruhiger und weniger geneigt, Gewaltverbrechen zu verüben. Anscheinend macht auch eine verheiratete Frau kaum Schwierigkeiten. Die Kinder der beiden profitieren von der Gegenwart des Vaters und der Mutter. Und – zumindest in einer fernen Vergangenheit – die positive Ausstrahlung einer guten Ehe nutzte dem ganzen Stamm. Mit anderen Worten – Hochzeiten waren erfreuliche Ereignisse, die Waffen ruhten, und es gab weniger Ärger.
     
    Ich möchte nur betonen, dass – ganz offensichtlich – keiner dieser Soziologen die Hochzeitsfeiern meiner Schwestern besucht hat.

    WIE MAN KATASTROPHEN AM HOCHZEITSTAG VERMEIDET
    Treibt Ihre künftige Schwiegermutter – oder Ihre Schwägerin – Sie während Ihrer Hochzeitsvorbereitungen zum Wahnsinn? Da gibt es eine ganz einfache Möglichkeit, wie Sie sich diese Frau vom Hals schaffen können. Geben Sie ihr etwas zu tun! Wenn Sie die Familie des Bräutigams – vor allem die weiblichen Mitglieder – in die Vorbereitungen auf den großen Tag miteinbeziehen, fühlen sie sich geschmeichelt, und Sie werden entlastet.
     
    Aber betrauen Sie die Frauen bloß nicht mit zu wichtigen Aufgaben. Dann spielt es keine Rolle, wenn sie irgendwas vermasseln (was zweifellos passieren wird).
     
     
    LIZZIE NICHOLS DESIGN ®

3
    Mehr als dreifach beglückt sind die,
welche ein festeres Band verknüpft,
welche Amor, von keinem Zwiste,
durch keinen Unmut verscheucht,
erst am letzten der Tage trennte.
     
    HORAZ (65 V.CHR. BIS