Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
für sich einzunehmen, und er hatte seines Bestes getan, um die Folgen der Reformen für die Bürger, für die er verantwortlich war, so erträglich wie möglich zu halten. Infolgedessen besaß er nach dem Untergang des Komitees für Öffentliche Sicherheit eine ziemlich starke öffentliche Unterstützung auf dem am dichtesten besiedelten Planeten der Republik.
Diese Unterstützung hatte er sich raffiniert zunutze gemacht. Sein Bruder Jason war ein Senator; sein Cousin Gerard Younger ein Abgeordneter; Arnold Giancola selbst hatte während der Reorganisation der Hauptstadt nach dem Sturz Saint-Justs durch Theisman eine wichtige Rolle gespielt. Offensichtlich hatte er zu dieser Zeit schon Ambitionen, doch trotz seiner Schwächen besaß er Weitsicht und hatte erkannt, dass Theisman ihn wie eine Wanze zerquetscht haben würde, wenn er nach der Macht gegriffen hätte. Stattdessen hatte er sich damit begnügt, eine politische Gefolgschaft in Nouveau Paris aufzubauen – der nach wie vor wichtigsten Stadt der Republik, wenngleich die Tage, in denen dort der Pöbel im Machtrausch geherrscht hatte, endgültig der Vergangenheit angehörten. Seine Anhänger hatten Giancola nicht nur einen Platz in der Verfassungsgebenden Versammlung verschafft, sondern ihm ferner gestattet, die Wahl einer überraschend großen Anzahl von Abgeordneten und nicht weniger als acht Senatoren (darunter er selbst) zu beeinflussen. Das bedeutete im Kongress eine Machtbasis, die nicht zu unterschätzen war.
In den ersten Wahlen unter der wiederhergestellten Verfassung war er dadurch Pritcharts ernstzunehmendster Konkurrent um die Präsidentschaft gewesen. Wäre es zu einem Wettlauf zwischen Pritchart und Giancola gekommen, so wäre seine Kandidatur nicht nur eine merkliche, sondern eine ernste Herausforderung gewesen, und das war ihr klar. Zum Glück hatte sie zwei gewaltige Vorteile genossen, die er einfach nicht überwinden konnte: ihren Status als Oberhaupt der provisorischen Regierung, die ihr Versprechen tatsächlich gehalten und allgemeine Wahlen zum angekündigten Zeitpunkt hatte abhalten lassen, und die Unterstützung Thomas Theismans. Sieben Kandidaten waren zur Wahl angetreten, und Pritchart hatte dreiundsiebzig Prozent der Stimmen erhalten. Arnold Giancola hatte sich mit neunzehn Prozent begnügen müssen, die anderen fünf Kandidaten teilten sich die restlichen acht Prozent.
Obwohl der Wahlausgang nicht im Entferntesten knapp gewesen war, konnte sich Giancola deutlich als zweitwichtigste Figur auf dem jungen politischen Parkett der wieder errichteten Republik etablieren. Darum hatte Pritchart ihm die Position in ihrem Kabinett angetragen, die normalerweise den zweiten Mann im Staate aus ihm gemacht hätte. Tatsächlich jedoch war Thomas Theisman die Nummer eins im Kabinett, weil er die Ämter des Kriegsministers und des Chefs des Admiralstabs in sich vereinte, doch Giancola kam eindeutig nach ihm. Und gemäß der Verfassung war es der Außenminister, der in dem Fall, dass der Präsidentin etwas zustoßen sollte, drei Monate lang als geschäftsführender Regierungschef fungierte und die außerordentlichen Wahlen leitete.
Zu behaupten, dass sie nicht ganz glücklich damit war, ihn in dieser Position zu haben, wäre eine dicke Untertreibung gewesen, aber Pritchart hatte einfach keine Alternative gesehen. Giancolas Verbündete im Kongress hätten selbst dann ein bedeutsames Amt für ihn gefordert, wenn er nicht zu den Präsidentenwahlen erschienen wäre, und Pritchart hatte gehofft, ihn in die neue Regierung einzubinden, indem sie ihm eine Stimme darin verlieh. So ehrgeizig Giancola war, er sah sich als echten Staatsmann, und Pritchart war sich sehr wohl bewusst, dass er aufrichtig an seine Vision der republikanischen Zukunft glaubte. Sein aufrichtiger Patriotismus hatte ihm beim Aufbau seiner politischen Allianzen nicht gerade geschadet – und seinen persönlichen Ehrgeiz gesteigert, indem er ihm das Gefühl gab, eine Mission zu verfolgen. Gerade das aber machte ihn so gefährlich, und Pritchart hatte gehofft, sein Patriotismus könnte seinen Ehrgeiz zügeln und ihn dazu bewegen, sie im Interesse der Solidarität während der kritischen, frühen Jahre der wiederhergestellten Republik zu unterstützen.
Zufälligerweise verlangte die Verfassung von Giancola, dass er sein Senatorenamt niederlegte, sobald er dem Kabinett beitrat. Pritchart hatte darauf gezählt, dass er im Kabinett, wo sie ihn im Auge behalten und von ihm Loyalität verlangen
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