Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
gekommen.
»Mr Vice President! Mr Vice President!«
Rajkovic wandte sich um und blinzelte mit vom Rauch geröteten Augen, als Darinka Djerdja, seine Assistentin, sich einen Weg durch den Qualm zu ihm bahnte.
»Ja, Darinka?« Zu ruhig, dachte er. Ich klinge zu ruhig. Es muss der Schock sein.
»Mr Vice President, das war nicht ... ich meine ...« Darinka holte tief Luft und hustete explosionsartig, als ihr der Rauch in die Lunge drang. Rajkovic reichte ihr sein Taschentuch. Sie hielt es sich vor Mund und Nase und hustete hinein, bis sie endlich wieder zu Atem kam.
»Also, Darinka. Versuchen Sie es noch einmal.«
»Mr Vice President .« - die Tränen schnitten ihr erstaunlich weiße Spuren in Ruß und Schmutz auf ihrem hübschen Gesicht - ». das waren nicht die einzigen Bomben.«
»Was?« Er starrte sie an. Er konnte nicht richtig gehört haben.
»Auf der ganzen Promenade, Mr Vice President«, sagte sie, packte ihn in ihrer Not bei den Oberarmen und schüttelte ihn. »Die Börse. Die Erste Planetare Bank. Die U-Bahnstation am Sekarkic-Platz. Überall! Wir haben Hunderte von Toten und Verletzten, Sir - Hunderte!«
»Schon gut, Darinka«, sagte er, obwohl eine Stimme in ihm höhnisch sagte, dass nichts je wieder gut sein würde. »Schon gut, ich verstehe. Wir rufen besser den Zivilschutzfall aus. Haben Sie Ihr Dienstcom noch?«
»Jawohl, Sir«, sagte sie in einem beinahe erbärmlich wirkenden Eifer; sie klammerte sich an alles Nützliche, das sie tun konnte.
»Also gut. Hören Sie, die regulären zivilen Kanäle sind gestört, und ich habe mein Com irgendwo auf dem Weg von der Kammer hierher verloren. Also, nehmen Sie Ihres und rufen Sie General Suka. Sagen Sie ihm, dass er auf meinen Befehl hin den Ausnahmezustand erklären soll. Tun Sie es sofort; ich gebe ihm die offizielle, unterschriebene Anweisung, sobald es geht. Dann rufen Sie Colonel Basaricek in der Polizeizentrale. Geben Sie ihr die gleiche Nachricht. Sagen Sie beiden, dass ich zum Amt für Zivilschutz gehe und dass wir den Comraum dort als Hauptquartier benutzen werden. Sagen Sie dem General, er soll so schnell wie möglich Hilfspersonal aus anderen Städten heranschaffen. Wir werden sie brauchen.«
»Mr Vice President, Sie sollten sich das ansehen.«
Rajkovic wandte sich von der mit erschöpften rauen Stimmen geführten Krisensitzung ab. Sechs Stunden waren seit der schrecklichen Anschlagserie vergangen, und die Nachrichten wurden einfach immer schlimmer. Laut Brigita Basaricek, der Leiterin der kornatischen Nationalpolizei, überstieg die Anzahl der Todesopfer bereits die Fünfhundert. Doppelt so viele Menschen waren verletzt. Die Vermisstenzahl ging in die Tausende, doch von ihnen waren etliche - die meisten, Gott, ich bitte dich! vermutlich nur im Chaos verloren gegangen und lagen nicht unter den Trümmern begraben.
Wahrscheinlich.
»Was denn?«, fuhr er den Helfer an, dessen Namen er sich nicht merken konnte. Er bedauerte seinen rüden Ton in dem Augenblick, in dem die Worte seinen Mund verlassen hatten, doch der junge Mann schien es gar nicht bemerkt zu haben.
»Im HD, Sir. Da läuft eine Nachricht von einer, die die Verantwortung übernimmt.«
Rajkovic fand sich im Comraum wieder, ohne sich bewusst erinnern zu können, wie er dorthin gekommen war. Der Raum war überfüllt. Uniformiertes und ziviles Personal stand reglos da und blickte in völligem, entsetztem Schweigen auf das HD. Sie bemerkten nicht einmal, dass er dort war, bis er sich, ganz der aggressive Fußballstürmer, der er einmal gewesen war, einen Weg durch die Menge bahnte.
Als die Leute endlich merkten, wer er war, machten sie ihm Platz, und er gelangte in die vorderste Reihe und starrte mit den anderen zum Display hoch. Starrte in ein Gesicht, das er gut kannte, das Gesicht einer Frau, die ihm einmal eine enge politische Verbündete gewesen war - und eine noch engere Freundin.
»... im Namen der Freiheitsallianz Kornati die Verantwortung. Wir bedauern, dass man uns zu dieser drastischen Maßnahme trieb, aber wir werden uns nicht vom gewählten Weg abbringen lassen. Wir werden dem Regime der Kollaborateure unter Präsidentin Tonkovic und ihren Kriechern nicht gestatten, die Souveränität unserer Heimatwelt wegzugeben. Diese unanständig reichen Verräter, deren Korruption und Gier so viel Armut und so viel Leid unter den Kornatiern verursacht haben, sollen keinen weiteren Profit aus ihren Verbrechen ziehen. Ihrem Plan, unseren Planeten an den Höchstbietenden zu
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