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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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nacktem Oberkörper und gewaltigen Muskeln auf. „Jeremy Longpath, der Amokläufer von Birmingham. Mir ist sein Aussehen vor einigen Tagen in den Nachrichten aufgefallen, und ich habe mir gestern sein Genom aus der nationalen DNA-Datenbank besorgt. Schau dir seine Muskeln an, sie sind weit überdurchschnittlich ausgebildet. Seine medizinischen Daten, übrigens sehr gut dokumentiert, sind hochinteressant. Mit Einsetzen der Pubertät hat er innerhalb von knapp drei Jahren seine Muskelmasse fast vervierfacht! Ich glaube, dass er bei einem der Wachstumsfaktoren einen interessanten Gendefekt hat. Wenn meine Theorie stimmt und wir das zum Beispiel auf Schweine oder Kühe übertragen, könnten wir deren Muskelmasse und damit den wertvollen Fleischanteil schlagartig um den Faktor zwei bis drei erhöhen.“
    „Ist er deswegen Amok gelaufen?“, riss Tobias ihn aus seinen Träumen.
    Ferguson schaute ihn verwirrt an. Ihn interessierte nur das ungewöhnliche Muskelwachstum – und die Möglichkeit, mit einem neuen Projekt Forschungsgelder zu erhalten. „Ich glaube eher nicht, nein. In seinen Unterlagen stand, dass er ein Problem mit Frauen hatte und im Center auf einer Rolltreppe ausgerastet ist. Also eher irgendein Psychoschaden.
    Wenn du Lust und Zeit hast, Tobias, kannst du dir ja sein komplettes Genom mal näher anschauen und dabei speziell auf die Wachstumsfaktoren achten. Die entsprechenden Sequenzbereiche habe ich schon markiert. Mich interessiert alles, was auf eine Mutation hinweist. Die Daten und das Genom schick ich dir nachher.“

Tobias konnte wieder einmal nicht schlafen. Seit Confidence seinen PID steuerte, spürte er zwar die chronischen Schmerzen nicht mehr, aber natürlich waren die Ursachen dafür nicht verschwunden. Seine Hüftgelenke waren steif, er fand keine Position mehr, in der er entspannt liegen konnte.
    Seit geraumer Zeit nahm er eine Reihe neuer gentechnisch hergestellter Medikamente, die die Verschleiß- und Zerfallprozesse in seinen Gefäßen bremsten, sie aber nicht aufhalten konnten. Hätte er diese Medikamente schon vor dreißig Jahren gehabt, hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit eine normale Lebenserwartung.
    Dass sein Leben wesentlich früher enden würde als das der meisten Männer seiner Generation, hatte er akzeptiert. Er versuchte nun, das Beste aus seiner Situation zu machen. Nach der positiven Erfahrung, die er mit der Interaktion von Confidence und seinem PID-Chip gemacht hatte, hatte er beschlossen, Confidence seinen Körper als Lernobjekt zur Verfügung zu stellen.
    Confidence sollte vor allem einen Weg finden, direkt mit ihm zu kommunizieren, über eine Art Brain-to-Brain-Verbindung. Computer mit elektromagnetischen Impulsen des menschlichen Gehirns steuern, das kannte man schon seit Beginn des Jahrtausends. Confidence sollte jedoch eine Schnittstelle in beide Richtungen entwickeln, um Botschaften vom Computer direkt ins Gehirn und wieder zurück zu übertragen.
    So wollte Tobias sich unsterblich machen und seinem Idol Newton näherkommen. Das sollte sein Erbe für die Menschheit sein: das Feist-Interface , die direkte Verbindung des menschlichen mit einem elektronischen Gehirn. Vielleicht wäre damit auch ein Grab für ihn in der Westminster Abbey drin – ein Traum, den er manchmal träumte.
    Confidence hatte sofort einen Zugang zu seinem Körper gefordert, der über die rudimentären Möglichkeiten des PID-Chips hinausging. In der Datenbank eines Hightech-Labors irgendwo auf der Welt war Confidence auf spezialisierte implementierbare Computerchips gestoßen, die sich dafür eigneten.
    Ein Mitglied der bird brains besorgte die neuesten Modelle dieser Computerchips für Tobias. Die Chips stellten die Verbindungen zu Nerven her, eigentlich wurden sie für die Steuerung von Handprothesen entwickelt sowie um durchtrennte Nervenbahnen zu überbrücken.
    Inzwischen hatte Tobias zusätzlich zu seinem PID vierundzwanzig dieser zehn Millimeter langen und zwei Millimeter breiten zylindrischen Nerven-Chips in seinem Körper. Die Implantation war einfach gewesen, James hatte die Chips mittels einer Spezialspritze unter die Haut eingebracht. Jeweils zwei links und zwei rechts der zwölf Brustwirbel. Seit rund einem Jahr standen die Chips laufend mit Confidence in Verbindung und tauschten Daten in beide Richtungen aus. Einen direkt verwertbaren Fortschritt gab es bisher nicht, Confidence lernte noch.
    Kurz nach 2 Uhr gab Tobias es schließlich auf, er würde in dieser Nacht nicht mehr

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