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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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international erfolgreicher Konzertpianist anstrebte, kaum noch. Wahrscheinlich würde seine Zukünftige auch eine Musikerin sein. So etwas konnte man erst verstehen, wenn man es selbst durchlebt hatte.
    Er schenkte sich und Claude ein Glas Orangensaft ein und endlich kam Claude auch aus seinem Zimmer gestolpert.
    »Wärst du gestern nicht so spät ins Bett gegangen...«
    Claude verdrehte nur genervt die Augen und stürzte das Glas Saft hinunter. »Du hörst dich schon an wie meine Mutter... Bringen wir es hinter uns.«

    Wenn es sich einrichten ließ, gingen sie beide zweimal in der Woche im Park, der gleich hinter dem Campus lag, joggen. Außer ein paar anderen Sportlern war noch niemand unterwegs und es herrschte friedliche Stille. Deshalb zog es Federico auch vor morgens noch vor den Vorlesungen nach draußen zu gehen. Abends waren hier einfach zu viele Menschen unterwegs.
    Ein paar Nebelschwaden standen noch über dem See und erinnerten sie daran, dass es langsam herbstlich wurde. Auch wenn Claude anfangs nörgelte es wäre ihm zu kalt, nach der ersten Runde um den See war auch er aufgewärmt genug.
    »Machst du noch eine Runde?«, fragte Claude schwer atmend nach einer halben Stunde und blieb an der Weggabelung stehen, die zum Campus zurückführte.
    »Ja und du auch. Jetzt kneif nicht.«
    »Ich koche dafür Kaffee und kauf uns Croissants?«, bot Claude als Kompromiss an.
    »Abgemacht.« Federico grinste als er weiterlief und noch einmal das Tempo verschärfte. Heute würde er noch lange genug vor dem Klavier sitzen, da tat es gut einmal alle Muskeln zu bewegen. Häufig kamen ihm beim Laufen aber auch gute Ideen für kleinere Kompositionen, vielleicht tat er es auch deshalb so gerne, um den Kopf freizukriegen. Nach einem letzten Sprint begann er den Weg in weitaus gemächlicheren Tempo zurückzugehen.
    »Guten Morgen. Auch schon so früh unterwegs?« Der englische Akzent war unverkennbar und Federico hätte sich nicht umdrehen brauchen um zu wissen, wer da gerade hinter ihm aufgetaucht war. Alexis trug ebenfalls Turnschuhe und Sportbekleidung, unter anderem eine Lauftight. Federico fand diese hautengen Hosen, die viele Läufer heutzutage trugen, einfach nur lächerlich. Sie waren hier doch nicht im Ballettsaal und er hätte auch gut ohne diesen ungehinderten Blick auf Alexis‘ Beine, die zugegebenermaßen ziemlich gut austrainiert erschienen, weiterleben können.
    Gerade schob sich Alexis die Haare zurück aus dem Gesicht und kam neben Federico zum Stehen. Von der Anstrengung hatte er rote Wangen bekommen, wo er doch sonst der typisch blasse Engländer war. Im Gegensatz zu seiner üblichen äußeren Erscheinung, waren die Haare auch nicht perfekt mit Gel gestylt. Überhaupt war Alexis der neue Schwarm der Studentinnen und wenn sie ihn jetzt so sehen würden, dann wären einige Kreislaufzusammenbrüche garantiert. Einige Mädchen im Wohnheim hatten sogar wissen wollen, dass er mit Valerie, die mit ihm studierte, ein Verhältnis hätte. Da tat auch die Tatsache keinen Abbruch, dass Alexis wohl in der letzten Woche während einer Vorlesung eine ziemliche Show abgezogen haben musste. Federico hatte es nicht selbst miterlebt und es nur erzählt bekommen: Jemand hatte eine kleine, spöttische Bemerkung über Alexis‘ Fähigkeiten beim Improvisieren fallengelassen. Daraufhin hatte er sich an die Orgel gesetzt und einfach so eine vierstimmige Fuge aus dem Ärmel geschüttelt. Es war ja bewundernswert, dass Alexis diese Fähigkeit besaß. Federico selbst war nur mäßig begabt was Improvisation anging. Doch würde ihm nie einfallen, dermaßen mit seinem Talent zu prahlen.
    Er hatte den Zeitungsartikel aus der New York Times, der sein Konzert an der Juilliard hochgelobt hatte, ja auch nicht gleich ans Schwarze Brett neben der Mensa geheftet auf dass ihn jeder lesen konnte. Aber wenigstens verrissen sich dann die notorischen Klatschbasen des Campus einmal nicht über ihn das Maul. Federico stand nicht gerne im Mittelpunkt und unter permanenter Beobachtung. Für Alexis hingegen schien es das tägliche Brot zu sein. Oder zumindest kam dieser gut damit zurecht.
    »Du machst das öfters, oder? Der Sprint gerade eben hat mir den Rest gegeben.«
    »Bist du mir nachgerannt?«
    Alexis zuckte mit den Schultern und ging zusammen mit Federico den Weg entlang. »Was meinen deine Dozenten dazu, dass du deine kostbare Zeit mit Joggen verbringst?«, meinte er nach kurzer Pause.
    »Ich würde sagen, es kann ihnen egal sein, was ich in

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