Home at Heart - Liebe auf Umwegen
Grippebeschwerden gesellte sich von einer Sekunde zur nächsten Übelkeit und ein Gefühl von Ohnmacht. Kalter Schweiß hatte sich auf ihrer hellen, jetzt schon bleichen, Stirn gebildet. Sie hielt kurz inne und griff mit ihrer rechten Hand nach der Lehne der Couch, um sich abzustützen. Bestimmt gab es eine Erklärung für den Rock. Vielleicht hatte Rob ihn ihr gekauft und ihn dann auf diese plumpe Art und Weise hier platziert – warum auch immer.
Sie hatte Angst, ins Schlafzimmer zu gehen, und ihr Bewusstsein versucht immer noch, sich gegen das Unterbewusstsein durchzusetzen und ihr einzureden, dass da drin nichts und niemand war. Nur das Schlafzimmer mit dem Bett, aus dem sie heute Morgen gemeinsam aufgestanden waren, das sie, bevor sie ins Büro gefahren war, noch schnell gemacht hatte, und dass es für den Rock vermutlich eine ganz harmlose Erklärung gab. Möglicherweise hatte auch Trudy, ihre Haushälterin ihn hier vergessen. Trudy selbst war zwar eine etwas fülligere Erscheinung, aber Lorelai wusste, dass sie zwei Töchter Anfang zwanzig hatte, denen der Rock gehören konnte. Vielleicht hatte Trudy ihn mitgebracht, um ihn in der Reinigung an der Ecke abzugeben oder ihn ändern zu lassen, oder…Gott weiß was.
Langsam ging sie einen Schritt auf das Schlafzimmer zu, das direkt hinter dem Wohnzimmer lag. Sie lauschte, konnte aber wegen des Verkehrslärms, der von der Straße heraufdrang, nichts hören. Wenn sie ehrlich mit sich war, wollte sie auch gar nicht hören, was da drin vor sich ging. Ihre Hand berührte den goldfarbenen Türknauf, wich dann aber wieder zurück.
„Am besten, du gehst jetzt ins Bad, nimmst ein, zwei Aspirin, packst dich zusammen und fährst in die 93., die Mädls aus dem Büro sind bestimmt noch dort. Du trinkst ein, zwei alkoholfreie Cocktails , oder noch besser Tee, und schreibst Rob dann eine SMS, dass du gegen neun zuhause sein wirst, weil du dich nicht gut fühlst. Du wirst kurz nach neun nach Hause kommen, Rob wird dir Tee gekocht haben, dir deinen Bärenpyjama herausgelegt haben und gerade dabei sein, dir ein heißes Bad mit dem Erkältungsbadeöl einzulassen, dass du von seiner Mutter bekommen hast, als du im letzten Herbst krank warst. Der Rock wird verschwunden sein und irgendwann wirst du gar nicht mehr wissen, ob er tatsächlich da gewesen ist, oder ob er nur ein Gespinst deines erkälteten Hirnes gewesen ist“, dachte sie. Doch kaum eine Sekunde, nachdem sie den Gedanken zu Ende gebracht hatte, griff ihre Hand erneut nach dem Türknauf, drehte ihn und öffnete die Schlafzimmertür.
Die Szene im Schlafzimmer wirkte im ersten Moment wie aus einer dieser Kinokomödien, in der die Protagonistin ihren Traummann mit einer anderen im Bett erwischte. Rob und das dunkelblonde Mädchen mit dem viel zu großen Mund, wie Lorelai fand, erstarrten, als die Schlafzimmertür aufging. Das Mädchen, Lorelai schätzte sie auf Ende zwanzig und verstand irrwitzigerweise in diesem Moment überhaupt nicht, warum Rob sich eine Affäre gesucht hatte, die genauso alt war, wie seine Verlobte, schnappte sich einen Polster und verdeckte damit ihren nackten Oberkörper. Robs kurzes dunkles Haar war durcheinandergewuschelt, so wie es auch war, wenn er morgens aufstand.
„Baby…es ist nicht so wie du denkst“, rief Rob, schnappte sich die Bettdecke, wollte sie sich um die Lenden wickeln und auf Lorelai zugehen.
Lorelai wehrte ab.
„Wie ist es dann“, sagte sie verschnupft, monoton und geistesabwesend. Sie war überrascht, wie ruhig sie reagierte. Sie erinnerte sich an ein Gespräch im Kreise ihrer Freundinnen, welches sich einmal mit der Thematik „In Flagranti erwischen“ beschäftigt hatte, und Lorelai war der Meinung gewesen, dass sie wahrscheinlich Amok laufen würde, wenn sie der Mann, den sie liebte, so hintergehen würde.
„Ich…sie…sie bedeutet mir nichts, Lorelai, das musst du mir glauben!“
Rob sah sie verzweifelt an. Seine Hände kneteten an dem Laken, das er um die Lenden hatte, als wäre es Kuchenteig.
Lorelai wandte sich an das geschockte dunkelblon de Mädchen, das immer noch den stahlblauen Satinpolster gegen ihren Oberkörper drückte und kaum zu atmen wagte.
„Du solltest dich besser anziehen und verschwinden“, sagte sie zu ihr.
„Und du gehst am besten gleich mit. Du hast zwei Stunden um dein Zeug zu packen und aus meiner Wohnung abzuhauen“, wandte sie sich an Rob.
Mit der linken Hand gri ff er seine Boxershorts, die auf dem kleinen Nachtkästchen
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