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Holunderblut

Holunderblut

Titel: Holunderblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brinkmann
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ihrer Spucke einen Sprenkler von der Motorhaube gerieben. Und den Finger wieder abgeschleckt.
    Das war mehr so ein Reflex von der Kathi, dass sie den Hollergeschmack von der Motorhaube testet. So ein Auto ist ja meist eine recht eine dreckige Angelegenheit. Aber wie gesagt, gedacht hat sie sich in dem Moment eigentlich gar nichts, höchstens daran erinnert, wie sie ganz klein war und ihre Mutter einmal eine Hollersuppe gekocht hat, nach dem Rezept von der bayerischen Oma. Die kleine Kathi war nicht besonders gschleckert, die hat eigentlich alles gegessen, auch wenn es ein bisschen bitter war, wie die Hollersuppe von der Maria Berger, also eigentlich Maria Mazzano, und mit so einem Namen wirst du keine bayerische Hollersuppen-Meisterköchin. Die Grießnockerl in der Suppe waren auch ganz zerfallen, aber der Kathi hat es trotzdem geschmeckt, war ja schon ein Ereignis, dass die Mamma einmal etwas kocht. Weil fürs Kochen war eigentlich immer der Papa zuständig, aber der war oft Tag und Nacht im Einsatz, und dann hat es halt nur Brot undWurst und Käse gegeben, direkt aus dem Kühlschrank. Die bittere Grießnockerl-Hollersuppe war also so eine Art Liebesbeweis von der Mamma, und so viele hat es da nicht gegeben, also hat die Kathi sich das Ganze tief eingeprägt. Und wenn man als Kind einmal den eigenartigen Hollerbeerengeschmack kennengelernt hat, dann vergisst man ihn nicht wieder.
    Und mit diesen Erinnerungen im Hinterkopf hat die Katharina jetzt reflexartig die Hollerspur von der Motorhaube geschleckt. Und ein Reflex war es auch, dass sie das Ganze gleich wieder angewidert ausgespuckt hat.
    Nicht wegen dem krebserregenden Autodreck. Mehr wegen dem Geschmack, obwohl auch die erwachsene Katharina nicht gschleckert war. Aber, egal ob Kind oder Erwachsener, den Geschmack von Blut kennst du immer vom Holunder weg.

FÜNFE
    Man kann sagen, was man will über die deutsche Polizei, aber wenn was passiert, ein richtiges Verbrechen zum Beispiel, dann ist sie wahnsinns schnell vor Ort.
    Die Katharina hat mit ihrem alten Siemens-Handy herumtelefoniert, was der Akku noch hergegeben hat, also zwei Anrufe. Erst einmal hat sie die Dienststelle in Weil alarmiert, den Brunner persönlich, dann noch einmal in der Werkstatt angerufen in der irrigen Hoffnung auf eine Weiterleitung auf das Handy vom Hafner, aber eine Weiterleitung hat es nicht gegeben, und dann ist der Akku abgeschmiert.
    Der Brunner ist also jetzt auf dem Hof gestanden neben der Katharina, weil der Präside, also der Polizeipräsident von Mühldorf, momentan im Urlaub war, und zwar für drei Wochen auf Ischia, dass man glatt hätte neidisch werden können, und der Brunner ist jetzt doch wieder hinterrücks vom Präside für den Fall Altmann eingeteilt worden.
    Dabei hätte der Brunner eigentlich nicht unglücklich darüber sein dürfen, dass der Präside ihm die Befugnis erteilt hat, den Vermisstenfall zu bearbeiten   – in Kooperation mit den Mühldorfer Kriminalern, wenn nötig, sprich: wenn sich herausstellen sollte, dass es sich um ein Kapitalverbrechen handelt. Der Präside hat den Brunner nämlich im Grunde durchaus geschätzt, weil der ja vorher, bevor er die Leitung der Polizeiinspektion in Weil übernommenhat, jahrelang in Mühldorf tätig gewesen ist, und zwar bei der Kripo.
    Aber sie haben halt auch noch was Persönliches miteinander gehabt, und deswegen hat der Brunner es auf Biegen und Brechen versucht zu verbergen, wenn er eine Entscheidung vom Präside eigentlich wertgeschätzt hat. Lieber gestresst tun und herumgranteln.
    In diesem Fall auf dem Tandlerhof.
    Die Anni war auch dabei und der Merkl Albert, den die Katharina heute Morgen zum ersten Mal gesehen hat, weil der die Woche vorher im Urlaub gewesen ist. Der Merkl war ein ganz ein netter, freundlicher Mittdreißiger, ein bisschen farblos so als Mann, aber als Kollege vollkommen akzeptabel.
    Außerdem haben die Mühldorfer noch einen von der Spurensicherung hergeschickt, den Moser Rudi. Der Rudi hat genau so ausgesehen, wie sein Name es hat vermuten lassen. Mitte vierzig, einen Kopf kleiner als die Katharina und zwei Kopf kleiner als der männliche Durchschnitt, spindeldürr, dafür eine Lederjacke, dass man sich hat wundern müssen, dass der Rudi von dem Gewicht nicht gleich zu Boden gezogen wird. In seiner Freizeit war der Rudi ein passionierter Motorradfahrer, das hat man gleich gesehen. Und in seiner Arbeitszeit Spurensicherer bei der Mühldorfer Kripo, was man aber gar nicht gesehen hat, weil

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