Home - Wieder zu Hause
Wo ist er? War er auch in den Unfall verwickelt? Ich will ihn sehen. Ich muss ihn sehen. Wo ist Clark?“
Erneut ergriff mich Panik. Ich konnte nicht atmen und mir wurde fast schwarz vor Augen.
Clark würde mich niemals im Krankenhaus allein lassen, außer ... Nein!
Den Gedanken würde ich nicht zu Ende denken. Das Piepsen wurde wieder hektischer. Es piepste jetzt unablässig, fast wie ein einziger, ununterbrochener Ton.
„Was ist hier los? Oh! Er ist aufgewacht. Ich rufe den Arzt.“
Eine stämmige Frau in rosafarbener Dienstkleidung schob sich an meinem Bruder vorbei und griff über meinen Kopf, um an den Apparat neben meinem Bett zu gelangen und an einem Rädchen zu drehen. Schließlich brachte sie das Piepsen erfolgreich zum Schweigen. Halle-scheiß-lujah.
„Mr. Forman? Können Sie mich hören?“
Ich schloss die Augen und zwang mich, ruhiger zu atmen. Dann wandte ich mich der Pflegerin zu.
„Natürlich kann ich Sie hören. Bitte, können Sie mir sagen, wo mein Partner ist? Clark Lehman. Ist er ein Patient hier? Geht es ihm gut? Ich muss ihn sehen. Bitte.“
Sie sah mich verwirrt an und wollte gerade antworten, als ...
„Mr. Forman. Wie schön, dass Sie aufgewacht sind. Ich bin Dr. Garcia.“
Der dunkelhaarige Mann in dunkelgrauen Hosen, blauem Hemd und Laborkittel zog eine kleine Taschenlampe aus der Tasche seines Kittels und leuchtete mir damit in die Augen.
„Können Sie dem Licht folgen, Mr. Forman?“
Das Licht bewegte sich von Seite zu Seite. Für etwa fünf Sekunden tat ich ihm den Gefallen, dann wiederholte ich meine Frage.
„Dr. ….“
„Garcia. Mein Name ist Dr. Garcia.“
„Richtig. Es tut mir leid, aber Sie müssen mir jetzt zuhören. Ich folge ihrem Licht oder was auch immer Sie wollen, aber erst müssen Sie mir sagen, wo mein Partner ist. Ich werde langsam verrückt, Mann. Sein Name ist Clark Lehman. Er sollte hier sein. Ich weiß, dass er hier wäre, wenn er könnte. Ich muss wissen, ob ihm etwas passiert ist.“
Ich könnte spüren, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Es durfte nicht sein. Unmöglich. Ich würde es wissen.
„Ist er ...“, ich schluckte und zwang mich, weiterzusprechen. „Ist er … ist Clark tot?“
Es schmerzte, auch nur die Worte zu sagen. Ein alles verzehrender, ich-kann-nichts-mehr-fühlen-es-gibt-keinen-Grund-mehr-zu-leben Schmerz. Ich schloss die Augen, um den Schmerz zu lindern, dann verlor ich das Bewusstsein.
Clark – Vergangenheit
B ENJAMIN F ORMAN war über einsachtzig groß, mit breiten Schultern, schmalen Hüften und kräftigen Muskeln. Er hatte dicke, rotbraune Haare, die immer perfekt saßen, große, braune Augen, die glänzten wenn er lachte, dazu volle, rote Lippen, eine gerade Nase, ein kräftiges Kinn und – nicht zuletzt – perfekte symmetrische Gesichtszüge, um die ihn jedes Modell beneidet hätte. Er war einer der besten Spieler nicht nur der Basketballmannschaft, sondern auch der Baseballmannschaft und der Footballmannschaft unserer Schule. Er war in der Schülervertretung, hatte unzählige Auszeichnungen erhalten und gab zweimal in der Woche freiwillig Englischkurse für Mitschüler mit fremder Muttersprache. Er wurde zum Homecoming-King gewählt und zum König des Abschlussballs, zum bestaussehenden und zum vielversprechendsten Schüler. Und er war mein bester Freund.
Und dann war da ich, der Neuling an der Schule, der fast seine ganze Zeit mit Mr. Zu-perfekt-um-wahr-zu-sein verbrachte. An dieser Stelle müsste ich eigentlich gestehen, dass ich unsterblich in Ben verliebt war. Jedenfalls könnte man das von mir erwarten. Und in einem echten Märchen würde ich auch davon erzählen, wie er mir nach Monaten oder gar Jahren voller Angst und Zweifel endlich gestand, dass er mich ebenfalls wahnsinnig und aus tiefstem Herzen liebte. Aber das war nicht der Fall. Ben stand auf Mädchen und ich hatte nie mehr als platonische Gefühle für ihn gehabt. Er war einfach nicht mein Typ. Nicht so sein Bruder. Noah Forman hielt mich gefangen, seit ich ihn das erste Mal sah. Von Anfang an bedeutete er mir alles.
Noah zu beschreiben ist, als wolle man den Wind beschreiben, wie er den Regen über das Land fegt. Man kann ihn überall riechen und fühlen, selbst wenn man ihn nicht sieht. Manchmal ist der Wind so spürbar, dass man ihn fast mit geschlossenem Mund schmecken kann. Wenn es ein starker Sturm ist, fühlt er sich wild und chaotisch an, als würde er von allen Seiten gleichzeitig wehen. So ist Noah. Nicht, dass
Weitere Kostenlose Bücher