Hokus Pokus Zuckerkuss
Zunge abgebissen.
Chaz scheint sich an seinem Bier zu verschlucken. »Deprimiert?«, wiederholt er, als die Sprache ihm wieder gehorcht. »Wer behauptet denn, ich sei deprimiert?«
Genervt sehe ich mich nach einer geladenen Pistole um. Bedauerlicherweise ist keine verfügbar, und so bleibt mir nichts anderes übrig, als die Frage zu beantworten. »Luke«, murmle ich verlegen. »Er glaubt, du seist deprimiert, weil er heiraten wird und du allein bist.«
» Das bildet er sich ein?«, fragt Chaz spöttisch.
»Also – bist du gar nicht deprimiert?« Jetzt erscheint ein schwacher Hoffnungsschimmer am Horizont. Vielleicht muss ich mich doch noch nicht umbringen.
»Doch, Lizzie.« Chaz’ Augen drohen, meine zu durchbohren. »O ja, ich bin manisch depressiv. Endlich ist mir klar geworden, dass ich schon immer
eine gewisse Frau geliebt habe. Und ich dachte, sie würde meine Gefühle erwidern. Stattdessen verlobt sie sich mit meinem besten Freund, der sie – ehrlich gesagt – nicht verdient. Genügt dir diese Antwort?«
Sonderbar – in meiner Brust schlägt mein Herz Purzelbäume, einige Sekunden lang kann ich nicht atmen und meinen Blick nicht von Chaz losreißen.
Dann merke ich es – natürlich war es ironisch gemeint, und ich spüre, wie meine Wangen brennen.
Natürlich war es ironisch gemeint. O Gott, wie blöd ich bin!
»Was ist eigentlich los mit dir?«, frage ich und ignoriere seinen Sarkasmus. Ich bin wütend auf mich selber – weil ich dachte, er hätte das Geständnis seiner Liebe ernst gemeint. Und noch wütender, weil ich fürchtete, ich hätte ihn verletzt, und mich deshalb elend fühlte … Dieser Mann kann gar nicht verletzt werden. Oder vielleicht schon. Aber nicht von mir. Niemals von mir. »Sei froh, dass ich dich nicht in Erwägung gezogen habe! Du glaubst doch gar nicht an die Ehe. Für dich ist das nur ein sinnloses Blatt Papier, nicht wahr? Zumindest hast du das behauptet.«
»Stimmt genau.« Zurückgelehnt verfolgt er das Basketballspiel. »Wünschst du dir eine romantische Beziehung? Die solltest du nicht ruinieren, indem du heiratest. Ich weiß, wovon ich rede.«
Fassungslos blinzle ich ihn an und traue meinen Ohren nicht. »Seit wann hältst du so wenig von der Ehe? Als du noch mit Shari zusammen warst, hast du das ganz anders gesehen.
Damals wart ihr das personifizierte Eheglück – natürlich auf unverheirateter Basis. Ständig hast du Kuchen gebacken und ihre Wäsche erledigt und das ganze Zeug …«
»Ja«, bestätigt Chaz, ohne seinen Blick vom Bildschirm abzuwenden. Aber ich merke, wie sich seine Kinnmuskeln anspannen. »Nun, sie hat mich verlassen. Erinnerst du dich? Wegen einer Frau . Glaub mir, diesen Fehler mache ich nicht noch einmal. Die Ehe ist nur was für Idioten.«
»Das meinst du nicht ernst«, erwidere ich, schockiert über seinen bitteren Tonfall.
Höhnisch grinst er den Fernseher an. »Oh, ich weiß sehr gut, wovon ich rede. Immerhin ist mein Dad ein Scheidungsanwalt.«
»Trotzdem ist er mit deiner Mom verheiratet. Wie lange schon? Etwa dreißig Jahre?«
Warum rege ich mich so sehr über diese Worte auf? … Dass ich schon immer eine gewisse Frau geliebt habe. Besonders geschmackvoll war diese Bemerkung nicht, nach allem, was wir am Neujahrsabend im Taxi getrieben haben. Noch schlimmer finde ich die Reaktion meines Herzens auf Chaz’ Geständnis. Was soll denn das bedeuten?
Und wie konnte ich Chaz auch nur eine Sekunde lang glauben? Okay, ich weiß, ich bin ein naives Mädchen aus dem mittleren Westen. Aber ich versuche wirklich, mich nicht so zu benehmen. Zumindest meistens.
»Das hänge ich nicht gerne an die große Glocke«, entgegnet er. »Die glücklich verheirateten Eltern
passen nicht zu meinem Image – Philosophiedoktorand, seit kurzem Single, wohnt allein in einem Haus ohne Aufzug im East Village, führt ein hartes Leben, Gewohnheitstrinker, ist gefährlich …«
Jetzt ist es an mir, höhnisch zu grinsen. »Was heißt das?«
Chaz wendet seinen Blick vom Bildschirm ab und starrt mich an. »Findest du mich nicht gefährlich?«
»Nicht mit dieser Kappe.«
»Oh, ich bin gefährlich«, versichert er. »Viel gefährlicher als Luke.«
»Ich habe mich in Luke verliebt, weil er nicht gefährlich ist.«
»Und warum liebst du ihn? Weil er reich ist? Attraktiv? Wortgewandt? Lässig-elegant? Aufmerksam? Freundlich? Und weil er eines Tages Kinder retten wird?«
»Aus all diesen Gründen. Abgesehen von seinem Reichtum. Besten Dank, ich will mein Geld
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