Holly greift nach den Sternen
schwesterlichem Stolz. Das war richtig süß und mit diesem Adjektiv hätte Holly Candy normalerweise nicht beschrieben. »Er hat das Geld zusammen und wird in London drehen.«
»Ich hab einen Teil des Gelds zusammen, Dusselchen«, korrigierte Reed und lächelte ein träges Halbbruderlächeln.
»Du sollst das verdammt noch mal nicht zu mir sagen, Holzkopf!«
Bevor Candy und Reed weiter Beleidigungen austauschen konnten, streckte Holly ihre Beine aus, und wie auf ein Stichwort drehte sich Reeds Kopf zu ihr.
»Wovon handelt dein Film?«, hauchte sie.
Reed hatte wirklich einen schönen Mund. Die vollen Lippen waren nur deshalb nicht zu hübsch, weil sich seine Mundwinkel leicht nach unten bogen, als würde er nicht allzu häufig lächeln.
»Er handelt von zwei jungen Leuten, die sich seit der Kindheit lieben und nach England flüchten, weil ihre Eltern gegen diese Verbindung sind. In der großen Stadt erliegen sie den Versuchungen und verlieren ihre Träume aus den Augen«, erklärte Reed, dann verzog er das Gesicht. »Aber es ist in Wirklichkeit witziger - und düsterer. Ich will eine Art neuen film noir machen, so als würde Humphrey Bogart auf Woody Allen treffen, verstehst du?«
Holly verstand gar nichts. Vielleicht sprach Reed ja marsianisch. Aber sie begriff die wichtigen Punkte.
»Ich würde gern bei deinen Castingleuten vorsprechen. Nicht weil ich es nötig hätte, aber ich könnte das Script mal durchlesen. Ich bin nämlich echt scharf auf eine Rolle, die mich herausfordert.« Sie wandte den Kopf, damit Reed ihr fotogenes rechtes Profil sehen konnte, und fuhr fort: »Ich glaube, es würde für einiges Aufsehen sorgen, wenn mein Name mit dem Projekt in Verbindung gebracht wird - das wäre doch eine tolle Publicity. Und wenn die Leute dann erst mal sehen, was ich aus der Rolle mache, dann...«
Candy sah äußerst gequält aus und bewegte lautlos die Lippen, um ihr etwas mitzuteilen, und Reed hatte die Arme verschränkt und schaute nicht mehr auf ihre Beine, sondern mit stählernem Blick direkt in ihre Augen.
»Ich hab da schon wen im Kopf«, sagte er kurz angebunden. »Versteh mich nicht falsch, aber ich suche nach einem Mädchen, das noch ganz ungeformt ist. Du bist ein bisschen zu sehr L. A.«
Ich bin überhaupt kein bisschen zu sehr, dachte Holly, während sie unter der Wucht von Reeds frostiger Ablehnung zu frösteln begann. Mit aller Willenskraft verhinderte sie eine Gänsehaut und zwang sich zu lächeln.
»Null Problemo«, sagte sie leichthin. »Man kann’s ja mal versuchen.«
»Klar.« Reed lächelte zurück, aber ohne jede Wärme. »Was war jetzt mit deinem iPod?« Er wandte sich wieder Candy zu, die fast das Stichwort überhört hätte, aber dann von all den Songs schwatzte, die verschwunden wären, nachdem sie ihr Überspielkabel herausgerissen hatte.
Holly unterdrückte ein Gähnen. Sie überhörte niemals ein Stichwort, und gerade tönte es laut und deutlich, dass ihre Anwesenheit hier überflüssig war. Außerdem war irgendein Low-Budget-Undergroundfilm über zwei bescheuerte Teenager wohl kaum ein empfehlenswerter Karrierestart für sie!
»Ich geh schlafen!«, sagte sie zu niemand Besonderem, stand auf und schlenderte langsam mit einer winzigen Andeutung eines Hüftwackelns aus dem Zimmer, um diesem supertollen Filmregisseur zu zeigen, dass sie in einer ganz anderen Liga spielte.
Während Holly im Flur darauf wartete, dass Laura aus dem Bad kam, dachte sie über die Situation nach. Sie würde deshalb nicht wütend werden, weil sie nie wütend wurde. Aber für einen Kerl, der nur mit Models ausging, war Reed ziemlich eingebildet.
»Bad ist frei.«
Holly sah hoch.
Laura starrte auf sie hinunter.
»Hä?«
»Ich muss mir nur noch die Zähne putzen, dann hast du das Bad ganz für dich allein«, wiederholte Laura und ließ die Tür offen stehen.
»Deine Frisur ist super«, gurrte Holly ermutigend, während sie ihre speziell gemischte Coldcream vom Bord nahm. Es war wahnsinnig schwer, mit Laura ein Gespräch zu führen, aber vielleicht konnten sie über Lauras kürzlich erlittenen schrecklichen Haarschnitt eine Verständigung erreichen. »Steht dir echt gut!«
Laura stierte wütend ihr Spiegelbild an. »Ich lass mir Extensions machen.«
Das Bad stank nach mindestens zehn verschiedenen Düften, nach Parfum, Haarspray und Bodylotion. Holly versuchte, nicht zu atmen, während sie ihr Make-up entfernte.
»Candys Bruder ist echt ein Lüstling«, erklärte Laura plötzlich durch einen
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