Home at Heart - Liebe auf Umwegen
Jahre lang hatte es nicht gepasst, sich kurz Zeit für seine Familie zu nehmen. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Großmutter genauso wie ihre Mutter wahnsinnig enttäuscht gewesen war, als Lorelai ihnen eröffnet hatte, dass sie die Farm verlassen würde. Beide hatten insgeheim gehofft, dass sie die Farm, und somit das Vermächtnis ihres Großvaters weiterführen würde, und beide waren durch ihren Weggang wie vor den Kopf gestoßen. Ihnen beiden war das Herz gebrochen. Zwar war Lorelais Aufbruch nach New York ihr niemals zur Last gelegt worden, aber seither gab es einen störenden Punkt zwischen ihr und ihrer Familie. Wahrscheinlich war dies mit ein Grund, warum sie in den vergangenen Jahren nicht nach Red Oak zurückgekehrt war. Insgeheim wusste sie, dass es nicht mehr so war, wie vor acht Jahren und dass sie sich trotz der äußeren Umstände, die die gescheiterte Beziehung mit Rob mit sich brachte, ihrer Vergangenheit stellen musste.
Dann dachte sie an die schönen Dinge, die der Westen ihr die ersten einundzwanzig Jahre Ihres Lebens beschert hatte. Sie dachte an die Ausritte in der Abenddämmerung, die Abende auf der Veranda hinter dem Haus, die gemeinsamen Essen zu Mittag in der großem, gemütlichen Küche, Ihre Familie, ihre Freunde und an die hübsche kleine Stadt Red Oak selbst, in der man ab und zu das Gefühl hatte, die Zeit wäre vor einhundertfünfzig Jahren stehen geblieben. Dort war sie glücklich gewesen. Und mit einem Mal war ihr klar geworden, dass sie zurück nach Hause musste. Zurück nach Red Oak.
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Die Maschine war planmäßig gelandet und gemeinsam mit den anderen Passagieren drängte Lorelai sich durch die schmale, mit rotem, nicht mehr ganz so sauberen Filzteppich ausgelegte Gangway zum Paketförderband. Sie war etwas aufgeregt, was ihre Mutter und ihre Großmutter wohl sagen würden, wenn sie auftauchte. Sie hatte sich nicht angekündigt. Am Abend zuvor hatte sie einfach ein paar Sachen zusammengepackt und den erstbesten Flug gebucht, den sie auf der Homepage von American Airlines gefunden hatte. Sie hatte nur einen Samsonite mit ihren Habseligkeiten aus New York mitgebracht. Die Klamotten, die man in der Stadt trug, würden hier am Land nur für Gerede sorgen, und auf der Farm ihrer Großeltern würden Labels wie Louis Vuitton, Calvin Klein, DKNY, Paco Rabanne und Hugo Boss nicht wirklich die passendste Garderobe darstellen. Außerdem wollte sie so schnell wie möglich raus aus New York. Jede Sekunde, die sie mit packen verbracht hätte, wäre eine überflüssige Sekunde gewesen.
Etwa eine halbe Stunde später saß sie hinter dem Steuer eines schwarzen Audi TT (als sie beim Avis-Stand gewesen war, hatte sie kurz überlegt, ob sie den TT mieten sollte. Red Oak war ein kleines, verschlafenes Nest, in dem jeder jeden kannte und in dem die üblichen Gefährte Pick Ups waren, die entweder von Ford oder Chevrolet gebaut worden waren. Würde sie in einem Sportwagen dort ankommen, würde das Gerede höchstwahrscheinlich als imaginäre Kühlerfigur mitfahren, doch Avis hatte neben dem TT an diesem Nachmittag nur noch einen Ford E-Series und einen Transit Connect, sodass sie sich doch für den TT entschied. Egal, was die anderen davon halten mochten) und fuhr die Interstate Richtung Red Oak entlang. Sie fühlte sich in der Zeit zurückversetzt, und wenn ihr jemand gesagt hätte, es wäre neunzehnhundertsiebenundachtzig statt zweitausendneun, so hätte sie das sofort geglaubt. Diese Straße war sie bestimmt schon eine Million Mal langgefahren. Links und rechts neben der Fahrbahn gab es Wiesen und Felder, soweit das Auge reichte. Allein die kurze Strecke vom Flughafen bis zur Interstate säumten wohl mehr Grünflächen, als sie in ihren acht Jahren in New York gesehen hatte.
Dallas war die nächstgrößere Stadt im Umkreis von Red Oak, das neben einem Tante-Emma-Laden, einem alten Autokino und einem Community-Center, in welchem die Polizei, die Post, ein Arzt und das Gemeindeamt vereint waren, nicht sehr viel zu bieten hatte. Sie erinnerte sich daran, dass sie, als sie ein kleines Mädchen gewesen war, jeden Samstag Vormittag mit ihren Großeltern und ihrer Mutter in die Grapevine Mills Mall gefahren war, wo die Familie einen großen Wocheneinkauf tätigte und Lorelai sich so gut wie immer etwas aus der Spielwarenabteilung aussuchen durfte. Bei dem Gedanken an diese Erinnerung schmunzelte sie.
Bei der Ausfahrt 410 fuhr sie ab und bog dann auf den Industrial Boulevard. Je näher sie Red
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