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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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kenne, wirst du schon noch herausfinden, um was es sich dabei handelt. Am besten natürlich jetzt, wo wir mit den Anpflanzungen beginnen.«
    »Tja, und dann ist meine Zeit auf der Reichenau beendet. Schade, mir gefällt es hier.« Irmela sah auf ihren Bauch. »Und es muss ein fruchtbares Klima sein. Ich habe wirklich nicht geplant, schwanger zu werden. Wissenschaftlerinnen mit Kindern gibt es ja auch nicht so viele …«
    »Dann beweist du eben der Menschheit – oder wenigstens den alteingesessenen Professoren –, dass es möglich ist, ein Kind zu haben und trotzdem eine ordentliche Habil zu schreiben!« Christian nahm seine Frau in den Arm und küsste sie auf den Hals. »Glaub mir, ich bin beeindruckter davon, dass wir ein Kind zustande gebracht haben, als von jedem wissenschaftlichen Aufsatz, den wir je miteinander schreiben werden …«
    »Dann kannst du ja die Windeln wechseln, während ich über meiner Habil brüte«, murmelte Irmela und drehte sich dann zu Hanna um. »Es wäre toll, wenn ich als neuen Beitrag nicht nur den tatsächlich angelegten Garten hätte, sondern auch das Ambrosia-Geheimnis lösen könnte. Ich weiß, ich habe dich schon hundertmal gefragt – aber hast du wirklich keine Ahnung, was Walahfrid mit dieser Ambrosia gemeint haben könnte? Oder andersherum gefragt: Was fehlt deiner Meinung nach in einem frühmittelalterlichen Kräutergarten? Wenn du das Ding ohne Walahfrids Gedicht, also einfach frei Schnauze anlegen könntest: Was würdest du noch dazupflanzen?«
    Hanna legte ihre Stirn in Falten und sah Peter Hilfe suchend an. »Das haben wir uns auch schon gefragt. Ich denke, Rainfarn fehlt. Das war damals ein beliebtes Kraut – wenn ich es richtig sehe, dann haben die Menschen Rainfarn als Wurmmittel eingesetzt. Leider ist das Zeug auch giftig, deshalb könnte Walahfrids Spruch durchaus passen, dass es so viel Heilkraft entzieht, wie es zuführt, oder so ähnlich. Das wäre meine These als Kräuterhexe, aber ich habe keine Ahnung, ob du daraus eine wissenschaftliche These für deine Arbeit machen kannst.«
    »Ach, lieber eine beherzte These als eine vage Vermutung. So funktioniert der Betrieb eben.«
    »Ich weiß schon, warum ich keine Wissenschaftlerin geworden bin. Mir gefällt der praktische Teil der ganzen Sache viel besser«, meinte Hanna. »Und jetzt lass uns noch ein bisschen weitermachen, ja?«
    Widerwillig griff Irmela nach dem Spaten. Anders als Hanna liebte sie die wissenschaftliche Forschung und die Planung des ganzen Unternehmens. Das eigentliche Anlegen des Gartens fand sie langweilig und anstrengend. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Hanna liebevoll eine kleine, vorgezogene Pflanze aus dem Container nahm und vorsichtig in ein Beet setzte. Dabei sah sie so konzentriert und hingebungsvoll aus, als würde sie eine Operation am offenen Herzen durchführen – und nicht einfach nur eine kleine Pflanze in die Erde drücken.
    Seufzend ließ Irmela den Spaten in ein Beet gleiten, das noch einmal umgegraben und dann fein geharkt werden musste, damit die kleinen Samenkörner eine Chance auf Wachstum hatten. So hatte Hanna es ihr erklärt, und Irmela war fest entschlossen, diese Anweisungen umzusetzen. Trotzdem entfuhr ihr ein kleiner Fluch, als ihr wieder einmal ihr dicker Bauch im Weg war, doch erst als ihr das erste Mal der Atem wegblieb, hielt sie inne.
    Ihre Freunde sahen sie überrascht an. Offensichtlich hatte sie laut aufgestöhnt. »Was ist?«
    Irmela winkte ab. »Nur eine kleine Wehe. Das hat mir die Hebamme schon erklärt – ein paar Wochen vor der Geburt übt der Körper offensichtlich schon mal. Das müsste so eine Übungswehe sein. Kein Grund zur Sorge.«
    Christian sah seine Frau fragend an. »Bist du dir sicher? Sollen wir nicht lieber ins Krankenhaus fahren?«
    Mit einer abwehrenden Handbewegung nahm Irmela wieder den Spaten in die Hand. »Bloß nicht. Das machen wir erst, wenn es wirklich losgeht.« Um ihre Worte zu untermauern, machte sie sich mit neuer Energie an das Umgraben des Beetes.
    Hanna lachte. »Wenn ich mich recht erinnere, dann ist Bewegung sogar gut für Geburten – und es ist wahrscheinlich egal, ob man ein Beet umgräbt oder im Krankenhaus herumläuft und wartet. Was dieses Beet betrifft, hast du jetzt aber genug herumgebuddelt. Du läufst nur Gefahr, dass du unsere kunstvollen Schichten aus Schnittgut, zerstückelter Grassode und Kompost wieder durcheinanderbringst. Wenn du dich schon unbedingt mit roher Gewalt nützlich machen willst,

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