Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx
gründlicher mit der alten. Dann wusch sie sich – so spärlich wie möglich, gerade genug, um den gröbsten Schmutz zu entfernen.
Helen wusste nicht, wie lange es dauern würde, ehe sie in der Dunkelheit jenseits des Loches Wasser fände – wenn es dort überhaupt irgendwo Wasser gab. Daher wollte sie das übrige Wasser trinken, sobald sie hörte, dass sich ihre Entführer der Zelle näherten. Auf diese Weise könnte sie sich die frische Wasserflasche aufsparen, die ihr die Entführer brachten. Vielleicht würde sie tagelang mit diesem Wasser auskommen müssen.
Oder vielleicht für immer. Helen war sich völlig im Klaren, dass sie in der Finsternis durchaus den Tod finden könnte. Selbst wenn sie ihren Entführern entkam – ja, selbst wenn sie Wasser und Nahrung fände –, wusste sie nicht, welche anderen Gefahren dort draußen auf sie lauerten.
Sie streckte sich auf dem Strohlager aus und begann mit Meister Tyes Entspannungsübungen. Sie brauchte auch so viel Ruhe wie möglich, ehe sie sich hinauswagte.
Einatmen, ausatmen. Wie immer brachten die Übungen sie zur Ruhe. Nach einer Weile dachte sie nicht mehr an die Übungen. Meister Tye verblasste in ihrem Geist, ebenso wie ihr Vater.
Nur noch ihre Mutter blieb übrig. Helen war nach ihr benannt worden. Helens Vater, geboren und erzogen in den Highlands, hatte auf diesem alten gryphonischen Brauch bestanden, obgleich Helens Mutter – eine weltgewandte Frau aus der manticoranischen Hauptstadt Landing – das für grotesk gehalten hatte.
Helen war froh über den Brauch. Jetzt mehr denn je. Sie trieb in den Schlaf wie ein Schiffbrüchiger und hielt sich mit dem Gedanke an die Parliamentary Medal of Valour über Wasser.
Cathy
Gleich nachdem Isaac die Tür hinter Captain Zilwicki geschlossen hatte, trat ein breites Grinsen in sein Gesicht. »Ich kann wohl recht schnell mit dem Individuum in Kontakt treten, glaube ich«, ahmte er die Gräfin nach. »Wenn das mal keine Untertreibung war.« Cathy schnaubte und stolzierte wieder ins Wohnzimmer. Dort angekommen, stemmte sie die Hände in die Hüften und funkelte das Bücherregal an der Wand am Ende des Raums an. Es war in großartiges Stück, antiquiert sowohl in Gebrauch als auch Zweck. Cathy gehörte zu den störrischen Personen, denen allein es zu verdanken war, dass die Buchindustrie ( echte Bücher, verdammt!) noch immer existierte. Sie bestand auf echten Bücher in jeder ihrer Wohnungen – davon wollte sie möglichst viele besitzen, auffällig in einem ordentlichen Bücherregal platziert.
Zum Teil lag das daran, dass Lady Catherine Montaigne, Gräfin of the Tor, auf ihre eigene Art ebenfalls eine Traditionalistin war. Größtenteils aber bestand sie auf echten Büchern, weil sie sie ausgesprochen nützlich fand.
»Du kannst jetzt rauskommen«, knurrte sie.
Augenblicklich schwang das Regal auf. Zwischen dem großen Möbelstück und der kleinen Nische in der Wand war gerade genug Platz für eine Person.
Nicht viel Platz, natürlich. Aber der Ruf von Jeremy X war weit größer als der Mann selbst. Der schlimme Terrorist und/oder mutige Freiheitskämpfer (man suche es sich aus) war sogar noch kleiner als Captain Zilwicki und hatte nicht ansatzweise so breite Schultern.
Ebenfalls ein fröhliches Grinsen im Gesicht, hüpfte Jeremy regelrecht in den Raum. Er vollzog sogar einen kleinen Purzelbaum, als er aus der Nische kam. Dann wandte er sich um, stemmte wie die Gräfin die Hände in die Hüften und rief bewundernd: »Tradition!«
Er drehte sich um, rieb sich theatralisch die Hände und sagte: »Ich bin noch niemals zuvor einem gryphonischen Highlander begegnet. Was für ein prächtiges Volk!«
Er bedachte Cathy mit einem verstohlenen Blick, der ebenso theatralisch wirkte wie sein Händereiben. »Du hast mir etwas verheimlicht, Mädchen. Das weiß ich – streite es nicht ab!«
Cathy schüttelte wehmütig den Kopf. »Genau das hat dem Universum noch gefehlt. Ein geifernder, fanatischer Terrorist trifft auf einen Gryphoner, der bis zum blutigen Ende Fehden führt. Liebe auf den ersten Blick.«
Noch immer grinsend, sprang Jeremy in einen der Plüschlehnsessel, die im großen Raum verstreut standen. »Nun komm mir nicht so, Mädchen. Ich hab euch beobachtet durch dein wunderbar traditionelles Guckloch. Du bist recht angetan vom Captain. Leugne es nicht … so was sehe ich gleich, weißt du. Ich glaube das muss an einem dieser Experimente liegen, die die bezaubernden Jungs von Mesa mit meinen
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