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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brinkmann
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gehalten, mit Warnblinker und laufendem Motor, und ist rein in die Metzgerei. Vor ihr war nur eine kurze Schlange aus zwei alten Damen. Aber nicht, dass die eine Polizistin in Uniform vorgelassen hätten. Oder dass es schnell gegangen wäre, weil es bloß zwei waren.
    »Griaß di!«, hat der alte Harlander von hinter der Fleischtheke die Katharina begrüßt, und dann hat er weiter so getan, als würde er dem Gespräch der beiden Alten zuhören,weil sie haben ihm ja grade was aus ihrem bewegten Leben erzählt. Und zwar haben sie ihren Alltag dargelegt, der zusammengerechnet bisher mindestens hundertachtzig Jahre umfasst hat, und das Ganze haben sie in Echtzeit erzählt. Hundertachtzig Jahre Zeit hat eine achtunddreißigjährige Polizistin natürlich nicht.
    »Daadn S’ mi entschuidigen«, hat die Katharina sich deshalb jetzt eingemischt und gleich böse Blicke geerntet. »Aber i bin im Dienst, und wenn’s Eana nix ausmacht, daad i nur gern a Brotzeit kaffa und   –«
    »Was derf’s denn sei?«, hat der Vitus sich von den Alten abgewandt.
    »Irgendwas Guads.« Die Katharina hat sich schlecht entscheiden können, weil sie geistig schon mit ihrer Mission beschäftigt war.
    »Den Fleischsalat hast doch scho ewig nimmer probiert, oder? Zumindest ned, seitsd wieder da bist? Wart, i pack dir a Haferl ei und zwoa Semmen dazua.«
    Der Vitus Harlander hat sich halt immer schon schnell entscheiden können. Ein resoluter und robuster Typ, ein typischer Metzger, der den ganzen Tag in einer blutverschmierten Schürze herumrennt, recht wendig trotz seiner Leibesfülle, und der den Kunden die Wünsche praktisch von den Augen abliest.
    Mit ihrer Brotzeit bewaffnet ist die Katharina jetzt wieder zu ihrem Golf, und die Alten hat sie auch noch meckern hören durch die offene Tür, aber das war ihr jetzt wurscht. Hunger hat sie eigentlich keinen mehr gehabt im Moment, also hat sie ihr Brotzeitpackerl auf den Beifahrersitz geschmissen und ist weitergefahren. Das Harlanderzeug schmeckt ja auch ein paar Stunden später noch passabel. Obwohl so ein Fleischsalat mit wahnsinnig vielfrischer Mayonnaise doch ein gewisses Gefahrenpotenzial entwickelt, wenn er den ganzen Tag im kochend heißen zinnoberroten Golf vor sich hin gärt. Daran hat die Katharina jetzt aber nicht gedacht, und leider später auch nicht mehr, sondern nur an ihre Mission, Jaguar XKR.
    Tanken hat die Katharina auch noch müssen, also Umweg zur Jet, aber trotzdem war sie eine Viertelstunde später in Halling auf dem Autohof vom Hafner, den Weg hat sie ja schon gekannt, und gefahren ist sie wie eine gesengte Sau, also recht schnell, also schneller als erlaubt. Auf dem Hof war inzwischen tote Hose, weil die Sekretärin auch in den Mittag verschwunden war. Noch nicht einmal der Schatten eines Mechanikers war zu sehen, die Werkstatt verriegelt, Mittag ist halt Mittag und quasi heilig für einen Handwerker.
    Aber egal, das Wetter war fantastisch, ein richtig schöner Altweibersommertag, da kann man schon einmal ein bisschen herumstehen und warten. Und nebenbei die drei Jaguars inspizieren, die immer noch unter der Hollerstauden gestanden sind.
    Das waren schon drei edle Wagen, da kannst du mit einem Golf einfach nicht mithalten, auch wenn der ein Oldtimer aus der ersten Generation ist, jede Menge ideeller Wert inklusive. Der schwarze, ein XJR, hat nach Achtzigerjahre ausgesehen, ein recht schönes Auto eigentlich. Der goldene war ein X-Type Estate, nicht mehr ganz frisch, auch nicht wirklich alt, leider aber ein eher schiaches Modell, furchtbar protzig, und dann auch noch diese Farbe! Der weiße war der schönste, hat die Katharina gefunden, ein X J-Modell , Anfang Siebzigerjahre, 1972, um genau zu sein, aber das erkennst du als Laie natürlich nicht auf den ersten Blick, da grenzt du das Baujahr mehr so nachGefühl ein. Das Alltagsauto vom Altmann. Wie aus dem Ei gepellt, das ganze Chrom überall, nur halt ein bisschen verdreckt. Und fast wie angewachsen hat der ausgeschaut. Der Löwenzahn und das Gras um die Reifen herum sind schon ganz hoch gestanden.
    Jetzt, Ende August, war der Holler fast reif, und da hat sich die Katharina an die Sprenkler auf dem weißen Jaguar erinnert, die ihr bei ihrem Besuch vor einer Woche schon aus der Ferne aufgefallen sind, und die hat sie sich jetzt einmal aus der Nähe anschauen wollen.
    Die Flecken waren dunkel und eingetrocknet und eigentlich nur auf der Motorhaube drauf, ganz wenige auf dem Dach. Sie hat ihren Finger abgeschleckt und mit

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