Holy Shit
don’t like mondays.«
Die verfluchte Arbeit und die verdammten Kollegen
Zehn Minuten halte ich aus. Aber wenn bei einem Abendessen unter Freunden nach einer halben Stunde immer noch in heller Wut über die Kollegen im Büro oder im Geschäft geschimpft wird, lenke ich gern und intensiv auf andere Themen hin. Das ist harte Arbeit. Wenn man Menschen auf ihre Arbeit anspricht, ist die Klage kaum noch zu stoppen. Bei aller möglichen Berechtigung – man kann sich schon wundern über die Intensität und Ausdauer, mit der da geflucht, in den Dreck gezogen, verdächtigt, verleumdet, gemeckert, verachtet, gespottet, mit Worten gemordet wird.
Offensichtlich verbindet sich hier realer Leidensdruck mit einer erleichternden Eigendynamik. An anderen kein gutes Haar zu finden, lässt einen selbst als armes Opfer schrecklicher Verhältnisse oder als einzig klardenkenden Menschen inmitten von hirnamputierten Schwachmaten dastehen. Vor allem die anderen haben SCHULD! Und zwar – AN ALLEM! So eine Feststellung entlastet kolossal. Der Titel eines höchst erfolgreichen Kinderbuchs leuchtet vielen ein, die unter, über oder mit anderen arbeiten müssen: »Von Idioten umzingelt«.
Wenn ich ehrlich sein soll – ich kenne das alles selbst nur zu gut. Seit langem bin ich zum Glück selbständig, freiberuflich, alleinverantwortlich, was freilich den Nachteil eines unangenehmen Chefs hat, den man niemals loswird – sich selbst. Einige Jahre lang aber sah mein Arbeitsalltag ganz anders aus. Am Lehrstuhl einer Universität und in einer Bibliothek begegnete ich als Angestellter einer Reihe netter Kollegen, doch natürlich gab es die üblichen Verdächtigen, die unerträglichen Deppen auch dort. Wie oft ich wutschnaubend, tiefenttäuscht, geradezu gedemütigt nach Hause kam? Zu oft! Am schlimmsten waren die Gefühle von Machtlosigkeit und erlittener Ungerechtigkeit. Was will man gegen betonierte »Dasmachenwirhierschonimmerso«-Strukturen tun? Wie begegnet man informellem Druck und nicht justiziablenFehlentscheidungen?
Was tut man gegen die Willkür und den Egoismus selbstherrlicher Chefs, die ihre Unfähigkeit hinter Machtansprüchen verbergen?
Ähnlich wie in Familien und Ehen gibt es im Beruf so viele Reibungsmöglichkeiten, dass Streit, Ärger, Fluchen vorprogrammiert sind. Die Rollen der unbeliebtesten Mitspieler in diesem Drama kennen wohl die meisten, aber seit einigen Jahren macht man sich einen Spaß daraus, die Schimpfwörter für sie, die man in Büroserien wie Stromberg hört, um immer neue Varianten zu erweitern. Ob sie wirklich im Alltag verwendet werden? Ich glaube nicht. Aber sie zeugen oft von guter Beobachtungsgabe.
Haben Sie schon mal jemanden über »Abfangjäger« meckern hören, also Sekretärinnen, an denen niemand vorbeikommt? Oder über »Zwecktölpel«, Leute, die sich bei Aufträgen extra dumm anstellen, damit sie niemand mehr um etwas bittet? Kennen Sie »Chefzäpfchen«, also den netteren Ausdruck für »Vorgesetztenarschkriecher«? (Auf Englisch heißt so etwas »to brown-nose someone« – igitt!) Hm, die ganze Sache ähnelt ein wenig der Mode um das Jahr 2000, als der »Warmduscher« als Ersatz für das »Weichei« aufkam, dann der »Frauenversteher«. Mit »Festnetznutzer«, »Foliengriller« und »Fürtierebremser« kamen aber immer kuriosere Beschimpfungen auf, denen man im Alltag fast nie begegnete, die sich aber prima lasen und anhörten, die man in Listen zusammenfassen und anderen Büroleidensgenossen weiterleiten konnte. Jeder von uns kennt sie, die »pathologischen Weiterleiter«. Über sie flucht nicht nur der IT-Kollege. Man bekommt ja nicht nur ein süßes Katzenbild, einen tollen Cartoon, ein unglaublich faszinierendes Video, ein albernes Ratespiel, einen extrem lustigen Witz pro Tag zugeschickt. Das Mailfach quillt sowieso schon über, und dann noch diese angeblich unterhaltsame E-Jauchenflut! Wenn Sie jedenfalls mehr wissen wollen über »Abrissbirne« (wahlweise ein Projektverhindereroder Insolvenzverwalter), »Wurmschleuder« (unvorsichtiger Kollege, der Anhänge zu vertrauensvoll öffnet), »Nacktmull« (Archivmitarbeiter im Souterrain), »Faxfresser« (Vertilger und Verschlamper vor dem Herrn) oder »MoD« (»Master of Desaster«, soll ein besonders unfähiges Mitglied der Geschäftsleitung sein), schauen Sie bei Spiegel Online rein unter »Bürogezeter«; natürlich nur außerhalb der Bürozeiten.
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