Hokus Pokus Zuckerkuss
nicht.«
»Tiffany …« Mit einiger Mühe fasse ich mich in Geduld. »In dieser Phase meiner Karriere ist jede Presse gute Presse. Also werde ich dieses Kleid für sie entwerfen.«
»Aber sie ist so widerwärtig«, beharrt sie. »Hast du gesehen, wie sie den Hund behandelt? Und welche Stiefel sie trägt?«
»Offenbar hat sie ernsthafte Schwierigkeiten. Sie braucht unsere Hilfe, nicht unsere Verachtung. Vermutlich gibt es in ihrem Leben niemanden, der ihr beibringt, wie sich ein anständiges menschliches Wesen benimmt. Und so jemanden hat sie dringend nötig, vor allem jetzt – immerhin heiratet sie einen Prinzen! Das wird eine königliche Hochzeit !«
»In Griechenland «, betont Tiffany. »Wow!«
»Wie kannst du so reden, Tiffany? Griechenland ist die Wiege der westlichen Zivilisation, der Geburtsort der Demokratie, der politischen Wissenschaft, der westlichen Literatur und Philosophie, der Olympischen Spiele …«
»Hast du schon mal Hummus gekostet, Lizzie?«
»Tiffany!« Mit schmalen Augen starre ich sie an. »Ich werde Avas Kleid entwerfen. Entweder stehst du auf meiner Seite oder du verschwindest.«
Wieder einmal verdreht sie die Augen. »Ist es wegen des Prinzen? Weil du einen Prinzen heiratest, fühlst du dich moralisch verpflichtet, ihr zu helfen? Nur weil sie auch einen Prinzen heiratet?«
Diesen Einwand ignoriere ich. »Nun, wir sind moralisch
verpflichtet, diesem armen Mädchen zu helfen. Wenn wir es nicht tun, wird sich niemand um sie kümmern. Und dann wird sie irgendwas Wahnsinniges tun, zum Beispiel Lil’ Kim beim nächsten Celebrity Pit Fight die Haare ausreißen – und niemals ihr wahres inneres Potenzial erkennen.«
»Bildest du dir ein, du kannst ihr helfen, das zu finden?«, höhnt Tiffany.
»Ja, Tiffany«, entgegne ich ernsthaft, »das glaube ich.«
Um die Wahrheit zu sagen, ich glaube es nicht – ich weiß es.
»Also gut. Wenn du bei dieser Eliza Higgins unbedingt Dr. Dolittle spielen willst – es ist deine Beerdigung. Ich tue nur, wofür du mich bezahlst – ich kümmere mich ums Telefon.«
»Du meinst Professor Higgins«, verbessere ich sie, »und Eliza Doolittle. Professor Higgins ist der Typ, der das Cockney-Blumenmädchen in eine feine Dame verwandelt. Und Dr. Dolittle ist der Mann, der mit den Tieren redet.«
»Okay«, murmelt Tiffany. »Ich wusste es ja. Sicher wird das ein ganz mieser Tag, weil ich die Dosis von meinem Stimmungsaufheller reduziert habe.«
Als ich den schwarzen Samtvorhang zurückziehe, inspiziert Ava Geck gerade eine Schneiderpuppe, die ein House-of-Bianchi-Kleid trägt, das einmal schulterfrei war. Ich habe es mit Ärmeln ausgestattet, für eine Braut, die in einer erzkonservativen Synagoge heiraten wird.
»Oh, das gefällt mir«, sagt Ava und wendet sich
zu mir. Natürlich knatscht sie immer noch auf ihrem Kaugummi herum. »Können Sie mir auch so was machen?«
Ich bin überrascht. Angenehm. Für ein Mädchen, das im Fernsehen so oft seine Unterhöschen gezeigt hat, trifft sie eine erstaunlich bescheidene Wahl.
»Nun, ich werde etwas für Sie entwerfen, das besser zu Ihnen passt«, schlage ich vor.
Ava schnappt nach Luft. Dann klatscht sie in die Hände. Aufgeregt fängt der Chihuahua zu kläffen an und läuft im Kreis herum. Sogar der Bodyguard bringt ein Lächeln zustande. Ein sehr dünnes. Aber immerhin ein Lächeln.
»Oh, vielen Dank!«, jubelt Ava. »Das ist einfach galaktisch!«
»Nur ein paar grundsätzliche Regeln«, sage ich. »Regel Nummer eins. Bevor Sie das Chez Henri betreten, nehmen Sie den Kaugummi aus dem Mund. Wenn Sie rausgehen, können Sie ihn wieder reinstecken.« Erwartungsvoll strecke ich meine Hand aus.
Verständnislos starrt sie mich an. »Was?«
»Im Chez Henri sind Kaugummis verboten. Gehen Sie zu Vera Wang, und kauen Sie von mir aus dort – aber hier nicht. Es ist einfach unzivilisiert, herumzustehen und wie eine wiederkäuende Kuh auszusehen. Also spucken Sie das Zeug aus oder gehen Sie.«
Immer noch verblüfft spuckt sie den Kaugummi in meine Hand, und ich werfe ihn in einen Abfalleimer, den der Chihuahua eifrig inspiziert.
»Regel Nummer zwei«, fahre ich fort und wische
meine Hand mit einem Papiertuch ab, das ich aus der Box auf Tiffanys Schreibtisch genommen habe. »Zu jeder Anprobe müssen Sie pünktlich erscheinen, Ava. Wenn Sie es nicht schaffen, rufen Sie spätestens eine Stunde vor Ihrem Termin an und geben uns Bescheid. Wenn Sie das öfter als ein einziges Mal versäumen, wird der Vertrag zwischen
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