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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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während sie sich mühsam aus dem Bett erhob und Richtung Badezimmer wankte. »Ich versuche mir was Trockenes anzuziehen.« Sie kam nicht einmal bis zur Tür, bevor sie die nächste Wehe überfiel.
    »Zwei Minuten!«, stellte Christian fest. »Dann sollten wir wirklich schnell los!«
    Er sprang in seine Jeans und zog ein T-Shirt über den Kopf, bevor er die Treppe nach unten polterte und bei Hanna und Peter anklopfte.
    »Es geht los! Wir müssen ins Krankenhaus!«
    Eine Weile rührte sich nichts, bevor Hanna verschlafen antwortete: »Ich komme!«
    Augenblicke später tauchte sie in einem langen Hemd, mit offenen Haaren und verschlafenem Gesicht in der Tür auf. Gemeinsam gingen sie wieder nach oben ins Gästezimmer – und mussten feststellen, dass Irmela sich wieder ins Bett gelegt hatte. »Ich glaube nicht, dass ich es noch bis aufs Festland schaffe«, erklärte sie. »Ruft am besten die Hebamme an, die kann doch sicher herkommen.«
    Während Hanna im Telefonbuch die Nummer heraussuchte, lag Irmela stöhnend auf dem Bett. »Scheiße, das tut mehr weh, als ich dachte«, murmelte sie. »Und ist es eigentlich normal, wenn man blutet wie ein abgestochenes Schwein?«
    Erst jetzt merkten Christian und Hanna die Lache, die sich zwischen Irmelas Beinen gebildet hatte. Hanna schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, aber ich habe bisher auch nur eine einzige Geburt erlebt – die von Simon. Das macht mich wohl nicht zur Fachfrau. Die Hebamme ist gleich hier, sie hat mir versprochen, dass sie keine zehn Minuten braucht.«
    Wenig später klingelte es an der Tür, und eine ältere Frau mit kurzen grauen Haaren kam die Treppe herauf. Mit einem Blick erfasste sie die Situation.
    »Mein Name ist Christine«, stellte sie sich vor. »Ich werde dich mal untersuchen«, erklärte sie Irmela und machte sich an die Arbeit.
    Mit ernstem Gesicht richtete sie sich nur wenig später wieder auf. »Sie ist schon zu weit, als dass wir noch ins Krankenhaus fahren könnten. Wir könnten natürlich einen Krankenwagen rufen, aber bis der hier ist, vergeht eine Weile. Wir könnten die Geburt auch hier machen. Ich kann Irmela etwas gegen die Blutungen geben, und dann sollten wir in ein oder zwei Stunden das Baby hierhaben. Was wollt ihr?«
    »Lieber hier!«, meinte Irmela. »Ich habe keine Lust auf Krankenhaus und Krankenwagen. Hauptsache, es geht schnell vorbei …« Sie stöhnte wieder auf.
    Christine nahm einen Beutel aus ihrer Tasche und sah sich suchend um. »Ich brauche etwas kochendes Wasser für einen Tee, kann mir das bitte jemand bringen?«
    Hanna nickte und verschwand. Wenig später bekam Irmela einen würzig schmeckenden Tee zu trinken. Und tatsächlich: Die Blutungen ließen nach. Während es draußen allmählich hell wurde, kamen die Wehen in immer kürzeren Abständen – bis bei Sonnenaufgang das Geschrei eines kleinen Mädchens das Haus erfüllte.
    Irmela sah das kleine, rotgesichtige Wesen in ihren Armen an, als hielte sie einen Außerirdischen. Aber Christian war vor Freude fast nicht mehr wiederzuerkennen. Er strahlte seine kleine Familie an. »Wie wollen wir sie nennen? Was hältst du von Lena? Darf ich sie auch einmal halten?«
    Irmela reichte ihm das kleine Bündel, und er lief mit seiner Tochter durchs Zimmer. Nach einer Weile legte ihm die Hebamme die Hand auf die Schulter. »Die Kleine sollte jetzt zu ihrer Mutter. Sie braucht allmählich ihre erste Mahlzeit.«
    »Natürlich!« Christian legte die kleine Lena wieder in die Arme ihrer Mutter.
    Irmela sah unbeholfen die Menschen an, die um ihr Bett standen. »Und wie soll das jetzt gehen?«
    Die Hebamme zögerte keinen Augenblick. »Das zeige ich dir gleich – aber dafür sollten wir vielleicht einen Teil des Publikums aus dem Zimmer werfen. Sonst wird das nichts mit dem Stillen.«
    »Ich gehe ja gleich«, erklärte Hanna. »Aber eine Frage, bevor ich es vergesse: Was ist das für ein Tee, den Irmela da von dir bekommen hat? Den Geruch konnte ich überhaupt nicht einordnen. War das eine Mischung?«
    »Nein, keine Mischung«, erklärte die Hebamme. »Das ist ein Geheimnis meiner Familie. Bei uns sind die Frauen seit Menschengedenken Geburtshelferinnen. Diesen Trank vererbt die Mutter an ihre Tochter. Um dir dieses Geheimnis zu verraten, müssten wir dich vorher adoptieren.« Sie lächelte. »Und jetzt raus. Mutter und Tochter brauchen ein wenig Ruhe, damit sie sich aneinander gewöhnen können.«
    Hanna ging mit Christian in die Küche, wo sie erst einmal die

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