Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
Vom Netzwerk:
meiner freien Zeit mache. Außerdem würde mein Rücken mich umbringen, wenn ich nicht ab und zu laufen gehen würde. Hast du schon Bekanntschaft mit Ben gemacht?«
    »Der alte Klavierlehrer? Schwarzer Krückstock mit silbernem Totenkopf? Ja, den habe ich schon gesehen.« Den Krückstock benötigte der alte Mann aber auch jeden Tag und er klagte häufig über seine Rückenschmerzen. Jeder auf dem Campus kannte ihn. Ben gehört einfach schon zum Inventar.
    »Genau so will ich nicht enden. Außerdem würde es mich verrückt machen, wenn ich nicht ab und zu mal rauskommen würde. Immer nur vor dem Klavier zu sitzen oder am Schreibtisch...«
    »Du nimmst es sehr ernst, nicht wahr?« Jeglicher Humor war aus Alexis‘ Stimme verschwunden und er klang echt besorgt.
    Federico blieb stehen und wusste zuerst nicht was er sagen sollte. Was für eine Frage war das überhaupt. Natürlich nahm er das Klavierspiel sehr ernst. Immerhin wollte er Starpianist von Weltruhm werden. »Warum sollte ich es nicht ernst nehmen? Musik und das Klavier sind mein Leben. Ich habe nichts anderes.«
    »So dachte ich auch lange«, entgegnete Alexis. »Aber auf Dauer macht dich das kaputt.«
    Leider hatte Alexis damit vollkommen recht. Das wusste auch Federico. Es gab auch schon die ersten körperlichen Anzeichen, die ihn warnten, dass er dringend etwas kürzertreten musste. Unwillkürlich ballte er seine rechte Hand zur Faust und erwartete schon fast das protestierende Ziehen in seinen Fingern zu spüren. Aber das hieß noch lange nicht, dass er es zugeben würde. Vor allem nicht vor Alexis, was ging es den Organisten an, wie er sein Leben führte?
    So schwieg er zunächst, ging wieder weiter und um das Thema zu wechseln meinte er: »Ich glaube, eine Entschuldigung wäre angebracht.«
    »Ich wüsste nicht, warum.«
    »Wegen dieser Sache im Bistro... Dieser Witz, den Claude gemacht hat.« Federico brannte das Thema auf den Nägeln. Es war ihm so dermaßen peinlich gewesen, was er damals gesagt hatte.
    »Das Filmzitat, das sich auf meinen Hintern bezog?«, bohrte Alexis weiter nach und Federico war dankbar darum, das er es nicht aussprechen musste.
    Er nickte nur. »Tut mir leid.«
    »Oh... Ich hatte gedacht, es wäre ernst gemeint gewesen.« Alexis blickte ihn wie die Unschuld in Person an und Federico blieb erneut stehen.
    »Ich... wie... du hast...« Wie ein Fisch auf dem Trockenen öffnete er wieder und wieder seinen Mund und stotterte doch nur herum. Ernst gemeint? Wieso sollte er das ernst gemeint haben? Dachte Alexis etwa ernsthaft, er hätte ihm auf den Hintern gestarrt?
    Federico winkte ab und murmelte. »Vergiss es.« Er ging weiter in Richtung Campus, dann drehte er sich abrupt um und lief die fünf Meter wieder zurück wo Alexis immer noch stand. »Was soll das heißen ›ernst gemeint‹? Hast du geglaubt, dass ich schwul wäre?«, platzte es dann aus ihm heraus.
    Alexis legte den Kopf leicht schräg und musterte Federico von oben bis unten. »Bist du nicht?«
    »Nein!«
    »Dann sollte ich mich wohl entschuldigen«, bot Alexis an und konnte es nun nicht mehr verhindern, das seine Mundwinkel unkontrolliert zuckten.
    »Machst du dich über mich lustig?«
    »Nein, nein. Es ist nur, du bist damals so knallrot angelaufen und... Sorry.« Er begann zu lachen und Federico würde zu gerne wissen warum und was jetzt so lustig war.
    »Du bist schon ein merkwürdiger Vogel, Alexis«, bescheinigte Federico seinem Gegenüber und konnte nicht verhindern, dass auch er lächelte, wieder besseren Wissens. Aber es tat einfach gut und das Lachen war ansteckend.
    »Ja, das höre ich öfters«, gab Alexis dann freimütig zu. »Aber dein Mitbewohner, der ist doch schwul.«
    »Claude? So schwul wie George Michael und die Village People zusammen. Du meinst, das könnte abfärben?« Federico tat entsetzt und grinste. Es war gar nicht seine Art mit fremden Menschen so reden. Denn im Grunde kannte er Alexis doch kaum. Aber im Gegensatz zu den anderen Studenten schien sich Alexis nicht darum zu scheren, dass Federico ein brillanter Pianist war und sich einen Vorteil von ihrer Bekanntschaft zu erhoffen. Was hätte er auch davon sich bei Federico einzuschmeicheln?
    Das Läuten einer nahen Kirchenglocke erinnerte Federico, dass Claude wahrscheinlich längst wieder in ihrer Bude saß und auf ihn wartete. Deshalb verabschiedete er sich von Alexis und just in dem Moment als er sich abwandte, rutschte er auf dem feuchten Laub aus, das sich auf dem Weg gesammelt hatte.

Weitere Kostenlose Bücher