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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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neu gewonnene sexuelle Vorliebe ausleben wollte. Sie hatten einander so viel zu sagen und schnell war dabei die Zeit vergessen.
    »Hey Alexis, hast du Lust?«
    Alexis sah auf. Jérôme seines Zeichens Jugendtrainer des Clubs, stand am linken Ende der Fechtbahn und deutete auf den freien Platz ihm gegenüber. Das wäre interessant. Jérôme war in etwa gleich alt und auch in Bezug auf Reichweite und Größe Alexis sehr ähnlich.
    Er nickte und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu.
    Die wenigen anderen Fechter waren allesamt in eigenen Wettkämpfen verstrickt, so dass keiner die Funktion des Obmanns übernehmen konnte. Doch sowohl Alexis als auch Jérôme waren erfahren genug, dass sie in den meisten Fällen ihre Aktionen auch selbst beurteilen und bewerten konnten. Nach einem lockeren Vorgeplänkel, um sich etwas warm zu fechten, lieferten sie sich einen sehenswerten Kampf, den Jérôme nur knapp für sich entscheiden konnte.
    Alexis nahm seine Maske ab und nickte seinem Gegner anerkennend zu, während sie den Fechtgruß austauschten und sich danach die Hände reichten. »Danke. Gut gefochten«, bemerkte er.
    »Du aber auch.« Jérôme und er blieben noch auf der Planche stehen. »Du hast Turniererfahrung, oder?«
    »Früher ja«, winkte Alexis ab. »Ich war vor ein paar Jahren auf der Universiade für England. Aber das war mein größtes Turnier.«
    »Die Universiade!« Jérôme pfiff durch die Zähne. »Nicht schlecht. Willst du noch mal?« Er zeigte mit seinem Florett auf den Melder, der in der Mitte der Bahn aufgestellt war.
    »Wenn es dir nichts ausmacht, könntest du mit mir ein paar Lektionen durchgehen.«
    »Aber ich bin Linkshänder.«
    »Genau deshalb. Ich hatte noch nicht so oft die Gelegenheit mit einem Linkshänder zu trainieren.«
    »Gut, okay.«
    Lektionen waren eine anstrengende Angelegenheit. Im Gegensatz zu einem Gefecht, wo man nach jeder Aktion für wenigstens ein paar Sekunden verschnaufen konnte, gingen Fechtlektionen ganz schön auf die Kondition. Fast kontinuierlich befand man sich in Bewegung und musste die Fechthaltung wahren. Jérôme ging mit ihm ein paar der typischen Angriffe und Paraden durch, die nützlich waren, wenn man gegen einen Linkshänder bestehen wollte.
    »Warte, ich will dir noch was zeigen«, stoppte ihn Jérôme als Alexis gerade seine Maske neben sich auf den Boden legte um beide Hände freizuhaben. Sein Kabel war ihm in den Ärmel geschlüpft und der Stecker scheuerte unangenehm an seinem Ellbogen. Jérôme ging hinter Alexis herum und legte wie beiläufig eine Hand auf seine Hüfte, mit der anderen griff er nach Alexis‘ Handgelenk und hielt es in der richtigen Position.
    »Absitzen!«, kommandierte Jérôme, ganz der Fechttrainer.
    › Oh. Daher weht der Wind!‹, dachte sich Alexis, machte aber das Spiel mit und ging in die Knie, wobei sein Hinterteil an Jérômes Beinen entlangrutschte.
    Er hatte ja gewusst, dass Jérôme schwul war. Der junge Mann lebte offen schwul, hatte sogar eine Regenbogenflagge auf dem Heck seines alten Autos kleben. Alexis beneidete ihn darum. Diese Offenheit und Selbstverständlichkeit war etwas, das ihm versagt blieb. Nicht, weil er damit ein Problem hätte es den Leuten ins Gesicht zu sagen. Aber seiner Familie gegenüber hatte er versprechen müssen nichts zu tun, was die Aufmerksamkeit von Presse oder Medien auf ihn lenken konnte. Seine Eltern waren immer verständnisvoll gewesen und hatten ihn auf jegliche erdenkliche Art und Weise unterstützt. Sie waren sogar mit ihm zu den Paraden des Gay Pride nach London gegangen und natürlich hatte dies für so manche hochgezogene Augenbraue im Bekanntenkreis der Arrowfields geführt. Doch so offen wie Jérôme konnte Alexis sein Schwulsein nicht ausleben. Nichtsdestotrotz war er über Jérômes Anmache überrascht, der hatte bis jetzt noch nie mit Alexis geflirtet.
    »Tief ansetzen«, dozierte Jérôme und beschrieb mit Alexis‘ Hand eine Kreisparade, »und dann schnell nach vorn heraus kommen.«
    Zweideutiger ging es ja nicht mehr! »Du machst mich an und das nicht gerade sehr subtil«, stellte Alexis freiheraus fest und richtete sich wieder auf.
    »Danke ich fühle mich durchaus geschmeichelt, aber ich habe jemanden«, fügte er dann an und kämpfte mit seinem Kabel um es wieder aus dem Ärmel zu ziehen.
    »Oh, ich dachte... Entschuldige. Ist es was Festes?«
    »Ja.«
    »Okay, sorry.«
    »Kein Problem«, gab Alexis zurück. Manch anderer hätte damit keinerlei Probleme gehabt sich auf ein

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