Holunderliebe
Kaffeemaschine anschaltete. Sie lächelte ihren Gast an. »Und Peter hat wieder einmal alles verschlafen. Wenn der erst mal schläft, kann ihn nichts mehr aufwecken, da könnte wahrscheinlich eine Bombe in unser Haus einschlagen.«
»Beneidenswert«, meinte Christian. »Ich wache bei jeder Kleinigkeit auf.«
In diesem Augenblick tauchte die Hebamme in der Küche auf. Sie lächelte beim Anblick der gurgelnden Kaffeemaschine. »Kann ich auch eine Tasse haben? Dieses nächtliche Aufstehen fällt mir allmählich doch etwas schwer. Ich werde alt.« Sie wandte sich an Hanna. »Wenn du mir ein frisches Laken und Bettwäsche gibst, dann kümmere ich mich darum, dass Irmela es ein bisschen bequemer hat. In Ordnung?«
»Sicher!« Hanna reichte Christine eine Tasse Kaffee und holte dann frische Tücher, die sie der Hebamme in die Hand drückte.
Christine trank in wenigen Schlucken den heißen Kaffee und ging dann wieder nach oben. Hanna sah ihr sinnend hinterher. »Ich würde zu gerne wissen, was sie in diesen Tee getan hat. Das kann doch nicht sein, dass eine einzige Familie seit Jahren auf so einem Geheimnis sitzt. Oder doch?«
»Warum nicht?« Christian dachte nach. »Ich meine, es ist noch nicht so lange her, da mussten Frauen mit Kräuterwissen immer wieder um ihr Leben fürchten. Das mag dafür sorgen, dass sie so manches Wissen lieber für sich behalten haben.« Er lauschte nach oben. »Auch wenn wir dieses Kind nicht geplant haben, finde ich sie jetzt schon eine echte Bereicherung in meinem Leben.«
Hanna lächelte. »Es ist schon ein paar Jahre her, dass Simon auf die Welt gekommen ist, aber ich erinnere mich noch genau an dieses Gefühl. Was könnte man in seinem Leben Größeres vollbringen, als ein Kind auf die Welt zu setzen?«
»Ich fürchte, Irmela sieht das nicht so«, murmelte Christian und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein. »Sie fürchtet um ihre Karriere und macht sich jetzt schon Gedanken über die richtige Kinderbetreuung, wenn sie wieder an der Uni arbeitet.«
»Das wird sich schon noch ändern«, meinte Hanna tröstend. »Ich bin mir sicher, dass auch Irmela sich auf Dauer nicht dem Zauber eines kleinen Kindes entziehen kann.«
»Hoffentlich hast du recht …« Christian sah aus dem Fenster. Die Sonne stand noch flach über dem Horizont, und feiner Morgennebel zog über die Wiesen. Er war sich sicher, dass jetzt der beste Teil seines Lebens beginnen würde.
24.
S ie hatten zusammen gefrühstückt und gelacht und waren auch ein wenig traurig gewesen, dass ihre gemeinsame Arbeit vorbei war. Der Hortulus war mit seinen dreiundzwanzig Beeten perfekt angelegt – und am vierundzwanzigsten Beet hatten sie ein Schild angebracht, das das Geheimnis der Ambrosia erläuterte. Mit dieser Lösung waren alle einverstanden gewesen, auch wenn Irmela weiter damit haderte, dass sie mit dieser Erkenntnis wohl kaum ihre Habilitation bestreiten konnte. Noch am gleichen Nachmittag würde sie mit Christian, ihren Koffern und dem zwei Wochen alten Baby im Gepäck wieder nach Hause fahren. Das Auto stand bereits gepackt vor der Tür.
Doch mit einem Mal legte Irmela ihr Brot auf den Teller und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. »Wie konnte ich nur so blöd sein! Die Lösung für dieses Ambrosiarätsel ist so offensichtlich! Es muss das Kraut sein, das mir diese Hebamme als Tee eingeflößt hat. Ein geheimes Mittel, das nur in einer Hebammenfamilie auf der Reichenau überliefert wurde – das muss einfach so sein!«
Sie schaute in die Runde, sah aber nur zweifelnde Gesichter. »Wenn die Lösung so einfach wäre, dann hätte sie längst jemand gefunden«, gab Hanna zu bedenken. »Es ist doch kaum möglich, über Jahrhunderte ein Kraut geheim zu halten. Und wenn das Zeug wirklich bei Geburten hilft, dann wäre es doch geradezu ein Verbrechen gewesen, der Menschheit dieses Kraut vorzuenthalten – oder etwa nicht?«
»Aber du weißt doch, heilkundige Frauen mussten immer mit Verfolgung rechnen«, konterte Irmela. »Der Kirche war es immer suspekt, wenn irgendjemand außerhalb der Kirche etwas bewegt hat. Wenn die könnten, würden die heute noch dafür sorgen, dass du bei jedem Aspirin ein Vaterunser sprechen musst.«
»Das siehst du etwas einseitig«, wagte Christian zu widersprechen, während er in den Stubenwagen sah, um nach der kleinen Lena zu sehen. Der war der Streit der Erwachsenen offensichtlich egal. Sie schlief seelenruhig und mit leicht geöffnetem Mund.
»Quatsch, das ist die
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